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# taz.de -- Angela Merkels letzter EU-Gipfel: Ovationen trotz magerer Ergebnisse
> Die scheidende Kanzlerin bekam in Brüssel viel Applaus. Dabei wurden
> Streitfragen wie der Umgang mit hohen Energiepreisen oder Polen allesamt
> vertagt.
Bild: Polens Premier Mateusz Morawiecki im Gespräch mit Ursula von der Leyen u…
Zum Abschied gab es Ovationen. Nach ihrem wohl letzten EU-Gipfel spendeten
26 europäische Staats- und Regierungschefs der scheidenden deutschen
Kanzlerin Angela Merkel am Freitag in Brüssel stehend Beifall. „Du bist ein
Monument“, sagte Ratspräsident Charles Michel. Ein Gipfel ohne Merkel sei
wie Rom ohne Vatikan oder Paris ohne Eiffelturm.
Luxemburgs Premier Xavier Bettel würdigte die CDU-Politikerin als
„Kompromissmaschine“. “Frau Merkel hat meistens doch etwas gefunden, das
uns verbindet“, sagte er. Nach ihrem 107. Europäischen Rat – die offizielle
Bezeichnung für die EU-Gipfel – fällt die Bilanz der Kanzlerin allerdings
mager aus.
Fast fünf Stunden diskutierten die 27 Mitgliedsländer über die
[1][Energiepolitik und den Gaspreisschock], rund zwei Stunden über Polen
und den Rechtsstaat. Doch auf Maßnahmen konnten sie sich nicht einigen,
alle Streitfragen wurden vertagt. Merkel stand bei ihrem Abschied nicht für
Kompromisse, sondern für Abwiegeln und Aussitzen.
Das fing schon [2][beim Streit um Polen] an. „Wir müssen Wege und
Möglichkeiten finden, wieder zusammenzukommen“, erklärte Merkel – und
wehrte Sanktionen gegen die PiS-Regierung in Warschau ab. Das
Europaparlament hatte Geldstrafen gefordert, weil Polen den Vorrang des
EU-Rechts infrage stellt und die Justiz an die Leine nimmt.
## Druck auf Morawiecki
Auch viele EU-Länder haben den Druck erhöht. Die EU müsse gegenüber
Warschau „hart bleiben“, forderte der niederländische Premier Mark Rutte.
Luxemburg, Belgien und Frankreich drohten Polens Regierungschef Mateusz
Morawiecki mit Konsequenzen. Doch zu Beschlüssen kam es nicht, die
Aussprache blieb geheim.
Am Ende stärkte der Gipfel der EU-Kommission den Rücken. Deren Chefin
Ursula von der Leyen soll gegen Polen vorgehen, aber nicht zu schnell: Erst
sei ein Urteil des Europäischen Gerichtshof zum neuen
Rechtsstaatsmechanismus abzuwarten, hieß es in Brüssel. Doch das wird erst
im Dezember erwartet.
Ebenfalls vertagt wurde der Streit über die Energiepolitik. Spanien,
Frankreich und Griechenland hatten verlangt, den Energiemarkt zu
reformieren, um den rasanten Preisanstieg zu dämpfen. Merkel sprach sich
jedoch für „mehr Markt“ aus. Die Krise könne mit nationalen Maßnahmen
bewältigt werden, mehr sei nicht zu tun.
## Langes Hin und Her
Merkel wandte sich auch gegen den Versuch, Spekulation im Energiemarkt zu
bekämpfen. Spanien, aber auch Polen und Tschechien forderten hierzu einen
EU-Beschluss. Doch nach langem Hin und Her beschloss der Gipfel lediglich,
die Frage zu prüfen. Mit Ergebnissen wird erst im Frühjahr gerechnet.
So brachte der Gipfel weder eine Strategie gegen die Energiekrise noch eine
Lösung im Streit um den Rechtsstaat in Polen. Die „Ära Merkel“ endet mit
einer tief gespaltenen und verunsicherten EU – und einer Art Verbrüderung
zwischen Morawiecki und Marine Le Pen.
In einem Gespräch am Rande habe die Kandidatin des extrem rechten
Rassemblement National für die im April anstehenden französischen
Präsidentschaftswahlen Morawiecki Unterstützung wegen der „inakzeptablen
Erpressung“ Polens durch die EU-Kommission versichert, schrieb Le Pen auf
Twitter.
22 Oct 2021
## LINKS
[1] /Steigende-Oel--und-Gaspreise/!5807903
[2] /Rechtsstreit-zwischen-Polen-und-EU/!5806243
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Schwerpunkt Angela Merkel
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Europäische Union
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Heizkosten
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