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# taz.de -- Bremen reformiert Kantinenkost: Bio-Fleisch bald Pflicht
> In Bremer Schulen, Kitas und Kantinen sollen Fleisch, Milch und Käse
> künftig aus der Bio-Produktion stammen. Das will der Senat noch im Januar
> beschließen.
Bild: Wenn die Bio-Pflicht kommt, wird es in Bremer Kantinen weniger Fleisch ge…
BREMEN taz | Bremen wird das Essen in öffentlichen Kantinen auf
Bio-Lebensmittel umstellen. Das wird der Senat womöglich bereits am
Dienstag beschließen, spätestens Ende Januar. Die Stadt wäre mit einer
solchen „Billigfleischbremse“ bundesweit Vorreiter. Laut einer
Senatsvorlage, die der taz vorliegt, sollen Kitas, Schulen und öffentliche
Betriebskantinen bis 2022 Fleisch, Milch oder Käse ausschließlich aus
biologisch-ökologischer und möglichst regionaler Herstellung verwenden.
Weil das allerdings mehr kostet, rechnet auch der Senat damit, dass künftig
insgesamt weniger Fleisch auf dem Speiseplan steht.
„Es ist davon auszugehen, dass eine Umstellung auf Bioprodukte nur durch
eine Reduzierung des Fleischanteils der angebotenen Speisen möglich ist“,
heißt es dazu in einem 10-seitigen Aktionsplan, auf den die Senatsvorlage
verweist. Darin ist die Umstellung der Gemeinschaftsverpflegung der Stadt
auf „gesunde Ernährung“ bis 2025 schrittweise beschrieben.
Gelten sollen etwa die Standards der EG-Verordnung 834/2007 für
ökologische-biologische Produktion. Begleitet wird die Umstellung durch
eine Arbeitsgruppe der Ressorts. In Schulen soll stärker auf die Einhaltung
von Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung geachtet,
in Betriebskantinen und Kindertagesstätten sollen diese überhaupt erst
eingeführt werden.
Ebenso in Krankenhäusern: Das Fleisch und der Käse dort sind von der
Bio-Umstellung allerdings weitestgehend ausgenommen. Denn in den kommunalen
Kliniken der Gesundheit-Nord hält man eine überwiegende Abkehr vom
Billigfleisch für zu teuer.
Eine Einschätzung, der sich die Gesundheitssenatorin angeschlossen hat. Bis
2024 soll sich der Anteil von Bio-Lebensmitteln im Krankenhaus daher
schrittweise nur auf 20 Prozent erhöhen – angepeilt waren ursprünglich mal
75 Prozent.
## Bürgerschaft befasst sich mit Bürgerantrag
Insgesamt sind von der Umstellung laut „Agrarpolitischem Bündnis Bremen“
täglich 50.000 Tischgäste betroffen, darunter 14.000 Kinder und – wenn nun
auch nur in abgespecktem Umfang – 2.500 PatientInnen.
Das Bündnis, ein Zusammenschluss aus lokalen Initiativen und
Nichtregierungsorganisationen, hatte das Anliegen in Bremen überhaupt erst
auf den Tisch gebracht. Zwar hatten sich auch SPD und Grüne in ihrem
Koalitionsvertrag auf eine „ökologisch-soziale Transformationspolitik“
geeinigt. Aber erst die Unterschriften von 5.383 Menschen zwangen die
Bürgerschaft 2015 mit einem Bürgerantrag, sich mit dem Thema zu befassen.
Die Parlamentarier beschlossen im September 2016 eben das: Eine Umstellung
der öffentlichen Gemeinschaftsversorgung auf biologisch-ökologisch erzeugte
tierische Produkte
## AktivistInnen warten auf die Umsetzung
Seitdem warteten die AktivistInnen auf Umsetzung, zuletzt protestierten sie
am Dienstag vor dem Rathaus. Es war Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne),
der ihnen bei der Gelegenheit den bevorstehenden Vollzug verkündete.
Jan Saffe, ernährungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, begrüßt das
ausdrücklich. „Wenn es umgesetzt wird, ist Bremen richtig weit“, sagte er.
Die Stadt leiste damit ihren Beitrag zur Agrarwende. „In Bremen selbst gibt
es zwar keine Massentierhaltung, aber wir sind über die Beschaffung im
Spiel“, so Saffe.
Der Grünen-Politiker verweist auf die Dimension der Umstellung. „Das ist
ein Riesen-Ding.“ Vielerorts müssten Schulungen gemacht werden, teilweise
wäre in den Kantinen überhaupt nicht bekannt, wo die Lebensmittel
herkommen.
## Bio-Produkte sehr unterschiedlich verbreitet
Tatsächlich ist die Verwendung von Bio-Produkten in der öffentlichen
Gemeinschaftsverpflegung Bremens sehr unterschiedlich verbreitet. Das ist
das Ergebnis einer Analyse, die der Umweltsenator im Zuge des Bio-Vorhabens
bei der Firma „esscooltur“ in Auftrag gegeben hatte. Befragt wurden dafür
50 Kindertagesstätten, 51 Schulen, sowie die Geno-Krankenhäuser und vier
öffentlichen Betriebskantinen.
Von Schule zu Schule schwankt demnach der Anteil von Bio-Essen bislang
sehr, durchschnittlich liegt er bei 30 Prozent. In den öffentlichen Kitas
liegt der Bio-Anteil bisher bei 10 Prozent, dafür aber oft Fleisch.
In Krankenhaus-Kantinen hingegen spielen Bio-Zutaten überhaupt nur in einem
„untergeordneten Umfang“ eine Rolle, und zwar: „aus Beschaffungs- und
Kostengründen“. Ein gar „umfassender Handlungsbedarf“ wurde für die
Betriebskantinen festgestellt: Qualitätsstandards für das Essen seien hier
bislang „nicht vereinbart“: „Die Angebote und Produktionsabläufe sind
hochgradig auf Fertig-Produkte abgestellt.“
18 Jan 2018
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
## TAGS
Bio-Lebensmittel
Kantinenessen
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