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# taz.de -- Bremen soll artgerecht speisen: Eine Frage der Definition
> Ein Bürgerantrag will Bremen zur ersten deutschen Großstadt ohne Fleisch
> aus Massentierhaltung machen.
Bild: Wenn es so was in der Kantine gibt, darf es weiter billig sein.
BREMEN taz |Irgendwie sind sie alle dafür, sagen sie – die Grünen und Die
Linke sowieso, und die SPD, mit Verweis auf den Koalitionsvertrag. Nicht
mal CDU und FDP sind so richtig dagegen. Nur beschlossen haben sie die
Verbannung des „Billigfleisches“ aus alle Kantinen und Mensen in Bremen
dann doch nicht. Gefordert und überhaupt auf die Tagesordnung der
Stadtbürgerschaft gesetzt haben das Thema 5.383 BremerInnen, die einen
Bürgerantrag des agrarpolitischen Bündnisses Bremen (ABB) unterschrieben
haben.
Das verlangt, binnen eines halben Jahres, ein Konzept, mit dem Bremen bis
2020 die gesamte öffentliche Gemeinschaftsverpflegung auf „nachweislich
artgerechte Tierhaltung“ umstellt. Und zwar in allen – stadtweit nur noch
privat geführten – Kantinen, Kitas, Krankenhäusern, Schulen und Mensen.
Außerdem soll Bremen dort, wo es selbst Lebensmittel einkauft, etwa für
Empfänge, schon in einem halben Jahr nur noch Fleisch aus artgerechter
Tierhaltung servieren. In Bremen essen, so steht’s im neuen Fleischatlas
von BUND und Böll-Stiftung, Männer im Schnitt 171 Gramm und Frauen 82 Gramm
Fleisch am Tag. Von der Initiative betroffen sind laut ABB täglich 50.000
Tischgäste, darunter 14.000 Kinder und 2.500 PatientInnen. Um ihnen
„Billigfleisch“ zu ersparen, müsste Bremen Vereinbarungen mit den
jeweiligen Kantinenbetreibern treffen.
Rot-Grün hat den Antrag aber jetzt erst mal an den Haushalts- und
Finanzausschuss überwiesen sowie an die Gesundheits- und
Landwirtschaftsdeputation. „Das ist keine Beerdigung erster Klasse“, sagt
der agrarpolitischer Sprecher der SPD, Jens Crueger, der früher schon mal
für die Grünen im Landtag saß. Er stößt sich, so wie auch die CDU, vor
allem am Begriff „artgerecht“, der seiner Ansicht nach „völlig unbestimm…
und „semantisch weit wie ein Scheunentor“ ist. „Der gesunde
Menschenverstand bringt uns da weiter“, entgegnet Kirsten Kappert-Gonther
von den Grünen.
Karl-Peter Bargfrede vom ABB hat da ganz klare Vorstellungen: „Artgerecht“
ist aus seiner Sicht, was auch einem der Bio-Label genügt, allen voran
Demeter oder Bioland. „Artgerecht“ sei aber auch, was dem Neuland-Siegel
genüge. Dort sei die Haltung der Tiere „vorbildlich“, sagt Bargfrede, auch
wenn die Fütterung der Tiere nicht rein ökologisch sei.
Frank Imhoff von der CDU, selbst ein Landwirt, kann dem „so nicht
zustimmen“. Für all jene, die diese Siegel nicht führen, bedeute eine
solche Definition „eine Generalverurteilung, die wir nicht mitmachen
können“. Die Menschen müssten immer die Wahl haben, findet Imhoff – und am
Fleischumsatz im Discounter könne man sehen, dass „die Menschen noch nicht
überzeugt sind“.
Und während die Grünen, die mit den bremischen Kantinen gerne bundesweit
„Vorreiter“ werden wollen, den Antrag „hervorragend“ finden, hegt die S…
nur „hohe Sympathie“. Zudem monierte ihre Rednerin Stephanie Dehne, dass
der vom ABB gesetzte Zeitrahmen „deutlich zu kurz“ sei – wofür sie
höhnische Kommentare von der Tribüne erntete. „Sie drücken sich um einen
Beschluss“, sagt Peter Erlanson von der Linkspartei zu SPD und Grünen – er
lobt den Bürgerantrag als „radikal“ und zugleich „höchst pragmatisch“.
Im rot-grünen Koalitionsvertrag ist nur von einer „Qualitätssteigerung“ d…
Essensversorgung die Rede; sie bedeute, „dass Tierprodukte zunehmend aus
ökologischer Tierhaltung angeboten werden“. Dass das am Ende mehr Geld
kostet, nahmen SPD und Grüne schon in den Koalitionsverhandlungen billigend
in Kauf. Die höheren Einkaufspreise dürften aber nicht 1:1 an die
Endabnehmer weitergegeben werden, sagt Crueger.
20 Jan 2016
## AUTOREN
Jan Zier
## TAGS
Massentierhaltung
Kantinenessen
Bio-Fleisch
Mensa
Bio-Lebensmittel
Grüne Bremen
Fleisch
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