# taz.de -- Essen im Krankenhaus: Satt mit Bio | |
> Die öffentliche Verpflegung soll schrittweise auf Bioprodukte umgestellt | |
> werden. Ausgerechnet bei den Krankenhäusern hakt es noch | |
Bild: Das Highlight des Tages: Essen | |
BREMEN | taz Dass eine Sitzung der Gesundheitsdeputation auf ihre | |
Teilnehmer euphorisierend wirkt, hört man normalerweise eher selten. Genau | |
so erging es allerdings Jan Saffe von den Grünen am letzten Donnerstag: | |
„Geradezu euphorisiert“ sei er danach gewesen, und: „Das war eine richtige | |
Ermutigung!“ Grund für die Hochstimmung war der Vortrag von Thomas Voß, | |
kaufmännischer Geschäftsführer zweier Kliniken in Münster und Lengerich. | |
Saffe hatte ihn in die Depu eingeladen, damit er von den Fortschritten | |
erzählt, die seine Kliniken in der Einführung von Bioprodukten in den | |
Krankenhausspeiseplan erzielt. | |
Die Debatte um die Einführung von Bioprodukten in die öffentliche | |
Gemeinschaftsverpflegung in Bremen konnte in der Tat einen neuen Impuls | |
gebrauchen – bis Ende September sollte der Senat eigentlich einen | |
Aktionsplan vorlegen, wie die Ökologisierung der öffentlichen | |
Gemeinschaftsverpflegung künftig umgesetzt werden soll. Die Vorlage hängt | |
derzeit im Gesundheitsressort, das sich nach Angaben von Sprecherin | |
Christina Selzer noch in der Abstimmung mit dem Umweltressort und der | |
Klinikholding Gesundheit Nord (Geno) befindet. | |
Derzeit werden die Mahlzeiten der vier Geno-Kliniken zentral nach der | |
sogenannten „Cook & Chill“-Methode zubereitet. Das bedeutet: Das Essen wird | |
vorgegart, an die Kliniken geliefert und dort dann nur noch fertig erhitzt. | |
„Der Anteil an sogenannten Convenience- und Fertigprodukten zum Mittagessen | |
beträgt etwa 80 Prozent“, sagt Geno-Sprecher Timo Sczuplinski auf Anfrage | |
der taz. | |
Das Gesundheitsressort favorisiert derzeit die Einführung einer | |
zusätzlichen „Biolinie“ in den Krankenhausspeiseplan. Die PatientInnen | |
könnten sich dann bewusst für eine reine Biomahlzeit entscheiden. Davon | |
hält Thomas Voß aus Münster jedoch gar nichts: „Wir haben das ausprobiert, | |
und es ist vor die Wand gefahren. Denn die Leute entscheiden sich nicht | |
danach, ob etwas bio ist, sondern danach, was ihnen schmeckt.“ In Münster | |
und Lengerich ist stattdessen der generelle Bioanteil schrittweise auf | |
jetzt 20 Prozent angehoben worden, beim Fleisch sind es teilweise schon 100 | |
Prozent. Auch Jan Saffe ist von der „Biolinie“ nicht überzeugt: „Besser | |
wäre es, den Bioanteil zunächst auf 20 Prozent zu erhöhen. Es ist wichtig, | |
dass jetzt überhaupt mal etwas passiert.“ | |
Wie der Umstieg auf Bioprodukte gelingen kann, erklärt Thomas Voß so: | |
„Bioprodukte sind zwar teurer, aber in allen großen Betrieben gibt es eine | |
ganze Menge Stellschrauben.“ In seinen Kliniken etwa habe oft teures | |
Kalbfleisch auf dem Speiseplan gestanden – das sei sofort rausgeflogen. | |
Auch die obligatorische Vorsuppe, die ohnehin kaum einer esse, gebe es | |
jetzt nur noch optional auf Bestellung. Regionale und saisonale | |
Lebensmittel hingegen stünden jetzt viel häufiger auf dem Speiseplan. | |
„Fleisch ist die teuerste Komponente beim Essen“, sagt Thomas Voß. Daher | |
sei es hier besonders schwierig mit der Umstellung: „Wir haben zum Beispiel | |
Putenfleisch komplett aus dem Angebot rausgeschmissen.“ Denn aufgrund des | |
hochgezüchteten Brustfleisches seien auch Bio-Puten „nur degeneriertes | |
Qualfleisch“. | |
Beim Schweinefleisch sind die beiden Kliniken inzwischen komplett auf Bio | |
umgestiegen. Denn gerade in den großen Mastbetrieben lauert mit dem | |
sogenannten Krankenhauskeim MRSA eine Gefahr. Um den Umstieg zu | |
realisieren, ohne die Kosten explodieren zu lassen, sind die | |
Fleischportionen kleiner geworden, außerdem gibt es Mittwochs immer einen | |
vegetarischen Tag. „Wir haben das sang- und klanglos eingeführt und | |
gewartet, ob Maulerei kommt“, sagt Voß. „Kam nicht.“ | |
Dass die Verhältnisse in Münster und Lengerich dennoch nicht ganz mit | |
Bremen zu vergleichen sind, räumt auch Thomas Voß ein: „Die Geno ist | |
größer. Aber letztlich entfallen auf Lebensmittel nur rund zwei Prozent des | |
Gesamteinkaufsbudgets eines Krankenhauses.“ Mit der Umstellung auf Bio | |
führe man kein Krankenhaus in den Ruin. | |
Die Geno zeigt sich ohnehin interessiert an Voß’ Konzept: „Wir befinden uns | |
mit ihm im Austausch“, sagt Sprecher Sczuplinski. „Wir streben eine | |
gestaffelte Einführung von mehr Biokomponenten in den Menüplänen an.“ Das | |
ginge allerdings nicht kostenneutral, daher werde man zunächst mit Obst und | |
Gemüse beginnen. | |
22 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Karolina Meyer-Schilf | |
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