# taz.de -- Grünen-Wahlkämpferin Baerbock: Irgendwie dabei | |
> Grünen-Co-Chefin Baerbock will Kanzlerin werden. Sagt sie. Doch | |
> SPD-Kandidat Scholz führt die Umfragen an, Baerbock steht nur auf Platz | |
> drei. Und nun? | |
Bild: Annalena Baerbock steigt aus dem grünen Wahlkampfbus | |
Es sind ein paar schwierige Minuten für Annalena Baerbock. Einige Meter vor | |
der Bühne in Kiel entfernt brüllt ein Herr los, der halb über dem | |
Sperrgitter hängt. Seine Brille sitzt schief, das Haar ist wirr, der | |
Mundschutz hängt ihm unter dem Kinn. „Es ist eine Frechheit, nicht die | |
Wahrheit zu sagen!“ Foltermord, Impfungen, Geoengeneering, der Wind reißt | |
ihm die Worte aus dem Mund. | |
Baerbock hält inne, hört ein paar Sekunden zu, pickt sich dann etwas | |
heraus. Nein, zum Glück gebe es noch kein Geoengeneering, ruft sie. | |
„Klimaschutz bedeutet Kohleausstieg, und wenn auch Sie dafür sind, freut | |
mich das sehr.“ Erleichterter Applaus, zwei Sicherheitsbeamte mit Knopf im | |
Ohr und eng sitzenden Sakkos schieben den Herrn, der nun laut die | |
Nationalhymne singt, von der Bühne weg. | |
Cool bleiben, das Ding durchziehen, weitermachen. Das ist das, worum es für | |
die Kanzlerkandidatin der Grünen geht. Annalena Baerbock tourt mit ihrem | |
zwanzig Leute starken Tross durch Deutschland, drei, vier Auftritte pro | |
Tag, oft 16 Stunden von morgens bis spätabends. Townhall-Meetings auf | |
Marktplätzen, Termine bei Firmen, Initiativen, Regionalzeitungen. Die | |
Grünen haben dafür extra einen grasgrünen Reisebus gemietet, so groß wie | |
der der deutschen Fußballnationalmannschaft. | |
Darin gibt es Stockbetten für Nachtfahrten, eine Bordküche, eine trendige | |
Lounge mit Sesseln und Zimmerpflanzen für Hintergrundgespräche und | |
Social-Media-Filmchen. Alles sollte möglich sein in dem ersten | |
Kanzlerinnen-Wahlkampf der grünen Geschichte. | |
Alles möglich? Tja nun. | |
Es gibt zwei Deutungen, wie der Wahlkampf läuft. Die eine ist, dass die | |
Grünen trotz allem ganz gut dastehen. Die andere, dass sie es gerade | |
versemmeln. Aber der Reihe nach. | |
In Kiel reißt der Himmel auf. Die weiße Stena-Line-Fähre liegt fest vertäut | |
auf der Förde, ein Hafenkran dreht sich, eine Taube tut so, als ob sie eine | |
Möwe sei – und segelt lässig in einer Windböe. Die Kieler | |
Bundestagsabgeordnete [1][Luise Amtsberg] ruft ins Mikrofon, dass Baerbock | |
„wie Arsch auf Eimer“ nach Kiel passe. „Wir trotzen dem Sturm, bis die | |
Sonne wieder scheint. Dafür bist du das Sinnbild, Annalena.“ | |
Das Sinnbild tritt lächelnd auf die Bühne. Baerbock, schwarzes Kleid, | |
auberginefarbene Lederjacke, spricht über die Kraft, die in Deutschland | |
stecke. Diese Kraft, die vor über hundert Jahren auf diesem Platz gewirkt | |
habe, sie brauche man nun, um Deutschland zu erneuern. Sie redet auf dem | |
Platz der Kieler Matrosen, der an den [2][Matrosen- und Arbeiteraufstand im | |
Jahr 1918] erinnert. Jener löste die Novemberrevolution aus, die zum Sturz | |
der Monarchie führte. Schönes Bild, eigentlich. | |
Die Gesellschaft ist weiter, als die Große Koalition denkt, glaubt die | |
Grünen-Spitze. Es brauche nur einen Stupser, dann beginne die ökosoziale | |
Wende von selbst. Bereit, weil ihr es seid. Auf dem gut gefüllten Platz in | |
Kiel funktioniert das gut. Baerbock wird nach dem Grundeinkommen gefragt, | |
nach Agrarsubventionen oder der Cannabis-Legalisierung. Den Leuten geht es | |
um Inhalte, niemand will etwas zu ihren Patzern wissen, den zu spät | |
gemeldeten Nebeneinkünften, dem geschönten Lebenslauf, dem | |
zusammengestoppelten Buch. | |
Am Ende klatschen die meisten freundlich, die junge Frau mit Tuch im Haar | |
und Coffee-to-go-Becher, das Rentnerpärchen in Allzweckjacken, der Vater, | |
der sich sein Baby vor die Brust geschnallt hat. Kleine, nicht | |
repräsentative Umfrage im Publikum. Wie war sie? | |
Ein junger Mann mit blondem Dreitagebart sagt, Baerbock sei ihm zu vage | |
geblieben, etwa bei der Pflegepolitik. Ihn hätte auch interessiert, was sie | |
mit den schmutzigen Kreuzfahrtschiffen machen wolle. Die neben ihm stehende | |
Frau glaubt, die Grünen handelten in der Regierung sowieso anders, als sie | |
vorher sagten. Sie hätten nichts dagegen getan, dass Schrebergärten neben | |
einem Ikea für eine Ortsumgehung planiert worden seien. Die Sache mit den | |
Plagiaten? Halten beide für aufgeblasen. | |
## Die Pläne sind nicht aufgegangen | |
Die Grünen liegen in Umfragen zwischen 16 und 20 Prozent, klar hinter | |
[3][Olaf Scholz] und seiner SPD. Gleich mehrere Grundannahmen von Baerbock | |
und Mit-Spitzenkandidat [4][Robert Habeck] wurden pulverisiert. Weder gibt | |
es einen Zweikampf mit der Union um die Führung des Landes, noch haben sie | |
die Sozialdemokraten als führende Kraft der linken Mitte abgelöst. | |
Stattdessen müssen die Grünen kämpfen, in Schlagweite zu bleiben. Aber wie? | |
Baerbock gießt sich in der Bus-Bordküche heißes Wasser ein und tunkt einen | |
Teebeutel in die Tasse. „Ich komme ja aus dem Sport“, sagt sie. „Nach ein… | |
schwierigen ersten Halbzeit gibt man nicht einfach frustriert auf. Man | |
atmet durch, schüttelt sich, geht raus – und gewinnt das Spiel.“ Baerbock | |
sprang als Jugendliche auf dem Trampolin, aber sie spielte auch Fußball. | |
Beim ersten Fernsehtriell der Kanzlerkandidaten vom letzten Sonntag gelang | |
ihr das Sich-Schütteln gut. Annalena Baerbock argumentierte im Studio in | |
Berlin-Adlershof faktensicher. Sie wirkte freundlich, frisch und dynamisch | |
neben dem unterkühlten Olaf Scholz und dem aggressiven [5][Armin Laschet]. | |
Bei ihrem einminütigen Schlussstatement kam sie als Einzige hinter dem | |
Stehpult hervor und verringerte so die Distanz zu den ZuschauerInnen. Der | |
Auftritt war nicht so sensationell, wie es die Grünen-Fankurve auf Twitter | |
behauptete – aber schon ziemlich gut. | |
In einer Forsa-Umfrage unter 2.500 Befragten kürten die Zuschauer direkt | |
nach dem Triell Scholz zum Sieger, hinter ihm kam Baerbock, dann Laschet. | |
Bei der Frage „Wen fanden Sie alles in allem am sympathischsten?“ waren | |
Scholz (38 Prozent) und Baerbock (37 Prozent) fast gleichauf, während | |
Laschet mit 22 Prozent abgeschlagen auf dem dritten Platz landete. | |
Gute Werte sind das für Baerbock. Bei Fernsehauftritten sind die Infos aus | |
den Parteiprogrammen weniger wichtig als der Sympathiefaktor. Und ihr Ziel | |
hat sie erreicht. Allen zeigen, dass mit den Grünen weiter zu rechnen ist. | |
## Wie viel Veränderung wollen die Bürger? | |
Baerbock lehnt sich im Wahlkampfbus in ihrem Sitz zurück. „Groko versus | |
Veränderung, darum geht es jetzt.“ Die Grünen müssten klar machen, dass es | |
nur mit ihnen einen echten Aufbruch gebe. „Das ambitionslose | |
Sich-Durchwursteln von CDU, CSU und SPD muss ein Ende haben.“ Solche Sätze | |
sagt Baerbock gerade ständig. Das Problem ist nur: Viele Deutsche sehen, | |
dass sich etwas ändern muss – aber zu viel Veränderung ist ihnen | |
unheimlich. Olaf Scholz’ Erfolg beruht ja darauf, Sicherheit und | |
Status-quo-Erhalt zu versprechen. Merkel-Raute. | |
Wie gehen Sie mit diesem Widerspruch um, Frau Baerbock? „Schwierige Frage.“ | |
Debatten wie die über den höheren Spritpreis zeigten, dass Veränderungen | |
immer auch mit Ängsten verbunden seien. „Da müssen wir Grünen eine kluge | |
Balance halten.“ Es sei zum Beispiel richtig gewesen, dass sich die Grünen | |
auf dem Programmparteitag gegen einen noch höheren CO2-Preis entschieden | |
hätten. „Wer die Gesellschaft überfordert, verspielt die vorhandene | |
Bereitschaft vieler Menschen, wichtige Schritte mitzugehen.“ | |
Die grüne Gratwanderung zwischen Beständigkeit und Revolution führt | |
manchmal zu ungewollt komischen Momenten. Neulich veröffentlichte die | |
Partei ihren [6][Wahlwerbespot]. Zur Melodie von „Kein schöner Land in | |
dieser Zeit“, einem Volkslied aus dem Jahr 1840, singen da echte Menschen | |
einen neu gedichteten, grenzdebilen Text („Müssen uns’re Erde wahrn, fürs | |
Leben wird es hier zu warm …“). | |
Auf Twitter ging der Spot sofort viral, in seltener Einhelligkeit lästerten | |
UserInnen über das grüne Biedermeier, das einfach nur „cringe“, also | |
peinlich, sei. Ein Lied der Romantik, ein Priester im Kollar, grillende | |
Männer, Handwerk, Bienen und Natur, die Gesellschaft als Gemeinschaft – „so | |
viel Deutschland hätte sich die CDU nie getraut“, urteilte ein | |
Welt-Journalist. | |
Genau das war Sinn der Sache. Der Spot ziele auf Menschen, die ARD und ZDF | |
schauten – „also auf eine eher ältere Zielgruppe“, sagt Annkathrin Schä… | |
am Telefon, die Kampagnenchefin der Grünen. Aus dieser Gruppe habe man vor | |
der Ausstrahlung „sehr gute Rückmeldungen“ gehabt. Und – singen die Grü… | |
jetzt immer? „Keine Sorge.“ Schäfer lacht. „Permanente Volksliedbeschall… | |
ist nicht geplant.“ Dafür muss man ihnen dankbar sein. | |
Vor gut zwei Monaten, als der Spot aufgezeichnet wurde, wähnten sich die | |
Grünen noch im Duell mit der CDU. Die Scholz-SPD hatte da noch keiner auf | |
dem Zettel. Auch dazu passt die konservativ anmutende Heimattümelei. Ob | |
RentnerInnen tatsächlich begeistert mitsummen, sei dahingestellt. | |
Die Grünen haben ein Problem. Sie führen keinen Kanzlerinnen-Wahlkampf | |
mehr, sondern einen Irgendwie-dabei-sein-Wahlkampf. Ohne Frage wäre ein | |
Ergebnis von 17 Prozent gemessen an den 8,9 Prozent von 2017 ein Erfolg. | |
Aber gemessen an den eigenen Ansprüchen, an dem, was möglich schien, und | |
daran, was durch die Klimakrise auf dem Spiel steht, sind ein paar | |
Ministerjobs in einer Jamaikakoalition nur so mittel-okay. | |
## Zwischen Baerbock und Habeck rumort es | |
Drei Jahre lang taten Baerbock und Habeck so, als sei die SPD scheintot, | |
eigentlich gar nicht mehr vorhanden. Und ausgerechnet Olaf Scholz läuft | |
ihnen nun den Rang ab – und sammelt die frustrierten CDU-WählerInnen ein, | |
die sie selbst begeistern wollten? Das ist schon eine besondere Ironie der | |
Geschichte. | |
Wobei man nun über die unausgesprochene Rivalität zwischen Baerbock und | |
Robert Habeck sprechen muss. Fragt man Grüne, die beide kennen, nach deren | |
Verhältnis, beteuern sie, jenes sei gut, lösungsorientiert oder | |
professionell. Auffällig ist, welches Wort nicht mehr fällt: „vertraut“. | |
Zwischen Habeck und Baerbock hat sich etwas eingeschlichen, was es früher | |
nicht gab. Die Risse in der gespielten Harmonie sind unübersehbar. Zwei | |
Stunden nachdem Habeck am 19. April Baerbock die Bühne als | |
Kanzlerkandidatin überlassen hatte, gab er der Zeit ein sehr ehrliches | |
Interview. Dies sei „der schmerzhafteste Tag“ seiner politischen Laufbahn, | |
räumte er ein. „Nichts wollte ich mehr, als dieser Republik als Kanzler zu | |
dienen.“ | |
Schon vor Jahren wollte Habeck ja mit den Grünen die gesellschaftliche | |
Mitte neu aufrollen. In seinem 2010 veröffentlichten Buch „Patriotismus. | |
Ein linkes Plädoyer“ schreibt er begeistert von den Obama-Wahlkämpfen. | |
Jener kombiniere Pathos und Unangepasstheit. Ähnliches hatte Habeck für | |
Deutschland im Sinn, als er sich 2017 in der Urwahl um die | |
Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl bewarb – und knapp gegen Cem | |
Özdemir verlor. | |
Als Habeck im Januar 2018 zusammen mit Annalena Baerbock den Parteivorsitz | |
übernahm, war das für ihn schon der zweite Anlauf. Für sie nicht. | |
Wesentliche Thesen zur Neuorientierung der Grünen, die ihnen seither | |
ungeahnte Erfolge bescherten, hat er schon vor Jahren aufgeschrieben. Raus | |
aus der Nische, die ganze Gesellschaft adressieren, der einladende Gestus, | |
die versöhnliche Sprache. Keine Angst vor Patriotismus haben, „Kein schöner | |
Land“ lässt grüßen. | |
Ob Habeck heute in ruhigen Minuten denkt, dass Baerbock gerade alles | |
ruiniert? Man weiß es nicht. Er verhält sich loyal – und absolviert eisern | |
ein Mörder-Programm für den Erfolg der Partei. Aber er ließ schon alle | |
spüren, wie sehr ihn die Fehler nervten – etwa die peinlichen Plagiate in | |
Baerbocks Buch. | |
Als ihn die Süddeutsche Zeitung im Juli fragte, wie oft er gedacht habe, | |
dass solche Fehler nicht hätten passieren dürfen, antwortete er: „Mehr als | |
einmal und weniger als hundert Mal.“ Man kann also davon ausgehen, dass | |
Habeck ungefähr 98 Mal „scheiße“ dachte. | |
Was sage er Leuten, die Baerbock für eine Hochstaplerin hielten? „Annalena | |
Baerbock ist eine Frau, die von den Themen und ihrer Umsetzung getrieben | |
ist. Dafür geht sie hohe persönliche Risiken ein, wie man jetzt ja sieht.“ | |
Subtext: Das Buch war eine Riesendummheit. | |
Dann rieb er Baerbock, die Dutzende Textstellen kopiert hatte, noch unter | |
die Nase, dass das Urheberrecht für Kulturschaffende existenziell sei. Auch | |
in der ZDF-Fernsehsendung „Lanz“ machte er Mitte Juli gar nicht erst den | |
Versuch, die Plagiate Baerbocks zu verteidigen. In der Politik gebe es, | |
weil man permanent beurteilt werde, „’ne Art Verführbarkeit, [ein] bisschen | |
[auf] dicke Hose zu machen“. | |
Auf seine freundliche Habeck-Weise meinte er, dass sich Baerbock größer | |
gemacht hätte, als sie sei. Bei Sandra Maischberger sagte er Anfang August, | |
dass bei der Nominierung Baerbocks die „Frauenkarte“ auch ein | |
entscheidendes Kriterium gewesen sei. Das Wort setzte er mit den Fingern in | |
Anführungszeichen. Sagen wir es mal so: Im Inner Circle der Grünen macht | |
man aus seinem Herzen keine Mördergrube mehr. | |
Aber ein [7][Tausch der Kanzlerkandidatur] stand nie im Raum, obwohl es | |
Argumente dafür gegeben hätte. Oder präziser: Dem Autor dieses Textes hat | |
in den vergangenen Wochen niemand gesagt, ernsthaft darüber nachgedacht zu | |
haben. Habecks Ansage („Das ist Kokolores.“) teilten alle. Auch die, die | |
ihn damals vorgezogen hätten. | |
## Indirekt ist der andere Parteichef immer dabei | |
Aber egal ob Baerbock in Kiel redet, im regnerischen Hamburg auf dem | |
Jungfernstieg oder in Hannover: Robert Habeck steht indirekt immer mit auf | |
der Bühne und neben ihm die Frage, ob die Grünen mit ihm besser dran wären. | |
Seine Reden sind packender und nachdenklicher, seine Auftritte lässiger und | |
authentischer. Baerbock bleibt eher auf den ausgetretenen, aber sicheren | |
Pfaden der Parteiprosa, Habeck traut sich mehr. Das liegt an Naturell und | |
Talent, aber auch an der größeren Freiheit, die eine Nummer zwei für sich | |
in Anspruch nehmen kann. | |
Der Reisebus steuert langsam durch eine Einfamilienhaussiedlung 25 | |
Kilometer südlich von Hamburg. Großes Hallo im Restaurant „Lieblingsplatz“ | |
in Seevetal. „Das ist ja die Frau Baerbock!“, „Mal nicht nur im Fernsehen… | |
Eine Kaffeegesellschaft erlebt eine Überraschung. Lange Tische, | |
Blumensträuße, diamantene Hochzeit. Baerbock smalltalkt mit der Jubilarin, | |
fragt, ob es schon Urenkel gebe. Sie scherzt. „Sehen Sie, das hat Ihr Sohn | |
extra für Sie arrangiert.“ Gelächter. | |
In Baerbocks Team wird auf den Wahlkampf von Gerhard Schröder 2005 | |
verwiesen. Jener sei auch über die Marktplätze gezogen – und habe so die | |
Stimmung für die SPD gedreht. Die Plätze seien überall voll mit Leuten (die | |
dann hoffentlich grün wählten), Teenager himmelten Baerbock an (die dann | |
hoffentlich mit ihren Eltern redeten), Frauen flüsterten ihr zu: „Halten | |
Sie durch!“ In der grünen Strategieplanung kommen recht viele Konjunktive | |
vor. | |
Abgerechnet wird dann am Schluss. Je nach Ergebnis droht ein interner | |
Machtkampf zwischen Annalena Baerbock und Robert Habeck. Ampel oder | |
Jamaika? Wer hat den ersten Zugriff auf ein Superministerium? Wer hat die | |
Hosen an in Koalitionsverhandlungen? Habeck wird bei einem mäßigen Ergebnis | |
wenig Lust verspüren, sich wieder hinter ihr einzusortieren. Und er könnte | |
darauf verweisen, dass es mit ihm besser gelaufen wäre, wir hatten es | |
schon. Den Grünen stehen nach dem 26. September spannende Tage bevor. | |
Eine ehemalige Druckereihalle in Hannover, gesetztes Publikum auf | |
Stuhlreihen, eine hell erleuchtete Bühne – das Redaktionsnetzwerk | |
Deutschland hat zu einem Talkformat mit der Kanzlerkandidatin eingeladen. | |
Sascha Harborth stellt sich ans Mikrofon. Harborth, Igelhaare, Hoodie unter | |
dem Sakko, Ring im linken Ohr, war früher der Fußballtrainer von Baerbock, | |
als sie mit 15 im Nachbardorf kickte. Ob ihr in der Politik ihre | |
Siegermentalität von damals helfe? | |
Eigentlich ist die Frage ein Elfmeter, eine freundliche Vorlage, die | |
Baerbock nur verwandeln muss. Umso interessanter ist ihre Antwort. Sie | |
seien ja damals leider nicht nur von Sieg zu Sieg geeilt, sagt sie – und | |
haben in der Kreisklasse gespielt. „Man braucht ein starkes Team, auch das | |
ist ja bei Mannschaftssport immer so.“ Natürlich seien die Grünen mit der | |
ersten Kanzlerkandidatur ihrer 40-jährigen Geschichte ein Wagnis | |
eingegangen. Aber die Herausforderungen seien so groß, dass man nicht immer | |
nur sagen könne, „die Hauptverantwortung sollen mal andere tragen“. | |
Kreisklasse, Team, Wagnis. So richtig überzeugt klingt das alles nicht | |
mehr. Nach ihrem Auftritt geht Baerbock zu Sascha Harborth hinüber, um ein | |
paar Minuten zu plaudern. Dann muss sie los, weiter für ein starkes grünes | |
Ergebnis kämpfen. | |
2 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://luise-amtsberg.de/ | |
[2] https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimarer-republik/revolution-191819/matrose… | |
[3] /Olaf-Scholz-vor-der-Bundestagswahl/!5794166 | |
[4] /Wahlkampf-2021/!5782522 | |
[5] /TV-Triell-der-Spitzenkandidatinnen/!5796774 | |
[6] https://www.youtube.com/watch?v=Em_WUdK5WKI | |
[7] /Gescheiterte-Gruenen-Kanzlerkandidatin/!5784037 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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