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# taz.de -- Instant-Dramaserie „Loving Her“: Die alltäglichen Begebenheiten
> Die Serie von ZDFneo erzählt alltägliche Geschichten aus dem
> (Liebes-)Leben. Endlich steht dabei nicht ein Hetero-Paar im Mittelpunkt.
Bild: In der Hauptrolle von „Loving Her“: Banafshe Hourmazdi (l.)
Im Schlafanzug und mit drei Pizzen im Arm schlurft Hanna (Banafshe
Hourmazdi) durch Berlins Straßen, als sie ausgerechnet auf ihre Ex-Freundin
Franzi (Lena Klenke) trifft, Arm in Arm mit einer neuen Freundin. Vor fünf
Jahren waren die beiden als Paar zum Studieren nach Berlin gezogen. Doch
verliebt seit Schultagen, leben sie sich in der Hauptstadt auseinander.
Während Franzi das Studium ernst nimmt und sich mit Heimweh herumgequält,
ist Hanna total in Berlin angekommen. Studium? Egal! Hauptsache, feiern und
mit Freund:innen abhängen. Statt miteinander zu sprechen, ignorieren die
beiden das Problem, bis es zur Trennung der beiden kommt.
Wie die Liebe verloren geht: Eine Geschichte, so normal und alltäglich,
dass sie schon unzählige Male in Buch, Film und Fernsehen verhandelt wurde.
Dass die ZDF-Serie „Loving Her“ trotz allem etwas Besonderes ist, liegt
daran, dass Hanna und Franzi ein lesbisches Paar sind. Und die sind im
deutschen Fernsehen noch immer eine Rarität.
Erst im Februar waren 185 Schauspieler*innen an die Öffentlichkeit
gegangen und hatten sich als schwul, lesbisch, bisexuell, trans*, queer,
inter und non-binär geoutet. [1][Mit ihrer Aktion #ActOut] wollen sie
Sichtbarkeit schaffen. Sie fordern diskriminierungsfreies Arbeiten und auch
mehr Diversität in deutschen kulturellen Narrativen. „Queere Liebe ist kein
Nischenthema. Sie war es nie!“, sagt auch „Loving Her“-Regisseurin Leonie
Krippendorf. Und recht hat sie.
## Neuer Trend: Instant-Dramaserien
Während Streaminganbieter wie Netflix mit Serien, wie [2][„Pose“],
[3][„Orange Is the New Black“], [4][„Sex Education“] oder „Feel Good�…
vormachen, wie vielfältiges Begehren erzählt werden kann, hinkt das
deutsche Fernsehen noch ziemlich hinterher. Dass die Öffentlich-Rechtlichen
daran etwas ändern wollen, zeigten sie im Mai mit der [5][Miniserie „All
You Need“] über eine schwule Clique. Und nun zum Ende des Pride Month mit
„Loving Her“, die sie beschämenderweise als erste deutsche lesbische
TV-Produktion bewerben können.
„Loving Her“ ist wie auch schon [6][„Schlafschafe“] oder „Drinnen –…
Internet sind alle gleich“ eine Instant-Dramaserie. Diese werden im
beschleunigten Produktionsprozess hergestellt, damit Aktuelles verhandelt
werden kann.
Hanna ist nach über einem Jahr Coronapandemie zwar fertig mit ihrem
Studium, aber dafür pleite, arbeitslos und ihr Wohnung wurde wegen
Eigenbedarf gekündigt. Sie muss also zurück zu ihren Eltern nach Bielefeld
ziehen – und während sie ihren Kram zusammenpackt, resümiert sie ihr
Berliner (Liebes-)Leben der vergangenen Jahre. Das Ganze ist eine deutsche
Adaption der niederländischen Serie „Anne+“, aus dem Jahr 2018, die gerade
wegen der kommentierenden Erzählerinnenstimme auch stark an die Hulu-Serie
„High Fidelity“ mit Zoe Kravitz in der Hauptrolle erinnert.
## Nichts neues aber schön
In den maximal 13 Minuten langen Episoden begegnen wir verschiedenen
Liebes- und Sexpartnerinnen von Hanna: Lara, deren Leben scheinbar nur aus
Partys, Drogen und Sex besteht. Der Sängerin Anouk, in die sich Hanna Hals
über Kopf verliebt, aber deren Gefühle nicht erwidert werden. Die zwanzig
Jahre ältere Josephine, die nicht nur Hannas Vorgesetzte bei ihrem
Praktikum im Verlag ist, sondern auch noch andere Vorstellungen von ihrer
Affäre hat. Sowie die Medizinstudentin Sarah, mit der eigentlich alles
perfekt läuft, doch die sich nicht sicher ist, ob sie wirklich lesbisch
ist.
Die alltäglichen Begebenheiten werden genutzt, um Größeres zu verhandeln:
der Druck, der hinter einem Coming-out steht, die Stigmatisierung von
Menstruation oder was Hierarchien mit Beziehungen machen können. Obwohl die
Aushandlung der Themen, vor allem aufgrund der Kürze der Episoden, meistens
an der Oberfläche bleibt, gelingt das Ganze. Völlig ohne Klischees kommt
die Serie dabei nicht aus, denn natürlich müssen die lesbischen Frauen
irgendwelchen hetero Männern erklären, dass Sex auch ohne Penis
funktioniert. Ja, wirklich, das geht.
So wirklich neu ist das also alles nicht, aber trotz allem wünscht man
sich, „Loving Her“ würde länger als nur eine gute Stunde dauern. Das liegt
vor allem an der empathischen Figur Hanna, die hervorragend von Banafshe
Hourmazdi („Futur drei“, „Kokon“) gespielt wird.
Durch ihre Augen wirkt eben auch ein ganz normaler Alltag, super spannend.
Und als Zuschauer:in wünscht man sich, ihr Leben noch ein bisschen weiter
begleiten zu dürfen, egal ob in Berlin oder Bielefeld.
30 Jun 2021
## LINKS
[1] /Manifest-actout/!5747692
[2] /Queere-Ballroom-Kultur/!5633798
[3] /Letzte-Staffel-Orange-Is-the-New-Black/!5609077
[4] /Kolumne-Die-Couchreporter/!5567474
[5] /ARD-Dramedy-Serie-All-You-Need/!5765666
[6] /ZDFneo-Serie-Schlafschafe/!5771004
## AUTOREN
Carolina Schwarz
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