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# taz.de -- Distanzierung wegen Brechmitteleinsätzen: Püschel nicht mehr will…
> Die Hamburger Kulturfabrik Kampnagel distanziert sich von einer Lesung
> des Rechtsmediziners Klaus Püschel. Der schade dem Antirassismus des
> Hauses.
Bild: Auf Kampnagel nicht mehr gern gesehen: Rechtsmediziner und Autor Klaus P�…
Hamburg taz | Die Hamburger Kulturfabrik [1][Kampnagel], das große
Aushängeschild politisch engagierter Kunst, distanziert sich öffentlich von
einer Lesung, die dort am Donnerstag stattfinden soll. Denn der Lesende ist
Klaus Püschel, ehemaliger Leiter des Instituts für Rechtsmedizin am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Für seine KritikerInnen ist
er [2][untrennbar verbunden mit den Brechmitteleinsätzen gegen mutmaßliche
DrogendealerInnen], bei denen 2001 der 19-jährige Nigerianer Achidi John
starb.
Während andere Bundesländer die Einsätze daraufhin stoppten, hat man sie am
Hamburger Institut fortgesetzt – bis der Europäische Menschengerichtshof
dem einen Riegel vorschob. Die mit „[3][Distanzierung von der Veranstaltung
mit Klaus Püschel]“ überschriebene Erklärung von Kampnagel verweist darauf,
dass „unter Püschels Leitung“ am Institut bis 2020 weiter Brechmittel
verabreicht wurden, wenn die Betroffenen sich damit einverstanden
erklärten.
Bemerkenswert an der Distanzierung ist, dass die Geschichte allen
Beteiligten gleichermaßen leidig ist: Amelie Deuflhard, Intendantin von
Kampnagel, sagt: „Für niemanden von uns ist es angenehm.“ Bei den
VeranstalterInnen des „Hamburger Krimifestivals“, in dessen Rahmen Püschel
gemeinsam mit der Reporterin Bettina Mittelacher ihr Buch „Sex & Crime.
Neue Fälle aus der Hamburger Rechtsmedizin“ vorstellen soll, scheint es
ähnlich zu sein.
Auf Anfrage der taz schreibt das Team des Krimifestivals, das Hamburger
Abendblatt, Hamburger Literaturhaus und das Buchzentrum Heymann gemeinsam
veranstalten, man werde zum Thema „keine Stellungnahme“ abgeben. Das
gleiche hatte zuvor bereits der Pressesprecher des Literaturhauses,
Christian Möller, gesagt.
## Gegenwind auch aus den sozialen Medien
Warum die Angelegenheit für Kampnagel unangenehm ist? Amelie Deuflhard
sagt, dass sie im Vorfeld immer wieder von BesucherInnen angesprochen
worden sei: Wie könne es sein, dass ein Haus, das eigentlich aufklärerische
Arbeit leisten wolle, jemandem wie Klaus Püschel eine Bühne biete? Das
Vorfeld war ein bundesweites Theaterprojekt zum NSU-Komplex unter dem Titel
„Kein Schlussstrich“, das Vorfeld ist aber auch das Next Culture Symposium
für rassismuskritische Haltung, Solidarität und Weltverbesserung am Tag vor
der geplanten Püschel-Lesung.
Man habe Kampnagel „tokenism“ vorgeworfen, sagt Deuflhard, also einen
lediglich symbolischen Einsatz für Antirassismus. Auch aus den sozialen
Medien kam Gegenwind, die Rote Flora, das autonome Zentrum der Stadt, und
die Antifa verbreiteten einen Tweet, der kritisch nachfragte, warum
Kampnagel Klaus Püschel eine Bühne biete.
Dabei sei, so Deuflhard, nicht immer allen klar gewesen, dass Kampnagel
lediglich als Vermieterin auftrete, dabei aber vertraglich gebunden sei.
„Auf Kampnagel kritisieren wir in unseren Veranstaltungen genau das, wofür
Klaus Püschel kritisiert wird – daher die Distanzierung.“ Eine Diskussion
mit Püschel selbst hält sie für wenig ergiebig, schließlich habe der in 20
Jahren keine Bewegung in seiner Haltung zu erkennen gegeben.
Interessant ist dabei, dass Püschel in vergangen Jahren bereits auf
Kampnagel aufgetreten ist – damals noch ohne Gegenwind. „Denn auch mir
waren die Vorwürfe gegen Püschel lange nicht bekannt.“ Die
VeranstalterInnen wollen laut Deuflhard nun am Auftritt von Püschel
festhalten, der vor wenigen Tagen wegen seiner beruflichen Verdienste vom
Abendblatt zum Hanseaten des Jahres 2021 gekürt wurde.
1 Nov 2021
## LINKS
[1] https://www.kampnagel.de
[2] /24-Todesfaelle-in-Gewahrsam/!5700481
[3] https://www.kampnagel.de/de/service/presse/news/?nid=175&p=1
## AUTOREN
Friederike Gräff
## TAGS
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