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# taz.de -- China eskaliert Konflikt mit Litauen: Handel komplett gestoppt
> Pekings Vergeltung gegen den baltischen Staat erreicht eine neue
> Eskalationsstufe. Litauens Außenminister fordert Solidarität von der EU.
Bild: Litauische Flagge: China lässt keine Waren mehr aus Litaunen ins Land
Peking taz | Ein vollständiger Handelsboykott gilt unter Staaten als
letztmögliche Eskalationsstufe vor einem militärischen Konflikt. Umso
alarmierender sind die Berichte der litauischen Regierung, dass ihr genau
das widerfährt: Die Volksrepublik China hat den baltischen Staat von seinen
Zollbehörden schlicht „streichen“ lassen. Der bilaterale Handel zwischen
Vilnius und Peking ist vollständig zum Erliegen gekommen. Auf
internationaler Ebene ist dies ein Präzedenzfall sondergleichen.
Der Konflikt nahm seinen Ausgang, als [1][Taiwan] Anfang November ein
Vertretungsbüro in Litauen unter eigener Landesbezeichnung eröffnete.
Chinas Staatsführung, die gegenüber dem Inselstaat territorialen Anspruch
erhebt, wertete das als Affront.
Man zog den eigenen Botschafter aus Vilnius ab und stufte die
diplomatischen Beziehungen auf die sogenannte Geschäftsträgerebene hinab.
Der 3-Millionen-Einwohner-Staat [2][Litauen wusste grundsätzlich], worauf
er sich beim Konflikt mit China einließ: Pekings Staatsmedien haben in den
vergangenen Wochen zunehmend vulgäre Drohungen ausgesprochen. Zuletzt
schrieben sie, dass man die Balten „wie eine Fliege zerquetschen“ könne.
Doch dass die Volksrepublik den gesamten Handel aussetzen könnte, damit hat
Litauen nicht gerechnet.
## Nicht der erste Racheakt
Für die Europäische Union – die für den Außenhandel ihrer Mitglieder
zuständig ist – stellt sich die Frage, wie sie mit diesem Fall umgehen
soll. Pekings Rachemaßnahmen trafen bereits mindestens acht weitere
Staaten. Als Norwegen im Jahr 2010 den Menschenrechtler Liu Xiaobo den
Friedensnobelpreis verlieh, verhängte China ein Exportverbot von
norwegischem Lachs. Und als Australiens Regierung eine Kommission zu den
Vertuschungen zu Beginn der Pandemie in Wuhan forderte, setzte Peking die
Kohlelieferungen aus Down Under aus.
„China verstößt damit gegen jede nur denkbare Regel der
Welthandelsorganisation, da es den Handel selektiv als strategische
Erpressungswaffe einsetzt“, sagt Jakub Janda, der die tschechische
Denkfabrik European Values Center for Security Policy leitet: „Wenn die EU
ernst genommen werden will, muss sie die kollektive wirtschaftliche
Verteidigung eines ihrer Mitgliedsstaaten nach dem Prinzip der
Gegenseitigkeit sanktionieren.“
Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis hat die EU aufgefordert zu
handeln. In einem Brief an EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis sowie den
EU-Außenbeauftragten Josep Borrell heißt es: „Ich möchte Sie bitten, im
Namen Litauens bei den chinesischen Behörden zu intervenieren, um die
derzeitige Situation zu lösen.“
Ob das passieren wird, ist fraglich – nicht zuletzt aufgrund der
zunehmenden wirtschaftlichen Abhängigkeit von China. Zudem ist der Fall
durchaus komplexer gelagert, als es auf den ersten Blick den Anschein
erweckt. Jörg Wuttke, Präsident der europäischen Handelskammer in Peking,
bezeichnet die Vergeltungsmaßnahme als zwar „sehr bedauerlich“, sagt aber
auch klipp und klar: „Den Handel mit anderen europäischen Mitgliedsstaaten
wird das allerdings nicht betreffen. Die hatten schließlich auch nichts zu
sagen, als [3][Litauen ein Handelsbüro in Taiwan eröffnete].“ Anders
ausgedrückt: Litauen hat sich den Streit ohne Absprache mit der EU
eingebrockt – und nun müsse das Land die Suppe auch allein auslöffeln.
Der Schaden für Vilnius ist überschaubar. Litauens Exporte in die
Volksrepublik beliefen sich im Vorjahr auf 300 Millionen Euro, weniger als
1 Prozent der gesamten Ausfuhren. Damit rangiert China unter den
wichtigsten Absatzmärkten gerade einmal auf dem 22. Platz.
6 Dec 2021
## LINKS
[1] /Pekings-Drohgebaerden-gegen-Taiwan/!5801342
[2] /Krise-zwischen-China-und-Litauen/!5814206
[3] /Wegen-Taiwan-Vertretung-in-Litauen/!5816784
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
Litauen
Taiwan
Handel
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China-EU-Gipfel
China
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