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# taz.de -- AfD verlegt Geschäftsstelle aufs Land: Flucht ins ehemalige NS-Mus…
> Die niedersächsische AfD hat ihre Zentrale mitten aufs Land in die
> Gemeinde Dötlingen verlegt. Sie hofft, dort den Protesten entkommen zu
> können.
Bild: Aufs Land zu flüchten hilft nicht unbedingt: Protest gegen einen AfD-Par…
Hamburg taz | Der AfD-Landesverband Niedersachsen hat seine neue
Geschäftsstelle in einem ehemaligen Nazi-Musterdorf eingerichtet – mitten
auf dem Land, 130 Kilometer entfernt von der Landeshauptstadt Hannover.
„Wir haben in Brettorf die Möglichkeit, Veranstaltungen und Parteitage
abzuhalten, was uns Planungssicherheit verschafft“, schreibt Frank Horns,
der Pressesprecher des Landesverbandes.
Die neue Geschäftsstelle des Landesverbandes dürfte den Mitgliedern bekannt
sein. Im Schützenhaus in der Gemeinde Dötlingen, Ortsteil Brettorf,
[1][tagte die AfD Niedersachsen schon öfter.]
Die neue Adresse ist nicht gerade repräsentativ. Der Seiteneingang, über
dem ein Schild „Schützenhof Brettorf“ hängt, wirkt solide. Das einstöcki…
Hauptgebäude aus roten Klinkern mit weißen Fenstern strahlt wenig Glanz
aus. Der Eingang aus dem Jahr 1908 wirkt abgenutzt, die Buchstaben des
Gasthofschildes sind abgeblättert. Alles wirkt unscheinbar, wenig
einladend. Immerhin gibt es einen großen Parkplatz.
Der Saal mit Bühne ist mit dem rustikalen Schick des Landgasthofs
eingerichtet. Aus Sicht der AfD dürfte das Bodenständigkeit und Identität
widerspiegeln. In den Räumen hat die AfD schon ihr „1. Sturmfest“
abgehalten. Der Titel spielt auf das Niedersachsenlied an: „Wir sind die
Niedersachsen / sturmfest und erdverwachsen“, intoniert nicht zuletzt von
Heino. Das Lied von 1926 ist wegen seines Heroismus mit Blutmetaphern nicht
jedermanns Sache.
Die Gemeinde Dötlingen gestalteten die Nationalsozialisten ab 1936 zu einem
ihrer Musterdörfer. Der Titel „Reichsmusterdorf“ wurde verliehen, wenn ein
Dorf die „Volksgemeinschaft“ und ländliche Lebensweise vorlebte. Vor
Kriegsende mordete die NS-Organisation „Werwolf“ im Dorf. Noch steht das
Haus der Hitlerjugend mitten im Ort.
Eine Landesgeschäftsstelle auf dem Land hat zwar den Nachteil, dass die
Landtagsabgeordneten und deren Mitarbeitende oder Leute von der Fangemeinde
nicht mal eben bei der Partei vorbeischauen können. Dafür ermöglicht es der
Schützenhof mit seinem Saal, Parteiveranstaltungen ungestört von
[2][Protesten] ausrichten zu können. Zivilgesellschaftliche Interventionen
hatten immer wieder dazu geführt, dass Vermieter bereits geschlossene
Verträge für AfD-Veranstaltungen auflösten.
Die AfD dürfte auch darauf setzen, dass sie in Dötlingen ungestört von
[3][antifaschistischem Widerstand] agieren und sich etablieren kann. Diese
Annahme könnte jedoch eine Fehleinschätzung sein. Bremen ist nur 40
Kilometer entfernt, was es dem regionalen Protest erleichtert,
Unterstützung von auswärts zu organisieren. Bereits 1981 demonstrierten
Menschen gegen eine NPD-Veranstaltung in Dötlingen-Brettorf.
Fachjournalisten dokumentierten dort 2023 ein Seminar der „Jungen
Nationalisten“. 2024 gab es eine Blockade gegen die AfD.
## Breites Bündnis gegen Rechts
So funktioniert das auch anderswo: Seit Jahrzehnten begleitet ein breites
Bündnis in Eschede immer wieder [4][Aktionen der rechtsextremen Szene] auf
dem „Heimathof“ am Rande der Gemeinde. Von einem ruhigen Hinterland für die
Szene kann auch in dieser niedersächsischen Region nicht die Rede sein.
Was die Wahl Dötlingens angeht, kommen auch strategische Überlegungen
hinzu. Pressesprecher Horns findet, dass „der Ort zudem relativ zentral in
Niedersachsen“ liege. Die AfD verspricht sich Wahlerfolge im Nordwesten
Niedersachsens. Sie will sich auch im Oldenburger Land, Ostfriesland,
Ammerland oder dem Emsland festsetzen. „Wir erobern die Städte vom Land
aus“ hatte bereits ein Motto früherer Rechtsextremisten gelautet. Im
September 2026 sind Kommunalwahlen.
Der Landesverfassungsschutz (LVS) beobachtet die AfD seit 2022 als
„Verdachtsobjekt“. Das schreckte Interessierte nicht ab. 2024 hatte die AfD
Niedersachsen nach Auskunft Horns 800 Mitglieder. Mit elf Prozent zog der
lange zerstrittene Landesverband 2022 gestärkt in den Landtag ein und
erwarb 17 Mandate. Bei Umfragen liegt die Partei seit Ende 2024 fest bei 16
Prozent.
16 Oct 2025
## LINKS
[1] /Chaos-bei-AfD-in-Niedersachsen/!5865836
[2] /Demo-gegen-AfD-Veranstaltung-im-Rathaus/!6062882
[3] /Protest-gegen-AfD-Stammtisch-in-Hannover/!6037919
[4] /Neonazis-feiern-Sonnenwende/!6014916
## AUTOREN
Andreas Speit
Andrea Röpke
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Kolumne Der rechte Rand
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