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# taz.de -- Polizei Berlin: Der bessere Polizist
> Kriminalhauptkommissar Oliver von Dobrowolski hat seinen Vorsitz bei
> PolizeiGrün niedergelegt und die neue Organisation „BetterPolice“
> gegründet.
Bild: Oliver von Dobrowolski will weiter kämpfen für eine bessere Polizei
Berlin taz | Er ist die kritische Stimme innerhalb der Polizei, weit über
Berlin hinaus. Etwa wenn es um Rassismus und Racial Profiling geht. Während
andere dazu neigen, die Verhältnisse zu verharmlosen, nimmt Oliver von
Dobrowolski kein Blatt vor den Mund. Über 50.000 Follower hat der
Kriminalhauptkommissar, der sich in seinem Twitterprofil als Antifaschist
bezeichnet. Ob er mit den Linksextremisten sympathisiere, wird er von
Kollegen deshalb manchmal gefragt. Andere unterstellen ihm, ein
narzisstischer Blender zu sein.
Aber es gibt auch deutlich Schlimmeres. Ein Polizist, der sich so aus der
Deckung wagt, hat viele Feinde, nicht nur in den eigenen Reihen. Als
Privatperson legt von Dobrowolski seinen Finger genauso in die Wunde wie
als Vorsitzender von PolizeiGrün. Der 45-Jährige ist das Gesicht der 2013
in Berlin und Baden-Württemberg im Umfeld der Grünen gegründeten
unabhängigen Organisation. Die Mitglieder sind zu 90 Prozent Polizistinnen
und Polizisten.
Bei der Vorstandswahl am vergangenen Freitag hat von Dobrowolski nun
überraschend erklärt, dass er nicht noch einmal antritt. Mehr noch, dass er
sich komplett von der Berufsvereinigung PolizeiGrün zurückzieht. Wer den
Abgang indes für einen Ausdruck von Müdigkeit und Resignation hält, irrt
sich. Er habe sich zur Gründung einer neuen Initiative namens
[1][BetterPolice] entschlossen, kündigte von Dobrowolski an. Engagieren
könnten sich in dieser Initiative nicht nur „Polizeimenschen“, sondern
alle, die sich eine bessere Polizeiarbeit und eine menschlichere Exekutive
wünschten.
In einer persönlichen Erklärung, die er anlässlich des Rückzugs von
PolizeiGrün im Netz veröffentlicht hat, schreibt von Dobrowolski, er
verlasse die Vereinigung ohne Groll. Viele innerhalb der Polizei, die er
erreichen möchte, verbänden PolizeiGrün aber mit der Partei der Grünen. Das
sei eine Blockade für die Arbeit. Mit einer unabhängigen Gruppierung, die
in der Breite aufgestellt sei, ließe sich gesellschaftlich mehr erreichen,
hofft er.
## Hoher Preis
Dann berichtet er von seinen persönlichen Erfahrungen mit dem
Polizeiapparat, „welchen Preis ich für das Engagement der letzten Jahre
bezahlt habe“. Es gebe Schmähungen, Beleidigungen, Verleumdungen,
Bedrohungen, Gewaltankündigungen und Anschwärzungen bei seinem Dienstherrn.
Viele Hasskommentare richteten sich gegen sein Leben. Die Urheber dieser
„Fanpost“ kämen nicht nur aus der rechten Ecke „der üblichen
Menschenverachter:innen“, sondern häufig seien es auch
Polizeikolleg:innen.
Er wolle hier nicht den schwer traumatisierten Träumer abgeben, dem alle
Illusionen geraubt worden seien, schreibt von Dobrowolski weiter. Aber die
Vehemenz und „beinahe brutale Verachtung, die mir oft entgegenschlug, hat
mich sehr verstört und irritiert“. Seinen Arbeitgeber habe das wenig
tangiert. Vor einigen Jahren sei er einmal zum Gespräch gebeten worden,
„kurz nachdem ich die ersten Todeswünsche im Internet erhalten hatte“.
Statt ihm Beistand zu leisten, sei er als „Meinungsmacher und
Unruhestifter, den man im Auge behalten werde“, bezeichnet worden, und „dem
man beim allerersten Fehlverhalten die Beine wegschlagen wird“.
## Ärger und Ausgrenzung
Spätestens seit diesem Tag sei ihm klar gewesen, „was ich von meinem
Arbeitgeber noch zu erwarten hatte: nichts“. Details zu diesem Gespräch, so
von Dobrowolski weiter, werde er nicht veröffentlichen, denn das würde ihm
nur noch mehr Ärger und Ausgrenzung einbringen.
Er beschreibe diese Anekdote deshalb so ausführlich, weil sie „mein
Dilemma, meine größte Seelennot verständlich macht: Man hilft mir nicht.“
In den ganzen 23 Jahren seiner Polizeitätigkeit habe er sich keines
Disziplinarverstoßes schuldig gemacht, nie seien Beschwerdevorgänge zu
seinem Nachteil abgeschlossen worden. Dafür fänden sich viele Belobigungen
und Auszeichnungen in seiner Personalakte.
Die schlimmsten Hassvorfälle habe er stets zur Anzeige gebracht. Die
ermittelnden Staatsanwaltschaften hätten auch jeweils strafbares Verhalten
erkannt, aber die Verfahren seien immer mit der Begründung eingestellt
worden, die Täter seien nicht ermittelbar.
Das alles geschehe, weil er sich außerdienstlich und ehrenamtlich für die
Verbesserung der Institution Polizei und die Vertrauensrückgewinnung vieler
desillusionierter Menschen einsetze, so von Dobrowolski. Mit seinem Bericht
wolle er klarmachen, was sich innerlich über die Jahre in ihm aufgebaut
habe. Und auch was sein Privatleben schwer beschädigt habe. „Ja, es ist
Frust. Auch Kränkung. Aber es ist auch viel Kraft und Energie, die ich aus
den negativen Emotionen gewinne und versuche, in etwas Positives zu
verwandeln.“
Der Chef der Polizeipressestelle, [2][Thilo Cablitz], wies gegenüber der
taz den Vorwurf zurück, von der Behörde gebe es generell keinen Rückhalt.
„Vielmehr habe auch ich persönlich als Pressesprecher erst kürzlich dem
Kollegen den Rücken deutlich gestärkt.“ In einem Interview, in dem es auch
um von Dobrowlski gegangen sei, habe er, Cablitz, klargestellt, dass
Polizeikräfte, die ihren fest in der Verfassung verankerten Standpunkt
lebten „gerade in diesen Tagen“ wichtige Repräsentantinnen und
Repräsentanten der Polizei Berlin und der Polizei im Allgemeinen seien.
Damit konfrontiert, erklärte von Dobrowolski: „Herrn Cablitz nehme ich von
der Kritik explizit aus.“
Von Dobrowolski Erfahrungen seien kein Einzelfall, sagt der
Polizeiwissenschaftler [3][Thomas Feltes] zur taz. „Polizisten, die
emanzipatorisch gegen den Mainstream agieren, werden gnadenlos
sanktioniert.“
12 Apr 2021
## LINKS
[1] http://better-police.de/
[2] /Berlins-Polizeisprecher-ueber-Rassimus/!5693683
[3] /Ein-Streitgespraech-ueber-Rechtsextremismus/!5716986
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Polizei Berlin
Hasskriminalität
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Schwerpunkt Stadtland
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
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Black Lives Matter
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