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# taz.de -- Gouverneurswahlen im US-Staat Virginia: Die Spaltung der Nachbarn
> Der traditionelle Swing State Virginia ist immer liberaler geworden. Aber
> bei der Gouverneurswahl am Dienstag könnten die Republikaner gewinnen.
Bild: Hofft, nächster demokratischer Gouverneur von Virginia zu werden: Terry …
Washington taz | Vor den Toren Washingtons herrscht Wahlkampfstimmung, denn
der US-Bundesstaat Virginia sucht einen neuen Gouverneur. Wenn am Dienstag
knapp 6 Millionen Wahlberechtigte ihre Stimme abgeben, dann geht es nicht
nur um das höchste Amt im Bundesstaat, sondern auch um Joe Bidens Zukunft
als US-Präsident.
„Viele Menschen sehen in Virginia so etwas wie die erste Wahl des Jahres
2022. Für diejenigen, die nicht in Virginia leben, ist die Wahl auch
deshalb so spannend, da ein Bundesstaat, den Joe Biden mit mehr als 10
Prozentpunkten für sich entscheiden konnte, in republikanische Hände fallen
könnte“, sagte Politikberater Bob Holsworth gegenüber dem US-Radiosender
WBUR.
Der Bundesstaat an der US-Ostküste ist nicht nur wegen seiner direkten
Nachbarschaft zur US-Hauptstadt von großem politischen Interesse. Für lange
Zeit galt Virginia als ein sogenannter Swing State, gemeint ist damit ein
Bundesstaat, der bei Wahlen mal Demokraten bevorzugt, mal Republikaner.
Doch seit 2008 konnte sich dort immer ein Demokrat bei
Präsidentschaftswahlen durchsetzen.
Auch in Virginias Hauptstadt Richmond haben Demokraten aktuell das
alleinige Sagen. Sie stellen mit Ralph Northam den amtierenden Gouverneur
und haben Mehrheiten in beiden Kammern der General Assembly. Für manche
zählt Virginia mittlerweile sogar zu den liberalsten Bundesstaaten im
ganzen Land.
## Liberal in den Städten, konservativ auf dem Land
„Als junger Mann hätte ich mir niemals vorstellen können, dass Virginia
jemals eine so liberale Richtung einschlagen würde. Virginia hat dem Rest
des Landes und der Welt gezeigt, dass Amerika in der Lage sei, sich zu
verändern, manchmal sogar sehr schnell“, sagte Larry Sabato, Leiter des
Politikzentrums an der University of Virginia, im Interview mit dem
Guardian.
Die [1][Abschaffung der Todesstrafe] und die Legalisierung des
Cannabiskonsums verdeutlichen diese liberalen Tendenzen. Man könnte also
meinen, dass Demokraten in Virginia leichtes Spiel hätten. Doch weit
gefehlt. Virginia ist wie große Teile der USA politisch gespalten. Im
Speckgürtel rund um Washington sowie in den meisten anderen urbanen
Gebieten haben Demokraten klar die Nase vorne, doch Republikaner dominieren
in den ländlichen Gegenden.
Vor allem Trump hat trotz seiner Wahlniederlage, seinen [2][Lügen über
angeblichen Wahlbetrug] und den Ereignissen vom 6. Januar, als ein Mob das
US-Kapitol stürmte, noch immer viele Anhänger.
Für die beiden Spitzenkandidaten – Terry McAuliffe auf demokratischer
Seite und Glen Youngkin bei den Republikanern – geht es also vor allem
darum, die unentschlossen Wähler:innen für sich zu gewinnen. Und diese
sind vor allem in den Vororten der Städte zu finden.
## Streit um „patriotische Bildung“ spaltet
Neben den landläufigen Themen wie Steuern, Kriminalität und Covid-19 ist es
vor allem das Thema Bildung, mit dem beide Kandidaten punkten wollen. Dabei
geht es allerdings nicht einfach um eine Verbesserung der Bildungsqualität
im Bundesstaat, sondern vor allem um den Kampf darüber, was genau an den
staatlichen Schulen unterrichtet werden soll.
Es ist ein Kampf, der im vergangenen Jahr von Donald Trump losgetreten
wurde. Der verkündete im September 2020 die Bildung einer Kommission zur
Förderung der „patriotischen Bildung“ und Ausarbeitung eines
„proamerikanischen“ Lehrplans. Es war ein politischer Schachzug, da immer
mehr Akademiker:innen eine Überarbeitung des Geschichtsunterrichts
forderten, der die Folgen der Sklaverei und des systematischen Rassismus
besser berücksichtigen sollte. „Patriotische Mütter und Väter verlangen,
dass ihren Kindern diese hasserfüllten Lügen über unser Land nicht mehr
unterrichtet werden“, sagte Trump.
Beide Kandidaten haben dieses Thema zur zentralen Frage ihres Wahlkampfes
gemacht. McAuliffe, der schon von 2014 bis 2018 Gouverneur war, will, dass
Bildungsexperten über den Lehrplan entscheiden. Geschäftsmann Youngkin
fordert ein Mitspracherecht der Eltern.
Der Streit hat in vielen Schulbezirken zu Protesten und Ausschreitungen
geführt. Nachbar gegen Nachbar. Eltern gegen Eltern. Und ein weiteres
Sinnbild für eine Nation, die auch zehn Monate nach Bidens Amtsantritt noch
tief gespalten ist. Mit einer [3][im Kongress stockenden Reformagenda],
einer sich nur langsam erholenden Wirtschaft und steigender Inflation
stehen Biden und die Demokraten vor schwierigen Zeiten. Virginia könnte
einen ersten Anhaltspunkt darüber geben, ob sie ihre Mehrheit im Kongress
2022 halten können.
2 Nov 2021
## LINKS
[1] /Hinrichtungen-in-den-USA/!5750420
[2] /Trump-und-die-Republikanische-Partei/!5754319
[3] /Haushaltsstreit-in-den-USA/!5801343
## AUTOREN
Hansjürgen Mai
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