# taz.de -- Gespräche über Rot-Grün-Rot: Lächeln vor dem Schlagabtausch | |
> Die Koalitionsrunde an diesem Mittwoch ist bisher der größte Test für die | |
> Verhandler. Denn es geht um die Streitthemen Verkehr und Umwelt. | |
Bild: Die Koalitionsverhandler am Mittwochmorgen auf dem Weg zur Arbeit auf dem… | |
Berlin taz | Noch scherzen sie miteinander, schauen lächelnd in die | |
Fernsehkamera des RBB und in diverse Fotoobjektive. Es ist ja auch erst | |
kurz vor halb elf, die neue Runde der rot-grün-roten | |
Koalitionsverhandlungen hat noch gar nicht begonnen und damit auch nicht | |
der mutmaßliche Streit über das, was schon seit längerem als „dicker | |
Brocken“ der Gespräche gilt. Verkehr, Umwelt und Klimaschutz stehen heute | |
auf der Tagesordnung, die Verhandler treffen sich im Wasserwerk auf dem | |
Euref-Campus, einem Backsteinbau, der schon diverse politische Hoch-und | |
Tiefpunkte erlebte. Es ist der bislang wichtigste Tag der Verhandlungen – | |
der mit dem größten Konfliktptential. | |
Hier am Schöneberger Gasometer, wo etwa die SPD bei einem Sommerfest 2014 | |
über den Dreikampf bei der Wowereit-Nachfolge diskutierte oder CDU-Mann Kai | |
Wegner die Ablösung seiner Parteichefin Monika Grütters ankündigte, geht es | |
nun um Streitfragen wie eine City-Maut und das 365-Euro-Ticket. Ersteres | |
wollen unter den drei Verhandlungspartner allein die Grünen, das Zweite ist | |
eine SPD-Forderung. | |
Grundsätzlich geht es darum, wie sich die Verkehrswende mit mehr Bussen und | |
Bahnen bezahlen lässt. Gesucht wird eine dritte Finanzierungsquelle neben | |
den beiden bisherigen, nämlich Fahrscheinverkauf und Zuschüssen aus dem | |
Landeshaushalt. Bei der SPD schienen zuletzt Maut oder auch eine sogenannte | |
Nahverkehrsabgabe – die bei den Sozialdemokraten als „Zwangsticket“ läuf… | |
weiter nicht durchsetzbar. | |
Für 18 Uhr haben die Verhandler ein Pressestatement angekündigt. Doch | |
scheint das illusorisch. Schon über die weit weniger strittigen Themen | |
Kultur und Sport dauerten die Gespräche vergangene Woche elf Stunden. Zudem | |
geht es an diesem Morgen noch nicht mal pünktlich los. Viertel vor zehn | |
sollten sich alle für ein Foto vor dem Gasometer gleich neben dem | |
Wasserturm aufstellen, doch dazu kommt es erst über eine halbe Stunde | |
später. | |
## Absichtliches Hinauszögern? | |
Möchte man die vielleicht nicht ganz so vergnügsamen strittigen Gespräche | |
noch ein bisschen hinauszögern? Oder vorher Dinge im ganz kleinen Kreis | |
vorbesprechen? Die Verhandler geben sich jedenfalls guter Dinge. Geheime | |
Vorrunden gibt es aber offensichtlich nicht: Denn Grünen-Chefverhandlerin | |
Bettina Jarasch steuert, ganz in Schwarz gekleidet, aber gleichfalls | |
fröhlich, erst kurz vor offiziellem Beginn das Wasserwerk an. | |
Dafür, dass diese Menschen seit Wochen quasi täglich oft bis spät abends | |
verhandeln – mal in diesem Kreis, mal in Parteigremien und Arbeitsgruppen – | |
sehen alle noch relativ fit aus. Andreas Geisel, Innensenator und einer der | |
SPD-Vizelandeschefs, fährt vor dem großen Gruppenfoto noch eine | |
Extraschicht vor einer Fernsehkamera. Um das Fußball-Lokalderby Union gegen | |
Hertha am Samstag sei es gegangen, erzählt er danach einer Gruppe um die | |
Grünen-Fraktionschefinnen Antje Kapek und Silke Gebel. | |
Dann schiebt Geisel noch Überraschendes hinterher: Er, der langjährige | |
Lichtenberger Bezirkspolitiker, werde immer wieder als Anhänger der im | |
benachbarten Köpenick beheimateten Union dargestellt. Das sei aber gar | |
nicht so sei. Geisels Begeisterung gehört, so ist zu hören, mehr den | |
Basketballern von Alba. | |
## Viele unstrittige Themen | |
Schließlich ist das Gruppenfoto absolviert, alle verabschieden sich in die | |
journalistenfreie Zone des backsteinernen Wasserturm. Eine Woche lang | |
sollen die Gespräche hier und anderswo noch dauern, dann soll am 24. | |
November der Koalitionsvertrag stehen. | |
Gesetzt ist dafür trotz aller bisherigen Runden eher wenig. Nur | |
gelegentlich haben sich die Verhandler nach einem Treffen konkret | |
festgelegt – wie vergangene Woche, als Jarasch, die SPD-Landesvorsitzende | |
Franziska Giffey und Linksparteichefin Katina Schubert zu später Stunde am | |
Exflughafen Tegel 13 Euro als künftigen Vergabe-Mindeslohn ankündigten. | |
Sonst aber läuft es darauf hinaus, dass es nächste Woche in einer | |
Schlussrunde ein großes Abwägen geben wird. Unbestritten bleibt an diesem | |
Morgen am Rande, dass es mehr inhaltlich unstrittige Wünsche unter den drei | |
Parteien gibt als die Landesfinanzen in den kommenden Jahren absehbar | |
hergeben. Schon vergangene Woche sagte Jarasch der taz: „Wir werden nicht | |
alles gleichzeitig schaffen.“ | |
17 Nov 2021 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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