# taz.de -- Wohnungsdeal der SPD in Berlin: Linke stellt Bedingungen | |
> 20.000 Wohnungen will Vonovia dem Land verkaufen. Der von SPD | |
> eingefädelte Deal stößt auf Kritik beim Koalitionspartner und bei | |
> Initiativen. | |
Bild: Der Immobilienhai wird immer fetter | |
BERLIN taz | Die Linksfraktion stellt Bedingungen [1][für die geplante | |
Übernahme von 20.000 Wohnungen] aus dem Bestand des Unternehmens Vonovia. | |
Der auf mehr als 2 Milliarden Euro geschätzte Kauf könnte die | |
Handlungsfähigkeit jener drei landeseigenen Wohnungsgesellschaften | |
gefährden, die den Erwerb laut Finanzverwaltung abwickeln sollen, so die | |
Fraktion in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss. Das Land solle | |
deswegen den Gesellschaften Kapital zuschießen. | |
Ende Mai hatten der Regierende Bürgermeister Michael Müller, Finanzsenator | |
Matthias Kollatz (beide SPD) und die Chefs von Vonovia und Deutsche Wohnen | |
verkündet, dass die beiden Wohnungsunternehmen fusionieren sollen. Das | |
[2][Kartellamt hat keine Einwände] dagegen. Der neue Konzern käme auf rund | |
155.000 Wohnungen in Berlin und wäre nach den landeseigenen | |
Wohnungsbaugesellschaften der mit Abstand größte Vermieter. | |
Als Teil der Fusion hatten Müller und Kollatz ausgehandelt, dass das Land | |
über die Gesellschaften Berlinovo, Howoge und Degewo rund 20.000 Wohnungen | |
aus dem Bestand der Vonovia erwirbt. Die beiden Koalitionspartner Grüne und | |
Linke wurden erst unmittelbar vor der Verkündung des Deals informiert. Der | |
SPD wird deswegen [3][ein Wahlkampfmanöver unterstellt,] obwohl man sich im | |
Ziel eigentlich einig ist. „Dies ist eine Riesengelegenheit, | |
Wohnungsbestände unter die Regie der öffentlichen Hand zu bekommen“, | |
betonte auch Stefan Zillich, parlamentarischer Geschäftsführer der | |
Linksfraktion. | |
Allerdings müssten die Bedingungen stimmen, verdeutlichten er und | |
Fraktionschefin Anne Helm am Donnerstag. Zum einen sei der Finanzsenator, | |
in dessen Auftrag die Wohnungsgesellschaften derzeit den Zustand der | |
angebotenen Wohnungen überprüfen, noch die Antworten auf viele Fragen | |
schuldig, so Zillich. Dabei geht es auch um den Preis. Bisher war allgemein | |
von 2,1 Milliarden Euro die Rede; die Linksfraktion sprach nun von 2,3 | |
Milliarden Euro. | |
Zum anderen dürfe der Kauf die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften | |
nicht der Möglichkeit berauben, neue Wohnungen zu bauen. „Das Land muss | |
sich deshalb mit einem Eigenkapitalzuschuss beteiligen“, so Zillich. | |
Außerdem sollten „keine Mondpreise“ gezahlt werden, die Kosten für den | |
Erwerb dürften nicht auf die Mieter*innen abgewälzt werden. Schließlich | |
müsste das Abgeordnetenhaus in die Entscheidung eingebunden werden. Bisher | |
sei das, so Zillich, nicht vorgesehen und auch nicht vorgeschrieben – | |
außer, das Land schieße aus dem Haushalt Geld hinzu. | |
Zillich geht davon aus, dass Anfang August Klarheit besteht, um welche | |
Wohnungen es sich handelt und in welchem Zustand sie sind. Derzeit ist nur | |
bekannt, dass sie sich weitgehend über die Stadt verteilen, aber dass | |
darunter auch Großsiedlungen sind, etwa im Falkenhagener Feld. Zudem sollen | |
Wohnungen mit Asbest belastet und dringend sanierungsbedürftig sein. | |
## Unterstützung von Initiativen | |
Mehrere wohnungspolitische Initiativen unterstützen die Forderung der | |
Linksfraktion nach einem Kapitalzuschuss und einem angemessenen Preis. „Der | |
schlechte bauliche Zustand der angebotenen Bestände muss zu einem niedrigen | |
Kaufpreis führen“, heißt es in [4][einer am Donnerstag veröffentlichen | |
Erklärung] mit fünf Forderungen, unter anderem von Deutsche Wohnen und Co. | |
enteignen, Bizim Kiez und dem Mieterforum Pankow. Es sei nicht | |
nachvollziehbar, warum „im Paket, das dem Land angeboten wird, die einzelne | |
Wohnung rund 25 Prozent mehr kosten soll als die einzelne Wohnung im Paket, | |
das die Vonovia bei der Übernahme der Deutsche Wohnen kauft.“ | |
Die Initiative Kotti und Co., die Mieter*innen in den einstigen | |
Sozialwohnungen am Kottbusser Tor in Kreuzberg vertritt, hatte bereits am | |
Mittwoch die geplanten Bedingungen kritisiert, unter denen der Rückkauf | |
wohl stattfinden soll. Sie spricht in einer Mitteilung von einem | |
„vergifteten Deal“ zwischen SPD und Vonovia, mit dem sich die | |
Sozialdemokraten im Wahlkampf „einen sozialen Anstrich“ verleihen. | |
Denn nach Einschätzung der Initiative soll auch ein Teil jener 2004 unter | |
Rot-Rot für gut 400 Millionen Euro veräußerten Bestände der GSW | |
zurückgekauft werden. Sie seien damals vom SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin | |
verkauft worden mit der Begründung, die notwendige Sanierung der Wohnungen | |
könne nur ein privater Investor leisten. Diese Wohnungen seien aber seitdem | |
nicht saniert worden. | |
„Wir wissen wie die Häuser von innen aussehen, wie oft im Winter die | |
Heizungen ausfallen und im ganzen Jahr die Fahrstühle“, heißt es in der | |
Mitteilung. Und weiter: „Wir wissen wo Asbest ist und wann das letzte Mal | |
saniert wurde (Spoiler: noch gar nicht).“ Die Häuser sind mehr als 40 Jahre | |
alt und noch nie vernünftig instandgesetzt worden. „Oder anders gesagt: die | |
Häuser sind Schrott und verdienen höchstens einen Schrottpreis.“ | |
1 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Land-will-20000-Wohnungen-kaufen/!5772780 | |
[2] /Fusion-von-Vonovia-und-Deutsche-Wohnen/!5783482 | |
[3] /Gruene-Fraktionschefinnen-ueber-die-Wahl/!5778908 | |
[4] https://iniforum-berlin.de/2021/07/fuenf-grundsaetze-zum-ankauf-der-20-000-… | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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