# taz.de -- Erstmals auf Innenministerkonferenz: Queerfeindliche Gewalt im Blick | |
> Erstmals widmet sich die Innenministerkonferenz Straftaten gegen LSBTI. | |
> Geplant ist eine bessere Erfassung. Gleiches auch für Gewalt gegen | |
> Frauen. | |
Bild: Protest auch gegen Gewalt gegen Queere, im September in Frankfurt und Slu… | |
BERLIN taz | Erstmals in ihrer fast 70-jährigen Geschichte wird sich die am | |
Mittwoch gestartete [1][Innenministerkonferenz] (IMK) mit | |
[2][queerfeindlicher Gewalt] beschäftigen. „Es ist überfällig, dass sich | |
die IMK mit dem Thema befasst“, sagte Berlins Innensenator Andreas Geisel | |
(SPD) der taz. Er machte den Vorstoß dazu. | |
Geisel fordert eine genauere Erfassung von Straftaten gegen die | |
LSBTI-Community. Er geht von einer hohen Dunkelziffer in dem Feld aus. „Das | |
müssen wir ändern, indem wir beginnen, die Opfer und die Tätermotivation | |
klar zu benennen.“ Zudem soll ein unabhängiges Expertengremium aus | |
Wissenschaft und Praxis, inklusive LSBTI-Vertreter:innen, | |
Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung der Gewalttaten und für die | |
Sensibilisierung der Sicherheitsbehörden erarbeiten. Ziel sei es, die | |
Anzeigen der Straftaten zu erhöhen – da diese nur so verfolgt werden | |
könnten. | |
Das BKA zählte für das vergangene Jahr bundesweit 782 Straftaten aufgrund | |
der sexuellen Orientierung. Laut des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) | |
werden [3][80 bis 90 Prozent der Delikte aber gar nicht angezeigt] oder | |
nicht korrekt registriert. | |
## LSBTI-Community fordert schon lange Maßnahmen | |
LSVD-Vorstand Alfonso Pantisano begrüßte daher den IMK-Vorstoß. Dieser | |
wecke „große Erwartungen“. Endlich nähmen die Verantwortlichen die Rufe d… | |
Community wahr. „LSBTI-feindliche Gewalt bedroht mitten in unserer | |
Gesellschaft tagtäglich Menschen“, erklärte Pantisano. Die IMK müsse nun | |
ein effektives Bund-Länder-Programm dagegen auf den Weg bringen und | |
Hilfseinrichtungen stärken. Die Innenminister:innen müssten | |
„beweisen, dass sie die Sicherheit und den Schutz der queeren Community | |
endlich ernst nehmen“. | |
Auch die baldige Ampelregierung kündigt [4][in ihrem Koalitionsvertrag] an, | |
die Erfassung queerfeindlicher Kriminalität zu verbessern. Diese soll | |
künftig auch als strafverschärfend gesetzlich festgeschrieben werden. Zudem | |
soll ein „Nationaler Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und | |
geschlechtlicher Vielfalt“ erarbeitet werden, mit Aufklärungsprogrammen an | |
Schulen oder einem „Diversity Management“ in der Arbeitswelt. | |
## Auch Gewalt gegen Frauen wird zum Thema | |
Die IMK will sich auch der Gewalt gegen Frauen widmen. Hier wurden laut BKA | |
[5][338.637 Frauen im vergangenen Jahr zum Opfer], darunter auch sexuelle | |
Übergriffe und Stalking. Die Innenminister:innen wollen auch hier nun | |
eine bessere polizeiliche Erfassung der Straftaten. Eingeführt werden soll | |
eine bundeseinheitliche Definition – was etwa für den Begriff „häusliche | |
Gewalt“ bisher nicht der Fall ist. | |
IMK-Gastgeber Thomas Strobl (CDU), Innenminister von Baden-Württemberg, | |
erklärte: „[6][Jede dritte Frau] wird im Laufe ihres Lebens Opfer von | |
Gewalt. Das dürfen wir nicht dulden.“ Man wolle Gewalt gegen Frauen „noch | |
entschiedener entgegentreten“. Die Straftaten müssten „enttabuisiert“ und | |
aus dem Dunkelfeld geholt werden. „Wir wollen den Opfern Mut machen, | |
Anzeige zu erstatten.“ | |
Bereits bei der letzten IMK wurde zu diesem Thema eine | |
Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet. Diese soll nun einen ersten Bericht | |
mit Vorschläge auch zu Maßnahmen der Prävention und Bekämpfung vorlegen. | |
Strobl verweist etwa auf das im Juli in seinem Bundesland eingeführte | |
Konzept gegen häusliche Gewalt. Mehrere Behörden beraten sich nun bei | |
Vorfällen gemeinsam in Fallkonferenzen, Opferhilfen werden eingebunden. Die | |
Polizei schuf Koordinierungsstellen und erstellt jetzt anhand von 13 | |
Risikofaktoren Gefährdungsanalysen für eine Gewalteskalation. | |
Auch die Ampel hat hier Pläne. Sie kündigte an, die | |
[7][Istanbul-Konvention], die sich gegen Gewalt gegen Frauen ausspricht, | |
„vorbehaltlos“ umzusetzen, auch mit einer staatlichen Koordinierungsstelle. | |
Die Finanzierung von Frauenhäuser soll mit einem bundeseinheitlichen | |
Rechtsrahmen abgesichert werden. Und die gerichtsverwertbare, vertrauliche | |
Beweissicherung nach Straftaten soll „flächendeckend und wohnortnah“ | |
umgesetzt werden. | |
1 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Innenminister-gegen-Coronaprotest/!5819264 | |
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[4] /Einigungen-der-Ampel-Parteien/!5817741 | |
[5] /Gewalt-gegen-Frauen-in-der-Pandemie/!5817391 | |
[6] /Gewalt-in-der-Partnerschaft/!5813723 | |
[7] /10-Jahre-Istanbul-Konvention/!5766207 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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