# taz.de -- Der Volkstrauertag als Bühne für Rechte: Kränze mit rechtsextrem… | |
> Im niedersächsischen Dötlingen haben Rocker der „Brigade 8 Bremen“ am | |
> Sonntag die Kränze vertauscht. Aktionen wie diese gibt es immer wieder. | |
Bild: Oft auch für Rechtsextreme interessant: Kriegsgräber wie hier in Apolda… | |
Am Volkstrauertag waren die rechtsextremen Rocker zum Gedenken gekommen. Im | |
niedersächsischen Dötlingen haben Anhänger der „Brigade 8 Bremen“ am | |
Sonntag nach der offiziellen Gedenkveranstaltung den Friedhof der | |
Kirchengemeinde aufgesucht. Im Anschluss an die Kranzniederlegung bei den | |
Soldatengräbern durch die Gemeinde und die Kriegsgräberfürsorge räumten sie | |
die offiziellen Kränze weg. Stattdessen legten sie eigene Kränze nieder und | |
stellten Totenlichter auf. Die Schriftzüge offenbarten, wem die | |
Bruderschaft gedenken wollte. Auf einer der Schleifen stand „Ehre & Treue | |
für’s Vaterland“, auf den Lichtern „Ewig lebt der Taten Tatenruhm“. | |
In der rechtsextremen Szene kursieren seit Jahrzehnten Aussagen zur | |
Glorifizierung des deutschen Soldatentums im Ersten und Zweiten Weltkrieg. | |
Nach 1945 etablierten sich auch Parolen zur Relativierung der Verbrechen | |
der Wehrmacht und der SS. „Opa war in Ordnung – unsere Großväter waren | |
keine Verbrecher“ war der Titel einer Kampagne, mit der die Szene ab 1995 | |
auf die Ausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung, | |
„Vernichtungskrieg, Verbrechen der Wehrmacht 1941 – 1944“, reagierte. Noch | |
heute können in Szeneshops Wimpel mit der Parole bestellt werden. Im | |
Angebot sind auch T-Shirts mit dem Bild eines Wehrmachtssoldaten und der | |
Aufschrift „Opa war Soldat – kein Verbrecher!“. | |
Dass der Tatenruhm ewig leben würde, sei ein Spruch aus der Edda, einer | |
Sammlung von Götter- und Heldensagen aus dem 13. Jahrhundert, sagt die | |
Pfarrerin der Dötlinger Gemeinde, Susanne Schymanitz. Bereits am | |
Sonntagabend waren ihr die Totenlichter mit Bezug zu den skandinavischen | |
Sagen aufgefallen. Die Kränze und Lichter der „Brigade 8“ wurden entfernt. | |
Mit der zweiten Pfarrerin der Gemeinde, Claudia Hurka-Pülsch, erklärt | |
Schymanitz: „Als evangelisch-lutherische Kirchengemeinde distanzieren wir | |
uns ausdrücklich von dieser rechten Propaganda und dulden keinesfalls | |
rechtsnationale Äußerungen jedweder Gestalt auf unserem Friedhof oder | |
sonstigem Gelände.“ Die Polizei hat die Kränze sichergestellt und | |
überprüft, ob eine Straftat begangen wurde. | |
Seit der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge 1919 den 14. November als | |
Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkriegs | |
vorschlug, [1][ist der Tag umstritten.] 1925 wurde der Volkstrauertag | |
erstmals begangen – und anschließend jahrzehntelang nationalistisch und | |
militaristisch ausgerichtet. | |
1926 sagte der Hamburger Pastor Jähnisch auf der zentralen Gedenkfeier auf | |
dem Ohlsdorfer Friedhof: „Selber riefst du einst in Kugelgüssen: | |
Deutschland muß leben und wenn wir sterben müssen.“ Im Nationalsozialismus | |
wurde der Tag zum Feiertag, dessen Botschaft die Heldenverehrung war. Lange | |
Auseinandersetzungen führten ab 1980 zur Neudeutung, die einem Gedenken | |
aller Opfer von Kriegen gerecht werden sollte. Immer wieder versuchen | |
Rechtsextreme am Volkstrauertag an die nationalsozialistische Deutung | |
anzuknüpfen. | |
18 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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