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# taz.de -- Gesundheitsminister Lauterbach: Von der Seitenlinie ins Spiel
> Er hat es geschafft. Karl Lauterbach wird Gesundheitsminister. Ist er der
> Richtige für die Herausforderungen der Pandemie?
Bild: Karl Lauterbach ist jetzt nicht mehr der Mahner von der Talkshow-Seitenli…
Berlin taz | Man musste auf der Landeswahlliste der SPD in
Nordrhein-Westfalen schon ziemlich weit nach unten scrollen, um den Namen
[1][Karl Lauterbach] zu finden. Erst auf Platz 23 tauchte der 58-Jährige
als Bundestagskandidat auf. Ein Hinweis darauf, dass die Popularität, die
der Rheinländer in der Öffentlichkeit genießt, in Parteikreisen nicht
uneingeschränkt geteilt wird. Formal ist Lauterbach seit 2013 nicht einmal
mehr gesundheitspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. Seine
Kandidatur um den Parteivorsitz 2019 scheiterte kläglich. Dennoch ist der
hochdekorierte Mediziner jetzt am Ziel seiner Träume – im Kabinett Scholz
wird er Gesundheitsminister.
Wem er das zu verdanken hat, machte er kurz nach seiner Ernennung [2][per
Tweet] klar. „Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich als
Gesundheitsminister hier auf Twitter unterstützt haben“, schrieb er.
Durch zahlreiche Talkshow-Auftritte und weil sich in der [3][Coronakrise]
so viele nach einer Heldenfigur sehnen, ist es Lauterbach gelungen, auch an
den Befindlichkeiten seiner Partei vorbei ein Ministeramt zu bekleiden, für
das sich – auch das gehört zur Wahrheit – allerdings ohnehin kaum jemand
begeisterte. Lauterbach zeigte sich bei seinem kurzen Auftritt im
Willy-Brandt-Haus entschlossen: „Wir werden den Kampf gegen die Pandemie
gewinnen, und für weitere Pandemien werden wir besser gerüstet sein“,
versprach er.
Die Frage ist nun, ob Lauterbach seine Popularität in erfolgreiche
Regierungsarbeit ummünzen kann. Sein kurzfristiger Fokus wird auf der
Ausweitung der Impfkampagne liegen. Doch mittelfristig warten weitere
Aufgaben. Lauterbach muss den Personalmangel in der Pflege und die
Schieflage in der Krankenhausfinanzierung beheben.
Dass ausgerechnet er während der rot-grünen Regierungszeit an der breiten
Implementierung des vielfach kritisierten Fallpauschalensystems in den
Krankenhäusern mitgewirkt hat, ist dabei sicherlich eine Hypothek. Denn der
Pflegemangel geht teilweise auf die von Lauterbach mitorganisierte
Ökonomisierung des Krankenhausbetriebs zurück.
Zudem plädierte er lange für die Schließung kleinerer Kliniken im Land und
saß im Aufsichtsrat eines privaten Klinikbetreibers. Andererseits hat er
auch vor Ausbruch der Coronakrise bereits dafür geworben, die
Krankenhausfinanzierung wieder bedarfsgerechter zu gestalten. Als Mediziner
und Gesundheitsökonom dürfte es zudem kaum jemanden geben, der sich besser
im komplizierten deutschen Gesundheitssystem auskennt als er.
## Widersprüchliche Aussagen
Allerdings wird Lauterbach einen Rollenwechsel vollziehen müssen. Statt als
Mahner von der Talkshow-Seitenlinie wird er nun im Zentrum der
Pandemiebekämpfung stehen. In der Vergangenheit waren seine Covid-Haltungen
nicht immer weitsichtig. Lauterbach sprach sich erst gegen eine Impfpflicht
aus, dann dafür. Noch Ende Oktober plädierte er gegen Booster-Impfungen für
alle, kurz darauf war er dafür. Als Gesundheitsminister wird Lauterbach
vorsichtiger und vorausschauender agieren müssen.
Zudem unterstützte er die Abschaffung kostenloser Covid-Tests, mit deren
Hilfe man die aktuelle Welle möglicherweise besser hätte eindämmen können,
und echauffierte sich darüber, dass Ungeimpfte mit Test in Restaurants
dürfen. Wie viele andere Politiker setzt auch Lauterbach eher auf die
Bestrafung Ungeimpfter als auf eine integrierende Rhetorik. Ob diese
konfrontative Art der Politik auch an der Spitze des
Gesundheitsministeriums funktioniert, ist fraglich.
Von nun an wird Lauterbach für die Entwicklung in der Pandemie
verantwortlich gemacht werden – im Guten wie im Schlechten. Übrigens: Auch
die Twitter-Fangemeinde lässt ihre Helden im Zweifel schnell fallen.
6 Dec 2021
## LINKS
[1] /Karl-Lauterbach/!t5018827
[2] https://twitter.com/Karl_Lauterbach/status/1467806125009551368
[3] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
## AUTOREN
Jörg Wimalasena
## TAGS
Karl Lauterbach
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Schwerpunkt Coronavirus
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