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# taz.de -- Sämtliche AfD-Kandidaten scheitern: Kein Ausschuss für die AfD
> Keiner der AfD-Kandidaten wurde in den Vorsitz eines
> Bundestagsausschusses gewählt. Die Rechten sind wütend, die
> demokratischen Parteien zufrieden.
Bild: Auch durchgefallen: Martin Hess wird nicht Vorsitzender des Bundestags-In…
Berlin taz | Jede Menge Pleiten hat die AfD im Bundestag am Mittwoch
kassiert. Die Mitglieder des [1][Innenausschusses im Bundestag] haben den
von der extrem rechten Partei vorgeschlagenen Martin Hess das Misstrauen
ausgesprochen und ihn mit großer Mehrheit nicht zum Vorsitzenden gewählt.
Zuvor war bereits AfD-Kandidat Jörg Schneider bei der Wahl zum Vorsitzenden
des Gesundheitsausschusses durchgerasselt. Auch der Anlauf von AfDler
Dietmar Friedhoff im Entwicklungsausschuss wurde abgeschmettert.
Schon vor Beginn der konstituierenden Sitzung des Innenausschusses am
späten Nachmittag bemühte Hess mit Blick auf die anderen Ausschüsse die
AfD-typische Opferinszenierung: „Hier wird mit allen parlamentarischen
Gepflogenheiten gebrochen“, sagte er. Optimistisch wirkte er nicht. Im
Anschluss sprach er von einem „schwarzen Tag für die Demokratie“.
Konstantin von Notz, langjähriger Innenpolitiker der Grünen, sagte im
Anschluss: „Also ich sehe kein demokratietheoretisches Problem. Wenn man
für ein solches Amt Antritt, muss man eine Mehrheit der Stimmen auf sich
vereinigen.“ Es gebe gute Gründe, dass Hess nicht ins Amt gewählt worden
sei, so von Notz. Er betonte, dass der Ausschuss arbeitsfähig sei.
Kommissarisch werde der Ausschuss nun von der Linken Petra Pau, der
dienstältesten Abgeordneten im Gremium geleitet. Auch im
Gesundheitsausschuss übernimmt der dienstälteste Abgeordnete kommisarisch
das Gremium: der CDU-Politiker Hubert Hüppe.
Die Vorsitze der Ausschüsse werden in einem mehrstufigen Verfahren im
Ältestenrat verteilt, jeder Fraktion stehen gemäß Fraktionsstärke mehrere
Ausschüsse zu. In den Ausschüssen findet ein großer Teil der
parlamentarischen Arbeit statt, wo Regierung und Opposition in der Regeln
konstruktiv zusammen arbeiten. Das ist aber offenbar aus Sicht der
demokratischen Parteien mit der AfD nicht möglich. Bereits in der
vergangenen Legislaturperiode hatten die Parteien den völkischen
AfD-Abgeordneten Stephan Brandner nach dessen zahlreichen Eskapaden vom
Vorsitz des Rechtsausschusses abgewählt.
## Völkische Wortbeiträge und Desinformation
Die demokratischen Fraktionen hatten vor allem mit Blick auf den
Innenausschuss bereits in den Tagen zuvor durchblicken lassen, dass sie
einen AfD-Kandidaten im Innenausschuss [2][nicht mittragen würden].
Dass sie nun gleich alle AfD-Vorsitzenden von vorneherein durchrasseln
ließen, ist für den Bundestag ein Novum und dürfte auch der
fortschreitenden Radikalisierung der AfD geschuldet sein, deren Fraktion
personell etwas kleiner, aber auch extremer geworden ist. Gleich in den
ersten Plenarsitzungen des Bundestages verdeutlichte die AfD mit der
Missachtung von Corona-Regeln, völkischen Wortbeiträgen und
Desinformationen, wie sie zur parlamentarischen Demokratie steht.
Die Vorschläge für die Vorsitze haben diesen Eindruck noch bestärkt: Für
das Amt im Innenausschuss hat die AfD auf ihrer Fraktionssitzung am
Dienstag mit Hess einen ehemaligen Polizisten nominiert, der die Gefahr
rechtsextremer Netzwerke relativiert, Linksextremismus aber für extrem
gefährlich hält. Er war in einer Polizeieinheit mit der vom NSU ermordeten
Michèle Kiesewetter tätig – zusammen mit Personen aus dem Umfeld des
Uniter-Netzwerkes, zwei Mitgliedern eines deutschen Ablegers des
Ku-Klux-Klans sowie dem V-Mann „Corelli“, der sich im NSU-Umfeld bewegte.
Obwohl Hess mit diesen Kolleg*innen arbeitete, hält er Gegenmaßnahmen
und Aufklärung von Rechtsextremismus in der Polizei für eine „Hexenjagd“.
Er hatte nach seiner Nominierung am Dienstag behauptet, den Vorsitz des
Innenausschusses neutral ausfüllen zu wollen. Dies schien angesichts seiner
politischen Überzeugungen wenig glaubhaft.
## Auch das sonstige Personal ist radikal
Auch unabhängig von der Personalie Hess gab es viel Kritik am AfD-Vorsitz
im sicherheitsrelevanten Innenausschuss: Nicht zuletzt, weil der AfD selbst
eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz droht und der Vorsitzende in
dieser Funktion einen kurzen Draht zu Sicherheitsbehörden braucht sowie
einen privilegierten Zugang zu sensiblen Informationen erhält. Ein AfD-Mann
in dieser Position gilt für viele im Parlament als Sicherheitsrisiko, auch
weil Teile der Partei bereits unter Beobachtung des Verfassungsschutzes
stehen.
Ein Stellvertreter für den bisher nicht existenten Vorsitzenden des
Innenausschusses wird vermutlich im Januar gewählt. Der Vize-Vorsitz, der
dann de facto der Vorsitzende werden dürfte, steht der SPD zu. Zuletzt
wurde für das Amt Lars Castellucci gehandelt.
Vor allem die Grünen waren dafür kritisiert worden, [3][dass die AfD in dem
Verfahren auf den Innenausschuss hatte zugreifen können.] Die Grünen hatten
für sich den vergleichsweise unwichtigen Vorsitz im Europa-Ausschuss
reklamiert, ein Posten den der bei den Ministerposten leer ausgegangenen
Toni Hofreiter übernehmen soll. So erst kam die AfD in die Position, den
Vorsitz im Innenausschuss besetzen zu können.
Und der nächste Clash ist schon in Sicht: Im Januar steht die Besetzung des
geheimsten Gremiums des Bundestages an. Dann soll das parlamentarische
Kontrollgremium besetzt werden, in dem etwa der Verfassungsschutz unter
strengster Geheimhaltung der Bundesregierung berichtet. In der vergangenen
Legislatur saß für die AfD Roman Reusch in dem Gremium. Über
Rechtsextremismus soll dann nur geredet worden sein – wenn Reusch nicht
anwesend war. Schwer vorstellbar, dass die AfD-Teilnahme an der Runde in
dieser Legislatur einfach so durchgeht.
## Als „erkannter Extremist“ eingestuft
Aussagekräftig ist auch, welches Personal die AfD sonst noch in die
verschiedenen Ausschüsse schickt. Im Klima-Ausschuss etwa unterstreicht die
Partei einmal mehr, dass sie der parlamentarische Arm der militanten
Verschwörungsideolog*innen ist.
Mit Karsten Hilse schlägt die Partei einen Mann für den Vize-Vorsitz im
Klimaausschuss vor, der den menschengemachten Klimawandel systematisch
leugnet. Seit vergangenem Jahr wurde Hilse mit Verbreitung von
Desinformationen und Auftritten in der Querdenken-Bewegung zum wohl
bekanntesten Aluhut-Träger der AfD. Er trat sogar mit Querdenken-Shirt im
Bundestag auf. Dort beschäftigte er auch Michael Limburg, den
Vizepräsidenten des Vereins EIKE, der sich gründete, um den Klimawandel zu
leugnen.
Gereon Bollmann, den die AfD als Vize-Vorsitzenden in den Umweltausschuss
schicken will, bestreitet ebenfalls den menschengemachten Klimawandel und
spricht im Zusammenhang mit dem grassierenden Coronavirus von einer
„Plandemie“. Er veröffentliche außerdem Bilder von einer Feier am 20. Juli
2019, dazu schrieb er: „Ja es gibt noch unser Deutschland. Radolfzell am
Bodensee. Sonnabend, den 20. Juli 2019! Alle blond, jedes Mädchen mit Zopf,
deutsches Liedgut. Wir werden nicht aufgeben!“
In den Verteidigungsausschuss schickte die AfD Hannes Gnauck, der während
seiner Dienstzeit bei der Bundeswehr zuletzt keine Uniform mehr tragen oder
Kasernen betreten durfte. Der Grund dafür: Der Militärgeheimdienst MAD
stufte den Soldaten wegen Kontakten zu extrem rechten Organisationen als
„erkannten Extremisten“ ein.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, dass der 20.
Juli der Geburtstag Adolf Hitlers gewesen sei. Das ist falsch. Wir haben
Hitler daher aus diesem Text geschmissen.
15 Dec 2021
## LINKS
[1] /Vorsitz-des-Innenausschusses/!5819202
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[3] /AfD-Vorsitz-im-Innenausschuss/!5814634
## AUTOREN
Gareth Joswig
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