# taz.de -- Präsidentschaftswahl im Iran: Reaktionärer Sieger | |
> Das Ergebnis der Präsidentschaftswahl lässt einen anti-westlichen | |
> Konfrontationskurs erwarten. Die iranische Opposition ist machtlos und | |
> desillusioniert. | |
Bild: Glücklich über den iranischen Wahlausgang. Drei Anhängerinnen mit dem … | |
Die historisch [1][niedrige Wahlbeteiligung im Iran] war der verzweifelte | |
Versuch der Reformorientierten und Gegner des Systems, ihren Unmut Ausdruck | |
zu verleihen. Das Regime hatte in den letzten Jahrzehnten die | |
Wahlbeteiligung als indirektes Zeichen der Unterstützung gesehen, fast | |
schon wie ein Volksentscheid für die Islamische Republik. Den hat die | |
politisch-religiöse Führung nun verloren, nur 48,9 Prozent gingen nach | |
offiziellen Angaben zur Wahl. | |
Das Regime verliert an Legitimität und demokratischen Strukturen. Doch das | |
scheint den Erzkonservativen nicht zu bekümmern. Denn das Lager um | |
[2][Ebrahim Raisi], der bereits als Nachfolger des geistigen und | |
politischen Oberhaupts Ajatollah Ali Chamenei gehandelt wird, gibt sich | |
nicht selbstkritisch, sondern feiert mit Feuerwerk und Gesang den Sieg – | |
ungeachtet, wie wenige Menschen tatsächlich hinter dem Präsidenten stehen. | |
Die Anhänger Raisis wollen„Unabhängigkeit“ von den USA und „Vergeltung�… | |
den Tod des von den USA im Januar 2020 getöteten [3][Qasem Soleimani]. Der | |
iranische General der Revolutionsgarde galt als mächtiger Mann im Iran, die | |
USA tötete ihn im Januar 2020 in Baghdad mit einer Militärdrohne. Das gab | |
der iranischen Führung neues Futter für ihre anti-amerikanische Politik. | |
In einer zum Wahllokal umfunktionierten Moschee hingen Plakate mit Köpfen | |
von Märtyrern, auf einem großen Banner wurde der geistliche und politische | |
Führer, Ajatollah Ali Chamenei zitiert: „Meine Stimme, ein Geschenk für | |
Qasem Soleimani.“ Trump hat mit seiner Politik, sich dem Iran stärker zu | |
widersetzen als jeder andere Präsident zuvor und der Aufkündigung des | |
Nuklearabkommens, dem Regime neue politische Lebenszeit eingehaucht. | |
„Erblinde BBC – Raisi!“ riefen die Unterstützer*innen am Samstagabend | |
auf dem Imam-Hussein Platz in Teheran, auf dem sie ihren Wahlsieg feierten. | |
Es ist ein Sieg der Propaganda. Die alten anti-westlichen Narrative der | |
islamischen Revolution, die für viele vergangen waren, sind wieder | |
aufgewühlt. Diese Politik ist schon lange weit entfernt von der | |
Lebensrealität der Menschen. Einen Umsturz wird es trotzdem nicht geben. | |
Viele religiöse muslimische Frauen möchten den Status quo behalten, anstatt | |
mit Veränderung behelligt zu werden. Die Reformer*innen wurden von den | |
Wahlen verbannt, einer ihrer Anführer sitzt im Hausarrest. Als im November | |
2019 Menschen in Massen gegen die Regierung auf die Straße gingen, | |
verhängte der moderate Präsident Hassan Rohani eine Internetsperre, | |
Sicherheitskräfte schossen direkt auf Demonstrierende, 300 Menschen wurden | |
getötet, mehr als tausend verhaftet. | |
Deshalb haben auch die Moderaten aufgehört, an Veränderung durch Wahlen | |
oder Protest zu glauben. Das führt zur Apathie. Die Politik ist zu einer | |
Parallelwelt geworden. „Wir fühlen nichts mehr“, sagte eine 33-Jährige | |
einen Tag vor der Wahl in einer Shoppingmall. „Es interessiert uns nicht | |
mehr.“ | |
20 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Julia Neumann | |
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