| # taz.de -- EU will Sanktionen verhängen: Instrumentenkasten gegen Erpressung | |
| > Die EU will bei Handelskonflikten nicht länger den Launen Chinas oder | |
| > anderer Mächte ausgesetzt sein. Sie will bei Streit etwa Zölle verhängen | |
| > können. | |
| Bild: Schwierige Zeiten: Die EU gerät in der Handelspolitik unter Druck | |
| Brüssel taz | Die EU gerät in der Handelspolitik immer öfter unter Druck. | |
| Die USA haben Strafzölle gegen Stahl und Aluminium verhängt und versuchen, | |
| die Ostseepipeline Nord Stream 2 zu stoppen. Auch China übt Druck aus – | |
| [1][zuletzt auf Litauen, gegen das im Streit über Taiwan ein Importverbot] | |
| verhängt wurde. Doch damit soll nun Schluss sein. Um nicht länger den | |
| Launen fremder Mächte ausgeliefert zu sein, will sich die EU-Kommission ein | |
| „Anti-Zwangs-Instrument“ zulegen. Es soll vor allem der Abschreckung | |
| dienen. Der Entwurf, den Vizepräsident Valdis Dombrovskis am Mittwoch in | |
| Brüssel vorlegte, sieht aber auch Gegenwehr vor. | |
| So können bei Erpressungsversuchen aus Drittländern künftig neue Zölle | |
| eingeführt und Einfuhren begrenzt werden. Der Instrumentenkasten sieht auch | |
| Beschränkungen bei Dienstleistungen, Investitionen sowie dem Zugang zum | |
| Binnenmarkt vor. Damit könne sich die EU besser zur Wehr zu setzen, so | |
| Dombrovskis. | |
| „In Zeiten zunehmender geopolitischer Spannungen wird der Handel mehr und | |
| mehr als Waffe eingesetzt“, sagte der Kommissar. Die EU und ihre | |
| Mitgliedstaaten würden zur Zielscheibe wirtschaftlicher Einschüchterung. | |
| „Mit diesem Vorschlag senden wir die klare Botschaft, dass die EU ihre | |
| Interessen entschlossen verteidigen wird.“ | |
| In der Praxis dürfte sich Brüssel aber vor allem gegen Pressionsversuche | |
| aus Peking oder Moskau zur Wehr setzen. Auf Nachfragen zu den umstrittenen | |
| „extraterritorialen Sanktionen“ der USA gegen [2][Nord Stream 2] wich | |
| Dombrovskis aus. Auch den Streit über den Handel mit Iran will er | |
| ausklammern – das sei schließlich Außenpolitik. | |
| ## Regulierung mit Tücken | |
| Konkreter wurde es bei Russland und China. Wenn Russland seine | |
| Gaslieferungen einschränken sollte, um Druck auf die EU oder ihre | |
| Mitglieder auszuüben, wäre das ein möglicher Anwendungsfall, so | |
| Dombrovskis. Auch den Streit zwischen Litauen und China werde man sich | |
| näher ansehen. Litauen hatte im Juli der Bitte Taiwans um Eröffnung einer | |
| Vertretung in Vilnius entsprochen. China hat deshalb den Handel mit | |
| Litaunen komplett gestoppt. | |
| Der Vorfall zeigt auch die Tücken der geplanten EU-Regulierung. China ist | |
| für Litauen ein unbedeutender Handelspartner – es wäre unverhältnismäßig, | |
| auf den Importstopp mit harten Maßnahmen zu reagieren. Zudem ist Litauen in | |
| der Taiwan-Frage vorgeprescht, ohne sich mit der EU abzustimmen. In Brüssel | |
| herrscht deshalb die Sorge, dass einzelne Mitgliedsländer die gesamte EU in | |
| einen Konflikt mit China stürzen und dass dies in einen Handelskrieg | |
| ausarten könnte. Dombrovskis wies diese Sorge zurück. Man werde jeden Fall | |
| sorgfältig prüfen und sich um gütliche Beilegung bemühen. | |
| Kritiker sehen in dem Vorschlag eine [3][Abkehr von der | |
| Welthandelsorganisation (WTO)], die auch für Streitbeilegung zuständig ist. | |
| Für Unruhe sorgt auch, dass die EU-Kommission allein entscheiden will, wann | |
| und wie sie zuschlägt. Schweden stellt die erweiterten Kompetenzen für | |
| Brüssel bereits infrage. | |
| Das Europaparlament signalisiert dagegen Zustimmung. Der Chef des | |
| Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD), begrüßte die „Lizenz zur Gegenwehr�… | |
| Chinas „erpresserischer Druck gegenüber Litauen“ zeige, wie nötig das neue | |
| Instrument sei, sagte der grüne Parlamentarier Reinhard Bütikofer. Einzelne | |
| EU-Staaten wie Ungarn dürften kein Vetorecht erhalten. | |
| 8 Dec 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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