# taz.de -- Billigfleischbremse in Bremer Kliniken: Weniger Fleisch auf dem Tel… | |
> Die kommunalen Krankenhäuser in Bremen kochen viel öfter vegetarisch als | |
> 2018. Bei Schulen und Kitas bleibt dagegen unklar, was auf den Teller | |
> kommt. | |
Bild: Bremens Gemeinschaftskost sollen weniger fleischlastig werden | |
BREMEN taz | Die vier kommunalen Krankenhäuser in Bremen haben den | |
[1][Fleischanteil in ihrem Essen] in den vergangenen drei Jahren um fast | |
zwei Drittel reduziert. Und alle Milchprodukte dort kommen schon seit 2018 | |
von einer [2][Bio-Hofmolkerei] aus dem Umland. Das geht aus einer | |
30-seitigen Zwischenbilanz der rot-grün-roten Landesregierung zum | |
„Aktionsplan 2025“ hervor. Mit ihm will Bremen seine | |
Gemeinschaftsverpflegung schrittweise auf bis zu 100 Prozent Bio-Produkte | |
umstellen. | |
Die Mensen der Kitas und Schulen indes tun sich auch vier Jahre nach dem | |
entsprechenden Senatsbeschluss noch schwer damit. Dabei will Bremen mit | |
seiner Billigfleischbremse bundesweit Vorreiter sein – dieser Status sei | |
nun „in Gefahr“, warnt der Senat. | |
„Klassiker“ wie das Hühnerfrikassee oder Grünkohl mit Kassler gebe es auch | |
weiterhin, sagt Irina Rackow, als Abteilungsleiterin für die | |
Speisenversorgung in Bremens kommunalen Kliniken zuständig – „das ist schon | |
wichtig“. Aber statt Wurstaufschnitt gebe es nun morgens und abends vegane | |
Aufstriche, statt 120 nur noch 80 Gramm Fleisch pro Mahlzeit, dafür aber | |
mehr Gemüse und Sättigungsbeilagen. Und zumindest beim Hühnerfrikassee und | |
der Rinderbolognese habe das Fleisch nun auch Bio-Qualität, sagt Rackow. | |
Insgesamt sank der Fleischanteil in den vier Krankenhäusern der Gesundheit | |
Nord (GeNo) seit 2018 um 60 Prozent. | |
Zudem sind sie nun auch von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) | |
zertifiziert, was bedeutet, dass regulär maximal dreimal die Woche Fleisch | |
auf dem Speiseplan steht, dazu einmal Fisch und ansonsten vegetarische | |
Kost. Bundesweit gibt es laut DGE noch 84 weitere Kliniken, die auch schon | |
nach diesem Standard kochen. | |
## „Keine negativen Rückmeldungen“ | |
„Wir müssen an unserem Klientel dran bleiben“, sagt Rackow, und da gebe es | |
eben einen Trend weg vom Fleisch: „Wer vegetarisch oder vegan isst, soll | |
sich hier nicht als Sonderling fühlen“. Die neuen Menüs würden von den | |
Patient*innen auch gut angenommen – „wir hatten keine negativen | |
Rückmeldungen“, so Rackow. | |
Der [3][Aktionsplan] sieht zudem vor, dass der Bio-Anteil bei tierischen | |
wie pflanzlichen Lebensmitteln in den GeNo-Kliniken in diesem und im | |
kommenden Jahr bei 15 Prozent liegen muss, ab 2024 bei 20 Prozent. Das | |
klingt nach einem überschaubaren Anteil – sei aber „eine Herausforderung�… | |
so Rackow, und „nicht einfach“ umzusetzen. [4][2021 lag die Quote noch bei | |
zehn Prozent.] | |
„Unstrittig“ sei, so die GeNo, dass die Umstellung das Essen teurer mache. | |
Diese Mehrkosten allein für das laufende Jahr beziffert der Senat auf | |
121.000 Euro, das Geld dafür muss die klamme GeNo allerdings selbst | |
erwirtschaften. Denn die Landesregierung hat einst beschlossen, dass ihr | |
Aktionsplan [5][“aufwendungsneutral“] umzusetzen ist, „um die Akzeptanz d… | |
Umstellung zu gewährleisten“, wie es in der Zwischenbilanz heißt. Fleisch | |
in Bio-Qualität koste aber fast das Doppelte, sagt Rackow. Deswegen hat man | |
sich im Senat nun auf eine Lesart geeinigt, wonach „kein zusätzlicher | |
Aufwand für die Verbraucher*innen“ entstehen soll. | |
Ein zehnmonatiges Modellprojekt in drei Kinder- und Familienzentren ergab | |
schon 2017/18, dass die Mahlzeiten, die nur mit Bio-Produkten aus der | |
Region gekocht wurden, etwa 15 Prozent teurer waren. | |
## „Keine belastbaren Zahlen“ | |
Das bundesweite Interesse an der Billigfleischbremse sei „enorm“, sagt der | |
Senat, und selbst der Grünen-Politiker [6][Jan Saffe], einer ihrer | |
[7][Vorkämpfer], findet „beeindruckend“, was die GeNo leistet. „Ratlos“ | |
hingegen macht ihn, dass die Umstellung der kommunalen Kita- und | |
Schulküchen noch weit hinterher hinkt. Für die Kitas gibt es laut Senat | |
bislang „keine belastbaren Zahlen“ zu der Frage, wo wie viel Biokost | |
verkocht wird, zudem sei es in der Pandemie „praktisch unmöglich“ gewesen, | |
die Küchenmitarbeitenden weiterzubilden, auch die Infrastruktur der Küchen | |
wird als unzureichend beschrieben. | |
Ähnlich sieht es bei den Schulen aus: Auf Nachfrage könnten „keine genauen | |
Quoten zum Einsatz von Bio-Lebensmitteln benannt werden“, so der Senat, | |
regelmäßige Gespräche mit den Schulcaterern gibt es auch keine, und nur in | |
16 Prozent der Verträge sind schon Bio-Quoten fürs Schulessen verankert. | |
Auch über Mehrkosten an den Schulen weiß der Senat nichts. | |
In ihrer Zwischenbilanz fordert die Landesregierung von sich nun | |
„konsequenten Handlungsdruck“ ein, um auch wirklich nationaler Vorreiter | |
bei Bio-Essen zu werden. | |
26 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Weiter-Streit-um-Billigfleischbremse/!5720726 | |
[2] https://hofmolkerei-dehlwes.de/ | |
[3] https://www.biostadt.bremen.de/biostadt/aktionsplan-2025-9286 | |
[4] https://sd.bremische-buergerschaft.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZbACCLyW… | |
[5] https://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2021-12-22_Drs-20-649%20S_cc… | |
[6] /Archiv-Suche/!5479870&s=jan+saffe&SuchRahmen=Print/ | |
[7] /Streit-um-Billigfleischbremse/!5713206 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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