| # taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Berlin: Verkehrter Ansatz | |
| > SPD, Grüne und Linke setzen beim Thema Mobiliät vor allem auf | |
| > Unterstützung vom Bund. Die Verkehrswende sollen die Bezirke umsetzen. | |
| Bild: Vieles ist noch ungeklärt. Das Spitzentrio von RGR in Berlin | |
| Berlin taz | Jetzt sind sie also ins Stocken geraten. Mindestens um einen | |
| Tag werden die Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und Linkspartei | |
| länger dauern. Am Freitag, für den sich die drei Parteien eigentlich die | |
| Themen Stadtentwicklung und Wohnen vorgenommen hatten, debattierten die | |
| jeweils acht Vertreterinnen und Vertreter der Dachgruppe noch zum Thema | |
| Mobilität. Das sollte ursprünglich schon am Mittwoch abgeschlossen sein, | |
| wurde dann aber verschoben. | |
| Dass es ausgerechnet beim Verkehr knirschte, war nicht überraschend. Eine | |
| Verkehrswende auf Kosten des Autoverkehrs und der Parkplätze, wie sie die | |
| Grünen durchsetzen wollen, möchte die SPD unbedingt verhindern. „Wir | |
| mussten unterschiedliche Interessen zusammenbringen, damit alle | |
| Berlinerinnen und Berliner mobil sind“, sagte die designierte Regierende | |
| Bürgermeisterin Franziska Giffey beim Pressestatement am Freitag Abend im | |
| Moabiter Hotel Moa. Das Mobilitätskapitel sei ein „schweres“ Kapitel | |
| gewesen. Aber nun sei es abgeschlossen. | |
| ## Die U3 hat Priorität | |
| Der große Wurf ist das Kapitel dennoch nicht geworden, eher ein Schielen | |
| auf den Bund. Wenn der Bundesbauminister Geld zu vergeben habe, so Giffey, | |
| „ziehen Bayern und Hamburg immer fertige Planungen aus der Schublade“. Das | |
| müsse Berlin nun auch machen. „Wir haben da den kürzesten Weg.“ | |
| Vor allem die Planungen für die fünf vorgesehenen U-Bahn-Verlängerungen | |
| sollen deshalb in die nächste Runde gehen. Auf die | |
| [1][Machbarkeitsstudien], die die scheidende Verkehrssenatorin Regine | |
| Günther (Grüne) bereits vorgelegt hat, sollen nun | |
| Kosten-Nutzen-Untersuchungen folgen. Namentlich bei der Verlängerung der U3 | |
| von der Krummen Lanke bis zum Mexikoplatz will Giffey Tempo machen. „Hier | |
| wollen wir noch in dieser Legislatur zur Bautätigkeit kommen.“ | |
| Als weitere Bereiche, auf die sich die Dachgruppe geeinigt hat, nannte | |
| Giffey die Überführung der Seilbahn in Marzahn in den ÖPNV, den Ausbau der | |
| Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, mehr Elektrobusse für die BVG, | |
| sauberere Fahrgastschifffahrt sowie eine Verbesserung der Situation bei den | |
| Wirtschaftsverkehren sowie eine Abstimmung mit dem Landkreis | |
| Dahme-Spreewald bei Taxiverkehr am BER. Wie mit den Ausschreibungen der | |
| S-Bahn und der Rückführung in den Landesbesitz, den die Linken wollen, | |
| verfahren wird, blieb offen. | |
| Auch die grüne Spitzenfrau Bettina Jarasch, deren Partei wohl das Verkehrs- | |
| und Umweltressort beanspruchen wird, betonte die Notwendigkeit, den Bund in | |
| die Berliner Überlegungen mit einzubeziehen. Damit sollen „die Versprechen | |
| der Mobilitätswende auch an den Stadtrand gebracht werden“, so die Grüne. | |
| Auch die Umlandverbindungen nach Brandenburg sollen ausgebaut werden. | |
| Neben den bereits zwischen beiden Ländern im Rahmen des [2][Projekts i2030] | |
| abgestimmten Wiederinbetriebnahmen der Heidekrautbahn und der Siemensbahn | |
| soll es einen Ausbau der S75 sowie eine Elektrifizierung des Südrings | |
| geben. Generell soll in den dichtbesiedelten Gebieten der Stadt ein | |
| Hauptstadttakt von fünf Minuten angeboten werden, ansonsten sollen Busse | |
| und Bahnen alle zehn Minuten verkehren. | |
| ## Verkehrswende Sache der Bezirke | |
| Und die Verkehrswende? Da setzt Rot-Grün-Rot vor allem auf die Bezirke. Die | |
| sollen laut Jarasch unterstützt werden, „wenn sie Kiezblocks bauen oder | |
| verkehrsberuhigte Zonen einrichten wollen“. Darüber hinaus soll der vor | |
| wenigen Tagen beschlossene Radverkehrsplan „schnell umgesetzt werden“. | |
| Über die Finanzierung des verbesserten Angebots im ÖPNV haben die drei | |
| Parteien noch keine Einigkeit erzielt. So bleibt es den Schlussrunden mit | |
| den Haushältern vorbehalten, über eine Tourismusabgabe oder die Erhöhung | |
| der Parkgebühren zu entscheiden. Dass letztere teurer werden müssen, hat | |
| selbst Franziska Giffey eingeräumt. „20,20 Euro im Jahr sind ein extrem | |
| niedriger Betrag.“ Das stünde in keinem Verhältnis. „Wir sind uns einig, | |
| dass das angepasst werden muss.“ | |
| Linken-Kultursenator Klaus Lederer, der unter dem Jackett ein T-Shirt mit | |
| der Aufschrift „Impfen schützt auch die Kultur“ trug, betonte, dass für d… | |
| Ausbau etwa der Tramlinien am Ostkreuz und in der Turmstraße zusätzliche | |
| Planungskapazitäten nötig seien. Außerdem „wollen wir das Semesterticket | |
| stabil halten und finanzieren“, betonte Lederer, bevor er wieder mit Giffey | |
| und Jarasch in den Verhandlungsraum eilte. | |
| Bis Mitternacht am Freitag wollten SPD, Grüne und Linke die ersten Punkte | |
| aus dem Kapitel Stadtentwicklung und Wohnen beraten. Am Samstag sollen die | |
| Verhandlungen dazu dann fortgesetzt werde. Falls es auch da, wie zu | |
| erwarten ist, knirscht, ist auch noch der Sonntag für Stadtentwicklung | |
| reserviert. | |
| Spätestens Donnerstag soll der Koalitionsvertrag dann stehen, betonte | |
| Franziska Giffey. Denn dann muss das, worauf sich SPD, Grüne und Linke | |
| einigen, wegen des Mitgliederentscheids der Linkspartei in den Druck. | |
| 19 Nov 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.berlin.de/sen/uvk/presse/pressemitteilungen/2021/pressemitteilu… | |
| [2] https://www.i2030.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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