# taz.de -- Filmfestival Afrikamera im Arsenal: Blick in die Metropolen Afrikas | |
> Die 14. Ausgabe des Filmfestivals Afrikamera läuft im Arsenal und | |
> Humboldt Forum. Das Angebot wurde erweitert bin hin zu Virtual Reality. | |
Bild: Junge Frauen in Ägypten: Doppelleben zwischen familiärer Schleier-Exist… | |
Nach zwei langen Corona-Jahren ist Afrikamera wieder da, herbeigesehnt, mit | |
neuem Schwung und größerem Radius! Die 14. Ausgabe des Berliner | |
Filmfestivals hat Programm und Spielstätten erweitert, bezieht neben dem | |
Arsenal-Kino auch das Humboldt Forum mit ein. Sein Initiator Alex Moussa | |
Sawadogo wurde jüngst zum Leiter des namhaften [1][afrikanischen | |
FESPACO-Filmfestivals von Burkina Faso] gekürt, aus dessen 250 | |
eingereichten Filmen sich das hiesige Filmfestival speisen darf. | |
Die ausgewählten Filme bündelt es unter dem Thema „Urban Africa, Urban | |
Movies“ und kündigt an, sich mit jugend- und popkulturellen Phänomenen in | |
den Metropolen Afrikas zu befassen. Politisches Engagement soll via Kunst | |
und Musik demonstriert, unterschiedliche Publika sollen adressiert werden. | |
Zwischen Namibia, Kongo und Dschibuti werde ein ganzer Kontinent | |
audiovisuell ausgespannt. | |
Neben Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen werden im Humboldt Forum andere | |
künstlerische Formate, auch eine VR-Lounge offeriert. Zur dortigen | |
Eröffnung am Mittwoch sollen Slammer und Musiker Filmsequenzen aus 50 | |
Jahren burkinischer Filmkunst mit Live-Musik und Ciné-Poetry begleiten. | |
Der Dokumentarfilm „Rumba Rules New Genealogies“ (DR Kongo/Kanada/Belgien | |
2020) von David N. Bernatchez und Sammy Baloji wird die flotten Rhythmen | |
des Brigade Sarbati Orchestra erklingen lassen. Griotgeschichte und | |
Fantasymärchen werden versprochen, Einblicke in die ägyptische Megacity | |
Kairo und ihre junge Generation, die sich nach kulturell-politischem | |
Aufbruch sehnt. Interessant, sicher auch, die Episoden der Fernseh-Serie | |
„Walabok“ (Senegal 2021) der Regisseurin Fatou Kandé Senghor, die | |
senegalesische Hiphop-Kultur im Arsenal präsentiert. | |
## Schöne Bilder von äußerster Armut | |
Dann allerdings, was offenbarte sich anlässlich der Eröffnungsveranstaltung | |
am Montag im Arsenal? Der Spielfilm „The Gravedigger's Wife“ | |
(Dschibuti/Finnland/Deutschland/ Frankreich 2021) des finnisch-somalischen | |
Regisseurs Khadar Ayderus Ahmed, in Cannes unter „Un Certain Regard“ | |
gezeigt: ein Kleinfamilienleben in Dschibuti-Stadt mit Totengräber-Vater, | |
todkranker Mutter und liebevoll helfendem Sohn, schöne Bilder von äußerster | |
Armut, dürrer Wüste und menschlicher Härte – das von Europa erwartete | |
Afrika-Stereotyp? | |
Wie die gemischt-kulturelle Herkunft dieses wie vieler anderer | |
Regisseur:innen ist der Film eine internationale Koproduktion. | |
Neugierig macht die Ankündigung jugendtauglicher Spiel- und Kurzfilme aus | |
dem Sudan, Ägypten und Burkina Faso: „A Journey to Kenya“ von Ibrahim | |
Ahmad, eine Dokumentation über den Bustrip eines Kampfsportteams von | |
Khartum nach Nairobi im Geist der sudanesischen Revolution. Oder der Film | |
„Petit Jo – Enfant des Rues“ (Kamerun/Südafrika 2019) von Daniel Kamwa, … | |
die Geschichte eines mixed-race Waisenjungen auf der Suche nach Identität | |
in den Straßen der kamerunischen Hauptstadt Yaoundé vorführt. | |
In der Langzeitdokumentation „The Disqualified“ (Tunesien/ Katar/ | |
Frankreich 2020) des tunesischen Regisseurs Hamza Ouni sucht ein | |
Exzentriker arbeitslose Jugendlicher mit Mitteln des Theaters aufzuklären. | |
## Der Reisebegleiter als Menschenhändler | |
„Zinder“ (Niger/Deutschland/Frankreich 2021) verspricht Schauplatz einer | |
Dokumentation über gewalttätige Gang- und Jugendkulturen in der | |
zweitgrößten Stadt des Nigers zu sein. „Oliver Black“ (Marokko 2020), | |
Spielfilmdebüt des marokkanischen Regisseurs Tawfik Baba, zeigt einen | |
jungen Mann, der alleine die Wüste durchquert, um in Marokko beim Zirkus zu | |
arbeiten. Lange ahnt er nicht, dass er in seinem Reisebegleiter an einen | |
Menschenhändler geraten ist… | |
Postkoloniale Herausforderungen, unabgegoltene Schuld und Reibungen | |
zwischen traditioneller und zeitgenössischer Existenz werden im | |
Cop-Thriller „Land of the Brave“(Namibia 2019) des deutsch-namibischen | |
Regisseurs Tim Huebschle wie im [2][Spielfilm „Downstream to Kinshasa“ (DR | |
Kongo/Belgien/Frankreich 2020) von Dieudo Hamadi] thematisch, der die | |
Fortwirkungen des Krieges zwischen der ugandischen und ruadischen Armee in | |
der Stadt Kisangani dramatisiert. | |
Hexerei ist Thema von „Juju Stories“ (Nigeria 2021) wie von „The Letter“ | |
(Kenia 2019) der Regisseur:innen Maia Lekow und Christopher King. | |
## Zwischen familiärer Schleier-Existenz und Facebook | |
Im Programm „African Shorts – African Pop Cultures“ stehen Formate im | |
Fokus, die sich afrikanischen Pop-Kultur-Trends widmen, darunter „Adikoro – | |
Women in Music: Ghana“ (Ghana/Deutschland 2021) der deutsch-ghanaischen | |
Regisseurin Pamela-Owusu Brenyah, oder „Souad“ | |
(Ägypten/Tunesien/Deutschland 2021) der ägyptischen Regisseurin Ayten Amin, | |
der junge Frauen in ihrem Doppelleben zwischen familiärer Schleier-Existenz | |
und Facebook-Auftritten porträtiert. | |
Der Dokumentarfilm „Buddha in Africa“ (Südafrika/Schweden 2019) der | |
Südafrikanerin Nicole Schafer stellt Fragen zum wachsenden Einfluss Chinas | |
und zur Preisgabe der eigenen Identität. | |
Das Festival beschließt seinen Bogen mit „Freda“ (Benin/Haiti/Frankreich | |
2021), einer Produktion aus der afrikanischen Diaspora von Gessica Généus: | |
Im unruhigen Port-au-Prince sorgt sich eine Schülerin um die Zukunft ihres | |
zerfallenden Heimatlandes und kämpft gegen die fortschreitende Auslöschung | |
der haitianischen Kultur. Auch dieser Film feierte seine Premiere in | |
Cannes' „Un Certain Regard“. | |
17 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Filmfestival-Fespaco-in-Burkina-Faso/!5805984 | |
[2] /Filmfestival-Dok-Leipzig/!5722682 | |
## AUTOREN | |
Michaela Ott | |
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