Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Steigende Preise bei Öl und Gas: Verbraucherfalle Energie
> Heizen wird in diesem Winter teuer. Die Gründe dafür sind komplex. Andere
> EU-Länder reagieren bereits – auch in Deutschland wächst der Druck.
Bild: Schon immer schlecht fürs Klima, jetzt auch für den Geldbeutel: Heizöl…
Der anstehende Winter könnte viele Haushalte in finanzielle Bedrängnis
bringen. [1][Davor warnen inzwischen nicht mehr nur Verbraucherschützer].
Grund sind die massiven Preissteigerungen bei Gas und Erdöl. Das führt zu
steigenden Spritpreisen, vor allem jedoch zu Mehrausgaben fürs Heizen.
Das Vergleichsportal Verivox hat die ersten Auswirkungen der Preissprünge
auf dem Wärmemarkt schon einmal ausgerechnet. Die bisher von den Versorgern
angekündigten Gaspreiserhöhungen liegen demnach bei durchschnittlich 12,9
Prozent. Bei einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden entspricht
dies einem Plus von 189 Euro. „In den kommenden Wochen erwarten wir eine
große Preiswelle beim Gas“, sagt Verivox-Experte Thorsten Storck.
Beim Heizöl sieht es für alle, die ihre Tanks zu Beginn der Heizsaison noch
nicht gefüllt haben, noch härter aus. Hier errechnet das Portal jährliche
Mehrkosten von 735 Euro für einen Musterhaushalt. Denn die
Beschaffungskosten für beide Brennstoffe sind geradezu explodiert.
Der Ölpreis hat sich [2][im Vergleich zum Tiefstand im vergangenen Jahr]
verfünffacht. Der Großhandelspreis für Gas ist ebenfalls in luftige Höhen
gestiegen. Die Teuerung wirkt sich auf einzelne Kunden unterschiedlich aus.
Das hängt unter anderem mit den Verträgen zusammen, die ihr Versorger mit
den Gaslieferanten geschlossen hat.
## Preissteigerungen noch nicht spürbar
„Da es sich bei den derzeitigen Preisspitzen um Großhandelspreise handelt,
spüren die Verbraucher:innen die derzeitigen Marktbewegungen noch nicht
in gleicher Höhe auf ihren Energierechnungen“, stellt der Bundesverband der
Verbraucherzentralen (vzbv) fest. Das wird sich im Januar schon leicht
ändern. Dann steigen die Kosten für die CO2-Abgabe von 25 auf 30 Euro pro
Tonne. Diesen Schub geben die Versorger wohl direkt an die Kunden weiter.
So steigt die Gefahr, dass ärmere Haushalte sich das Heizen bald nicht mehr
wie gewohnt leisten können. Davor warnt auch der Deutsche Städte- und
Gemeindebund. Energie dürfe nicht nur etwas für Reiche sein, sagt
Verbandschef Gerd Landsberg. Die Bundesregierung müsse finanzschwache
Familien unterstützen.
Damit steht der Gemeindebund nicht allein. Der vzbv fordert, bei einem
kalten Winter Gassperren vorerst auszusetzen. Denn immer mehr ärmere
Haushalte hätten Schwierigkeiten, ihre Energierechnungen pünktlich zu
begleichen.
## EU-Länder reagieren mit Preisregulierungen
Die Preisexplosion ist kein deutsches Phänomen. In anderen europäischen
Ländern reagieren Regierungen bereits mit einer Preisregulierung. Spanien
hat Abgaben auf Energie gesenkt. Frankreich deckelt den Gaspreis und will
bedürftigen Haushalten 100 Euro überweisen. Italien unterstützt Unternehmen
und Verbraucher mit einem Milliardenbetrag.
Auch die EU-Kommission hat das Problem erkannt. An diesem Mittwoch will die
Kommission einen „Werkzeugkasten“ vorstellen. Darin enthalten sind jene
Instrumente, die nationale Regierungen im Kampf gegen zu hohe Preise
einsetzen dürfen. Dazu gehören wohl Direktzahlungen an ärmere Haushalte und
Steuersenkungen.
Inwieweit die künftige Bundesregierung aktiv wird, müssen die angehenden
Koalitionäre erst einmal klären. Ein Instrument haben FDP und Grüne in
ihren Wahlprogrammen schon genannt. Beide Parteien wollen die Einnahmen aus
der CO2-Abgabe in Form eines jährlich ausbezahlten Energiegeldes an die
Bürger zurückgeben. Ob das angesichts der rasanten Preisentwicklung an den
Rohstoffmärkten reicht und ob das schnell genug geht, darf bezweifelt
werden.
## Reserven auf niedrigem Niveau
Bleibt die Frage nach den Ursachen des Preisschocks. Ganz genau lässt sich
das nicht klären. Nach Angaben von Fachleuten kommen mehrere Faktoren
zusammen. Die Nachfrage nach Gas war im Frühjahr insbesondere aus Asien
sehr hoch. Schon dies trieb die Preise. Das hohe Preisniveau wiederum
sorgte demnach für zurückhaltende Bestellungen der Betreiber von
Gasspeichern. Sie hofften auf sinkende Beschaffungskosten.
So blieben die Reserven bis heute auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Das
Gas muss zum hohen Marktpreis zugekauft werden. Vermutungen, Russland
liefere nicht genügend Erdgas, um die Betriebnahme der Pipeline Nord Stream
2 zu forcieren, lassen sich nicht belegen.
Auf jeden Fall scheint die Abhängigkeit vom russischen Erdgas zu hoch zu
sein. So fordert DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert ebenso wie der vzbv
den schnellen Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland, um die
Abhängigkeit von Importen zu verringern.
12 Oct 2021
## LINKS
[1] /Finanztip-Chef-zu-hohen-Gaspreisen/!5807799
[2] /Steigende-Oel-und-Gaspreise/!5804516
## AUTOREN
Wolfgang Mulke
## TAGS
Heizkosten
Energieversorgung
Verbraucher
Nordstream
Gaspreise
Atommüllentsorgung
Schwerpunkt Armut
Schwerpunkt Angela Merkel
Schwerpunkt Klimawandel
Energiepreise
fossile Energien
Klimaneutralität
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Atomenergie in Frankreich: Macron will neue Reaktoren
Der französische Präsident Macron kündigt den Ausbau der Atomenergie an.
Greenpeace bezeichnet das als „wirklichkeitsfremd“.
Inflation in Deutschland: Sozialer Ausgleich für hohe Kosten
Die Verbraucherpreise steigen weiter. Besonders Menschen mit wenig Geld
trifft das. Ökonom:innen plädieren für höhere Hartz-IV-Sätze.
Angela Merkels letzter EU-Gipfel: Ovationen trotz magerer Ergebnisse
Die scheidende Kanzlerin bekam in Brüssel viel Applaus. Dabei wurden
Streitfragen wie der Umgang mit hohen Energiepreisen oder Polen allesamt
vertagt.
Befragung der Verbraucherzentrale: Deutsche erwarten mutige Vorgaben
Eine Erhebung der Verbraucherzentrale zeigt: die meisten Deutschen fordern
mehr Klimaschutz und bemängeln die fehlende Digitalisierung.
Neue EEG-Umlage: Weniger Förderung für Erneuerbare
Die EEG-Umlage fällt auf den niedrigsten Stand seit 2012. Grund sind vor
allem steigende Großhandelspreise. Die Energiewende dürfte das
beschleunigen.
Klimaneutrale Wärmeerzeugung: Es geht auch ohne Gas
Das Bündnis Kohleausstieg Berlin hat eine Studie vorgestellt – ihr zufolge
lässt sich Wärme bis spätestens 2035 ganz ohne fossile Energie erzeugen.
Neue Szenarien zur Klimaneutralität: Mehr Tempo, mehr Geld
Der Weg zur Klimaneutralität 2045 ist weit, sagt die Wissenschaft. Heißt:
Das Ausbautempo beim Ökostrom muss sich bis 2030 verdreifachen.
IWF zu Energiesubventionen: Mehr Geld für fossile Energien
Mit 5,9 Billionen Dollar wurden im vergangenen Jahr fossile Energien
weltweit subventioniert. Größter Kostenpunkt: Umwelt- und
Gesundheitsschäden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.