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# taz.de -- Gewalt in der Partnerschaft: Im Halbschatten
> Die diesjährigen Zahlen zur Partnerschaftsgewalt taugen nicht für
> schmissige Schlagzeilen – dabei hat Gewalt gegen Frauen System. Es ist
> ein einziger großer Skandal.
Bild: Diskretes Hilfezeichen für Personen in Not (gestellte Szene)
An einem Tag im Jahr ist der Scheinwerfer, der auf das Phänomen „Gewalt
gegen Frauen“ gerichtet ist, einigermaßen hell. Kurz vor dem
Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen am Donnerstag laden [1][die
Familienministerin und der Präsident des Bundeskriminalamts zur
Pressekonferenz]. Die Zahlen zur Partnerschaftsgewalt werden vorgestellt,
die Medien hören zu.
Medial ungünstig ist es, wenn, wie ausgerechnet im Pandemiejahr, die
Zahlenlage nicht eindeutig ist. Zwar sind die Fälle von
Partnerschaftsgewalt 2020 gestiegen, der Trend setzt sich fort. Während der
Lockdowns jedoch scheint die Lage widersprüchlich: Mal gab es mehr, mal
weniger Anzeigen.
Und für eine schmissige Schlagzeile eignet es sich nicht besonders zu
beschreiben, dass es sehr schwer ist, den eigenen Partner anzuzeigen, dass
[2][das Dunkelfeld in diesem Bereich] mit bis zu 90 Prozent immens hoch ist
und dass Forschung fehlt, um das Ausmaß und die Formen von Gewalt gegen
Frauen vor, während und nach Corona ausreichend zu beleuchten. Trotzdem
berichten vor diesem Tag die Medien, manche zumindest.
Je nach Konkurrenz schafft es das Thema auf eine vordere Seite, aber die
Konkurrenz ist hoch. Und innerhalb der Logik von Medien ist der
Neuigkeitswert der Tatsache, dass Frauen hierzulande von ihren Partnern
oder Ex-Partnern zusammengeschlagen werden, nicht allzu groß. Seit Jahren
ist bekannt, [3][dass nahezu jeden dritten Tag eine Frau dabei stirbt].
Kennen wir schon; früher war’s schlimmer.
Etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen tote Frauen, wenn der Täter einen
Migrationshintergrund hat. Dass unter den Tatverdächtigen knapp 70 Prozent
Deutsche sind – geschenkt. Folgt die Methode dann noch eher spektakulären
Mustern (an einem Strick am Auto hinter sich herschleifen) als alltäglichen
(in den eigenen vier Wänden den Kiefer brechen), ist die Chance auf mediale
Aufmerksamkeit tatsächlich da. Ein paar Tage lang zumindest, aber dann ist
doch wieder Fußball.
## In Deutschland im Halbschatten
In manchen Ländern gehen Menschen auf die Straße, um gegen Gewalt gegen
Frauen zu demonstrieren, in Mexiko oder Frankreich zum Beispiel. Sie
fordern Prävention, Schutz, Strafverfolgung der Täter, eine bessere
Ausstattung unterfinanzierter Frauenhäuser und ein Umdenken in der
Gesellschaft. Doch was zumindest mancherorts langsam ins hellere Licht
rückt, liegt in der bundesdeutschen Öffentlichkeit noch im Halbschatten –
auch weil nicht genug berichtet wird: dass Gewalt gegen Frauen und deren
Tötung gesellschaftlich System hat.
Das sollte nicht nur einmal im Jahr auf den vorderen Seiten der Zeitungen
stehen, sondern immer, immer wieder: Es ist ein einziger großer Skandal.
23 Nov 2021
## LINKS
[1] /Gewalt-gegen-Frauen-in-der-Pandemie/!5817391
[2] https://www.mhkbg.nrw/themen/gleichstellung/exitnrw/dunkelfeldstudie-zu-gew…
[3] /Femizid-Film-bei-ZDFinfo/!5811157
## AUTOREN
Patricia Hecht
## TAGS
Feminismus
Schwerpunkt #metoo
Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
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