# taz.de -- SPD-MinisterInnen der neuen Regierung: Solide, mittig, rational | |
> Karl Lauterbach ist der einzige künftige SPD-Minister, der nicht in | |
> Scholz’ Anforderungsprofil leiser Mitarbeit passt. Die Erwartungen an ihn | |
> sind riesig. | |
Bild: Karl Lauterbach am 6. Dezember im Willy-Brandt-Haus in Berlin | |
Die Riege der SPD-MinisterInnen mag einige überraschen. Wer hatte schon | |
damit gerechnet, dass die Juristin Christine Lambrecht sich künftig mit der | |
Bundeswehr herumschlagen muss? Auch Nancy Faeser, die Innenministerin wird, | |
hatte kaum jemand auf dem Zettel. Und die meisten hätten gewettet, das | |
Svenja Schulze Bauministerin wird – und nicht Ministerin für | |
wirtschaftliche Zusammenarbeit. | |
Diese Liste kann man verlängern. Aber das führt in die Irre. Denn die | |
Besetzung der SPD-Posten im Kabinett ist nur auf den ersten Blick | |
erstaunlich. Sie entspricht passgenau dem, was von [1][Olaf Scholz als | |
Kanzler] zu erwarten ist: mittige Politik, solides Handwerk. | |
Die SPD hat nicht zufällig jene Ministerien für sich reklamiert, in denen | |
es um Sicherheit geht: Innen, Verteidigung und Arbeit und Soziales. Das | |
entspricht dem Profil, das die Scholz-SPD will. Sie ist für Verlässlichkeit | |
und Risikominimierung zuständig. Nicht nur die Auswahl der Ministerien, | |
auch die Besetzung atmet diesen Geist: lieber solide als charismatisch. | |
Deshalb hat Lambrecht, robust und professionell, den schwierigsten Job – | |
nämlich das Verteidigungsministerium möglichst skandalfrei zu managen. | |
Das Kabinett wird, wie von Scholz angekündigt, quotiert sein. Sieht man | |
davon ab – ein [2][funkenschlagender Aufbruch] ist die Besetzungsliste | |
nicht. Einige verdanken ihren Job Scholz’ Sympathie, die meisten Erfahrung | |
und Zuverlässigkeit. Nummer sicher eben. | |
Das folgt einem nüchtern abwägenden, rationalen Kalkül. Diese Regierung hat | |
mit Annalena Baerbock eine sehr gesinnungsstarke und sehr unerfahrene | |
Außenministerin. Bei [3][Finanzminister Christian Lindner] wäre die größte | |
Überraschung, wenn es mit ihm keine böse Überraschung geben würde. Und beim | |
Schlüsselprojekt der Ampel, dem vor allem von Robert Habeck verantworteten | |
klimaneutralen Umbau, werden gewiss die Fetzen fliegen. | |
Für Glamour und Katastrophen werden in der Ampel also FDP und Grüne sorgen. | |
Die SPD hat es lieber solide und unauffällig. Scholz folgt darin seiner | |
Vorgängerin Angela Merkel. Die holte ungern Stars in ihre Regierung und | |
umgab sich im Kabinett lieber mit loyalen, etwas farblosen Fachkräften. | |
Die einzige Überraschung ist, dass Karl Lauterbach Gesundheitsminister | |
wird. Er passt eigentlich nicht in Scholz’ Anforderungsprofil geräusch- und | |
störungsfreier Mitarbeit. Lauterbach ist Arzt, Pandemieexperte und ein | |
Star – jedenfalls außerhalb von SPD und Fraktion. | |
Es ist ein gutes Zeichen, dass Fachkompetenz und mediale Wirksamkeit keine | |
Knock-out-Kriterien für einen Ministerjob sind. Bei Lauterbach ist damit | |
die Fallhöhe am höchsten. Die große Reform, die Bürgerversicherung, wird | |
mit der Ampel nicht kommen. Das Dickicht der Lobbyinteressen ist in der | |
Gesundheitsbranche besonders undurchdringlich. Und viele erwarten, dass | |
Lauterbach die Pandemie in den Griff bekommt. Die Erwartung ist riesig. Das | |
Risiko zu scheitern auch. | |
6 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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