| # taz.de -- Kompromiss bei der Billigfleischbremse: Der Hunger treibt’s rein | |
| > Bremen verteidigt den Auftrag für den Großkonzern Chefs Culinar bei der | |
| > Umstellung auf regionale Biokost, fordert aber ökologischere | |
| > Vergabekriterien. | |
| Bild: Hauptsache, es ist bald bio und kostet trotzdem nicht mehr als früher | |
| Bremen taz | Im Streit um die Umsetzung der Billigfleischbremse in Bremen | |
| haben sich das [1][Agrarpolitische Bündnis (ABB)] und das von den Grünen | |
| geführte Umweltressort auf einen Kompromiss geeinigt. Doch nicht alle | |
| Akteur*innen sind damit zufrieden. | |
| Im konkreten Fall geht es um die [2][„Training Kitchen“], für die 1,7 | |
| Millionen Euro ausgegeben werden sollen. Sie soll Köch*innen in | |
| Gemeinschaftsküchen beibringen, wie sie kostengünstig mit regionalen, | |
| saisonalen und gering verarbeiteten Bio-Lebensmitteln kochen, ohne dass am | |
| Ende viel weggeworfen wird. Das Konzept dafür – es kostet Bremen 100.000 | |
| Euro – darf eine Consulting-Tochterfirma von „Chefs Culinar“ schreiben: | |
| Das ist ein internationales Unternehmen aus Kiel, das mit so umstrittenen | |
| Großkonzernen wie Tönnies, Nestlé und Unilever kooperiert. | |
| In der Bio-Branche hat das für heftige Kritik gesorgt: [3][Jan Saffe], | |
| Grünen-Sprecher für Ernährung und Landwirtschaft in der Fraktion, | |
| kommentierte die Vergabeentscheidung mit den Worten: „Das ist ein Schlag in | |
| die Fresse.“ Und Marie Pigors vom [4][Naturkost Kontor Bremen] schloss eine | |
| Zusammenarbeit mit Chefs Culinar kategorisch aus. | |
| Am vergangenen Donnerstag fand nun ein Krisengespräch statt – das Ergebnis | |
| ist eine Stellungnahme, die ABB-Sprecher Peter Bargfrede und | |
| Umwelt-Staatsrat Ronny Meyer (Grüne) unterschrieben haben. Man sei sich | |
| einig, dass „die Vergaberichtlinien und Ausschreibungen geändert werden | |
| müssen, damit regionale Wertschöpfungsketten und die bio-regionale | |
| Landwirtschaft gefördert werden“, heißt es darin. Ob die Vergabe an Chefs | |
| Culinar ein Fehler war? Nein, so das Ressort. „Wir bedauern selber oft, | |
| dass ökologische Kriterien bei der Ausschreibung nicht das angemessene | |
| Gewicht haben dürfen“, so Meyer. Bei der Reform des Vergaberechts seien | |
| Bund und EU gefragt. | |
| Bei dem Vergabeverfahren waren laut Ressort 13 Unternehmen oder | |
| Organisationen angeschrieben worden, darunter zwei aus Bremen. Die | |
| KritikerInnen gehen davon aus, dass eine Vergabe auch so rechtskonform | |
| hätte erfolgen können, dass Chefs Culinar leer ausgegangen wäre. Das | |
| Ressort seht das anders. Die Training Kitchen ist Teil des | |
| „[5][Aktionsplans 2025]“, mit dem die Gemeinschaftsverpflegung in Bremen | |
| [6][„schrittweise auf bis zu 100 Prozent Bioprodukte“] umgestellt werden | |
| soll. | |
| ## „Mehr als unglücklich“ | |
| Nicht angefragt wurde unter anderem der niedersächsische Bio-Großhändler | |
| Kornkraft, der auch Gemeinschaftsverpflegung und ein umfangreiches | |
| Seminarprogramm anbietet. Dort ist man „mehr als unglücklich“, dass Chefs | |
| Culinar sich nun in Bremen als Bio-Botschafter darstellen könne. Die | |
| Vergabeentscheidung könne man „nicht ganz nachvollziehen“. | |
| Neu ist, dass nun ein Projektbeirat gegründet wird, der mindestens zweimal | |
| jährlich tagt. „Das ist lange überfällig“, sagt Bargfrede, da sei in den | |
| letzten Jahren zu wenig passiert. Das ABB fordert aber eine | |
| ressortübergreifende Arbeitsgruppe – die sei aber bisher an der | |
| Bildungsbehörde gescheitert. „Der Beirat ist genau das, was wir immer | |
| gefordert haben“, sagt Pigors, die gleichwohl dagegen ist, dass Chefs | |
| Culinar da mit am Tisch sitzt: „Ich sage denen nicht, wie ich meine, dass | |
| das funktioniert“ – das nötige Wissen sei auch in Bremen vorhanden. | |
| Sie fürchtet, dass mit der Entscheidung für Chefs Culinar auch eine gegen | |
| die frische Zubereitung des Essens einhergeht. Nach dem Motto: Es gibt dann | |
| weiter fertigen Kartoffelbrei, nur ist der eben bio. „Die Vergabe des | |
| Konzepts hätte anbieterunabhängig an eine Einrichtung vergeben werden | |
| müssen, die keine wirtschaftlichen Interessen als potenzieller Lieferant | |
| hat“, kritisiert das ABB. Solche Einrichtungen hätten aber keinen Zuschlag | |
| bekommen. Das Einzige, was Chefs Culinar qualifiziere, sei der Vorrang von | |
| Kostenneutralität in ihrem Konzept, so das Bündnis. | |
| Die Stellungnahme endet damit, dass mit der Vergabe des Konzepts noch | |
| „keine Festlegung auf Ergebnisse weiterer Ausschreibungen“ getroffen worden | |
| sei. „Wir haben Verständnis für die Befürchtungen der Bremer Biobranche und | |
| haben daher entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten angeboten“, sagt Meyer. | |
| Es müsse „unbedingt verhindert werden“, dass bei der Umsetzung des Konzepts | |
| Chefs Culinar zum Zuge komme, sagt Bargfrede. | |
| 6 Oct 2020 | |
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| [1] http://www.buendnis-bremen.de/ | |
| [2] /Streit-um-Billigfleischbremse/!5713206 | |
| [3] http://www.jansaffe.de/ | |
| [4] http://www.naturkost-kontor.de/ | |
| [5] https://www.biostadt.bremen.de/ueber_uns/aktionsplan_2025-9286 | |
| [6] /Kampf-um-Billigfleischbremse/!5694858 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
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