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# taz.de -- Haushaltsstreit in den USA: Kongress in Dauerblockade
> Zwei große Gesetzespakete will US-Präsident Biden durchs Parlament
> bringen – bisher erfolglos. Der Grund: die Flügelkämpfe in seiner eigenen
> Partei.
Bild: Joe gegen Joe: Senator Manchin stellt sich quer gegen Präsident Bidens S…
Berlin taz | Was in diesen Tagen im US-Kongress passiert, hat Auswirkungen
über Jahre. Und zwar egal wie der Streit um die zwei großen Ausgabenpakete
ausgeht, um die Präsident Joe Biden schon im Wahlkampf geworben hat. Über
eine Billion Dollar will er über zehn Jahre für eine Aufbesserung der
maroden [1][Infrastruktur] ausgeben, will Brücken, Straßen und Stromtrassen
erneuern. Und weitere 3,5 Billionen Dollar sollen in die Sozialsysteme
fließen, sollen den Geltungsbereich der staatlichen Gesundheitsversorgung
Medicare ausweiten, Gratiszugang zu Kindergärten und Community Colleges
ermöglichen und vieles mehr.
Bidens Demokrat*innen halten Mehrheiten in beiden Kammern des
Kongresses – aber die sind dünn und alles andere als komfortabel. Oder, wie
die New York Times schreibt: „Große Visionen, kleine Mehrheiten“. Weil sich
also alle Fraktionen der Demokrat*innen auf einen Vorschlag einigen
müssen, wähnen sie alle großes Potenzial, die jeweilige Gegenseite unter
Druck zu setzen.
Da sind zunächst die beiden „moderaten“ demokratischen Senatsmitglieder
Joe Manchin aus West Virginia und Kyrsten Sinema aus Arizona. Beide haben
zwar mit allen anderen Demokrat*innen – und der Zustimmung auch einiger
Republikaner*innen – das Infrastrukturpaket im Senat verabschiedet.
Aber 3,5 Billionen Dollar für Soziales ist ihnen viel zu viel, sie wollen
höchstens eine, vielleicht noch 1,5 Billionen Dollar dafür bewilligen.
Ohne sie geht nichts: Die Republikaner*innen sind geschlossen gegen
das Sozialpaket, und eine Verabschiedung ist nur mit allen
Demokrat*innen und der wahlentscheidenden 51. Stimme von
Vizepräsidentin Kamala Harris möglich.
## Wechselseitige Erpressung unterschiedlicher Fraktionen
Das ruft wiederum den 100-köpfigen [2][linken Flügel] der demokratischen
Fraktion des Repräsentantenhauses auf die Barrikaden. Für sie waren Bidens
Sozialvorhaben der entscheidende Punkt, ihn nach seinem Vorwahlsieg über
ihren Favoriten Bernie Sanders im Wahlkampf 2020 zu unterstützen. Jetzt
fürchten sie, dass genau der Teil von Bidens Agenda nicht zustande kommt,
der ihnen am wichtigsten ist. Und da greifen sie zur Erpressung.
Denn die Zustimmung des Repräsentantenhauses zum Infrastrukturpaket steht
noch aus – und obwohl sie für diese Maßnahme sind, wollen die Progressiven
das Vorhaben blockieren, wenn nicht zuvor auch das Sozialpaket den Senat
passiert hat. Davon wollen wiederum Manchin und Sinema nichts wissen.
Das Ergebnis ist erst einmal Stillstand – und ein angestrengter
Gesprächsmarathon des Weißen Hauses. Die ganze Woche über traf sich Biden
ein ums andere Mal persönlich mit allen Beteiligten. Er besuchte sogar –
ungewöhnlich für einen Präsidenten – eine Fraktionssitzung der
demokratischen Abgeordneten.
## Blockade kann Bidens Präsidentschaft scheitern lassen
Bislang herausgekommen ist allerdings lediglich, dass die Hoffnung auf
Einigung noch nicht gestorben ist und die eigentlich längst angesetzten
Entscheidungen bis Ende Oktober verschoben wurden.
Das allerdings birgt neue Risiken. Denn Mitte Oktober muss der Kongress
auch wieder darüber entscheiden, die Schuldenobergrenze anzuheben. Tut er
das nicht, sind die USA zahlungsunfähig, warnt Finanzministerin [3][Janet
Yellen]. Die Republikaner*innen haben bereits angekündigt, da nicht
mitzuziehen – nach der normalen Geschäftsordnung, die im Senat für diese
Abstimmung eine 60-Stimmen-Mehrheit vorsieht, wäre der Antrag damit bereits
gescheitert.
Die Demokrat*innen können allerdings auf den sogenannten
Reconciliation-Modus wechseln – unter diesen „Versöhnungs“-Regeln reicht
eine einfache Mehrheit. Da müssen dann aber wiederum alle von ihnen
mitmachen – ein weiteres potenzielles Druckinstrument für die Abtrünnigen
Manchin und Sinema.
Schon befürchten Kommentator*innen der US-Medien, dass sich am Ausgang
dieses Streits die gesamte zukünftige Bewertung der Präsidentschaft Bidens
festmachen wird. Im November 2022 sind Kongresswahlen, und traditionell
verliert da die Partei, die gerade das Weiße Haus kontrolliert. Wenn die
auch noch dafür sorgt, dass innerparteilicher Streit in Washington
Stillstand erzeugt, dürften die Verluste noch höher ausfallen.
Ohne demokratische Mehrheiten aber kann Biden jedes weitere grundlegende
Reformvorhaben ad acta legen. So war es auch Barack Obama gegangen: Er
hatte schnell seine Gesundheitsreform durchgebracht – und dann nach
verlorenen Zwischenwahlen nichts mehr. Der Druck auf Biden und die
Demokrat*innen, sich irgendwie zu einigen, könnte nicht größer sein.
4 Oct 2021
## LINKS
[1] /Infrastrukturpaket-in-den-USA/!5790323
[2] /Streit-unter-den-Demokraten-in-den-USA/!5725940
[3] /Janet-Yellen-wird-US-Finanzministerin/!5731327
## AUTOREN
Bernd Pickert
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