| # taz.de -- Oppositionelle über Wahl im Iran: „Frauen selbst bringen den Wan… | |
| > Trump hatte recht und Irans Reformer sind machtlos, sagt die iranische | |
| > Oppositionelle Faezeh Haschemi Rafsandschani. Sie hofft auf Druck von | |
| > unten. | |
| Bild: Frauen im Iran verzichten trotz möglicher Sanktionen auf ein komplett ve… | |
| taz: Frau Haschemi Rafsandschani, Sie haben vor [1][der Wahl vom | |
| vergangenen Freitag] zum Boykott aufgerufen. Warum? | |
| Faezeh Haschemi Rafsandschani: Weil ich keine Hoffnungen in die Reformer | |
| setze. Wir haben immer für die Reformer gestimmt, damit sie etwas verändern | |
| können. Die vergangenen vier Jahre hatten sie ihre Sitze, aber sie konnten | |
| nichts tun. Sie wurden mehr wie die Konservativen. Also: Wen hätten wir | |
| jetzt wählen sollen? | |
| Ist durch den Boykott nicht eine Chance vertan? Der gemäßigte Kandidat | |
| [2][Hemmati ist Wirtschaftsprofessor] und hätte das Potenzial gehabt, die | |
| Wirtschaft zu verändern. | |
| Hemmati war bereits in der Regierung. Er war Zentralbankchef und in seiner | |
| Amtszeit hat das Geld seinen Wert verloren. Hätte er irgendwas dagegen | |
| unternehmen wollen, hätte er es in seiner Amtszeit machen können. Warum | |
| sollten wir ihm jetzt glauben, dass er etwas verändert? Solange mein Vater | |
| noch da war, dachten Reformer, dass jemand sie unterstützt, aber jetzt | |
| beugen sie sich den Konservativen. | |
| Aber auch unter der Präsidentschaft Ihres Vaters Ali Akbar Haschemi | |
| Rafsandschani gab es Morde an Dissidenten. | |
| Wenn jemand Präsident ist, hat er nicht gleich die Kontrolle über alle | |
| Bereiche. Während Chatamis Präsidentschaft zum Beispiel wurden viele | |
| Zeitungen geschlossen – aber es war nicht seine Schuld, sondern die des | |
| Informationsministeriums. Als ich sechs Monate lang im Gefängnis war, haben | |
| andere Insassen mir gesagt, dass während der Präsidentschaft meines Vaters | |
| Bahai als Minderheit nicht verfolgt wurden. Mein Vater hat sein Bestes | |
| versucht, um die Menschenrechte zu wahren. | |
| Haben Sie sich als Präsidentschaftskandidatin registriert? | |
| Nein. Und hätte ich es gewollt, wäre ich nicht zugelassen worden, weil ich | |
| im Gefängnis gewesen bin. | |
| Auf Clubhouse sagten Sie, Donald Trumps Wiederwahl wäre für Iran besser | |
| gewesen. Doch unter Trump haben sich die Fronten verhärtet. Wäre es nicht | |
| im Interesse der Iraner*innen, zu diplomatischen Beziehungen | |
| zurückzukehren, damit die Sanktionen gelockert werden? | |
| Während der 40 Jahre nach der Revolution haben wir nur dann Veränderungen | |
| gesehen, wenn wir unter Druck gesetzt wurden. Nach dem Interview (auf | |
| Clubhouse, Anm. d. Red.) habe ich viele positive Reaktionen bekommen. Die | |
| Menschen auf der Straße sagen: „Amerika ist nicht der Feind, der Feind ist | |
| die Regierung innerhalb Irans.“ | |
| Die Revolutionsgarden haben auch nach dem Abkommen (Atomabkommen von 2015, | |
| Anm. d. Red.) ihr Raketenprogramm ausgebaut und weiter eine aggressive | |
| Außenpolitik verfolgt. Zum Beispiel fließt das Geld der iranischen Menschen | |
| in Raketen nach Syrien, Libanon und Gaza. Deshalb mochten wir den Druck, | |
| den Trump ausgeübt hat. Ich bin nicht einverstanden mit dieser aggressiven | |
| Außenpolitik und ich bin gegen unsere Einmischung im Jemen und in Syrien. | |
| Aufgrund Ihrer Bekanntheit haben Sie besondere Freiheiten, das System zu | |
| kritisieren. | |
| Ich habe keine politische Position, um etwas zu verändern. Ich nehme auf, | |
| was die Menschen sagen und äußere meine Kritik in den Medien. Ich wurde | |
| sogar von der Universität geschmissen und ins Gefängnis gesteckt. | |
| Wie weit kann die [3][Frauenbewegung in Iran] realistisch kommen? | |
| Wenn Menschen den Druck erhöhen, muss die Regierung etwas verändern. In | |
| Teheran zum Beispiel tragen manche Frauen kein Kopftuch beim Autofahren | |
| oder auf der Straße. Manche Frauen haben damit angefangen, sie sind dafür | |
| ins Gefängnis gekommen, und nun machen es immer mehr. Sie haben auch dafür | |
| gekämpft, ins Stadion gehen zu dürfen. Der Sportminister hat sie nicht | |
| reingelassen, aber die Polizei hat die Türen des Stadions geöffnet, die | |
| Fifa hat gedroht, das Nationalteam von Wettbewerben auszuschließen. Die | |
| Zahl der Frauen, die sich auflehnen, wird größer. Die Frauen selbst bringen | |
| den Wandel, die Regierung kann sie nicht mehr kontrollieren. | |
| 21 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Julia Neumann | |
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