# taz.de -- EM-Stadion in Regenbogenfarben: Wer im Glasstadion sitzt | |
> Das grelle Wehklagen nach der Uefa-Entscheidung zum Regenbogen ist | |
> verlogen. Im deutschen Fußball ist es kaum besser. Deswegen outet sich | |
> kein Profi. | |
Bild: Schon im Mai 2019 ein Zeichen gegen Diskriminierung: Eckfahne in der Mün… | |
Es ist zu einfach, im Regime [1][Viktor Orbáns] in Ungarn und im | |
europäischen Fußballverband Uefa die Schuldigen, die fundamentalen | |
Übeltäter dafür zu sehen, dass das Münchner EM-Turnier-Stadion nicht in | |
Regenbogenfarben erstrahlen darf. In Wahrheit ist der viel zu hysterische | |
Protest und das grelle Wehklagen über die Uefa, die als Turnierveranstalter | |
der Fußball-EM die Verregenbogisierung des Spielplatzes samt | |
illuminierbarer Außenhülle untersagt hat, wohlfeil. Als ob jene, die diese | |
Idee überhaupt ins Spiel brachten, darauf hofften, dass die Uefa sich | |
verweigert und Orbán sich empört. | |
Richtig ist, dass in [2][Ungarn Gesetze beschlossen wurden, die faktisch | |
alles Queere, ob nun schwul, lesbisch oder trans, aus der Öffentlichkeit, | |
aus Schulen und Bildungseinrichtungen bei Strafe verbannt sehen will.] Das | |
Münchner Stadion im Namen von Toleranz als Regenbogen zu inszenieren, käme | |
indes einer Belehrung, einem Pranger gleich, einer Geste, die da sagt: Hey, | |
wir sind die Guten und ihr die Bösen. Stimmt ja womöglich auch, für Ungarns | |
Queers ist das Leben im Heimatland mehr als nur beschwerlich geworden, und | |
das schon seit sehr vielen Jahren, als es noch keine Gesetze für Homo- und | |
Transphobes gab. | |
Das deutsche Goodwill pro Queer Culture blamiert sich freilich aus der | |
Sache selbst heraus. Klar: In Deutschland, überhaupt Mitteleuropa, gibt es | |
LGBTI-Kulturen, die auch ungarischen Lesben, Schwulen und [3][trans* | |
Menschen] vielleicht nicht Paradiesisches verheißen, aber erheblich | |
bessere Lebensumstände schon. Nur: Männerfußball ist zwar die zentrale | |
Sportart, das einzige Lagerfeuer der Republik, an dem sich alle irgendwie | |
versammeln können, doch zugleich gibt es in den Profi-Ligen keinen einzigen | |
offen schwulen Fußballer. | |
Vor diesem Hintergrund ist es doch verwunderlich, mit dem Finger auf | |
osteuropäische Länder wie Ungarn zu zeigen. Ist nicht völlig falsch, aber: | |
Ein Profifußballer in Deutschland, der sich als homosexuell outet, hat | |
seinen Marktwert auf Anhieb um 90 Prozent gemindert. Denn zum Bild dieser | |
Sportart gehört eben auch eine nichtschwule Aura. Wer schwul ist und dies | |
nicht belügt, ist aus dem Spiel so gut wie raus. Insofern: Wendet die | |
Zeigefinger von Uefa und Orbán ab – und zeigt gefälligst auf euch selbst. | |
22 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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