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# taz.de -- Regenbogendebatte bei der Uefa: Politische Binde
> Manuel Neuer darf weiter mit Regenbogenbinde auflaufen. Was aber macht
> die Uefa, wenn aus dem harmlosen Statement echter Protest wird?
Bild: Stolzer Kapitän im Pride Month: Manuel Neuer mit Regenbogenbinde
In der wundersamen Welt der Uefa ist alles geregelt. Wo die möglichst süßen
Einlaufkinder vor dem Spiel auf dem Platz zu stehen haben. Wie viele
Sekunden vor dem Anpfiff die Eröffnungszeremonie jedes Spiels beginnt,
welches Bier im Stadion es zu welchem Preis gibt und welche Dinge am
Souvenirstand für die Fans verkauft werden.
Es ist auch festgelegt, wie die Kapitänsbinde auszusehen hat, mit der die
Spielführer auf den Platz laufen. Es ist ein blaues Oberarmband mit dem
Logo der Europäischen Fußballunion Uefa, auf dem das Wort „respect“ zu
lesen ist. Wer eine andere Armbinde trägt, gerät ins Visier der Aufpasser
von der Uefa. Manuel Neuer, dem Kapitän der DFB-Auswahl, ist das passiert.
Der läuft schon den ganzen Monat lang mit einer Kapitänsbinde in den
Regenbogenfarben auf.
Der DFB möchte [1][im gerade stattfindenden Pride Month] damit seine
Unterstützung für Menschen aus der LGBTIQ+-Bewegung zum Ausdruck bringen.
Der Uefa ist das aufgefallen und sie hat eine Untersuchung eingeleitet, um
zu überprüfen, ob die Regenbogenbinde nicht eine Verletzung der Regel
darstellt, nach der politische Botschaften nichts auf dem Feld der EM zu
suchen haben.
Als die Uefa am Sonntagabend mitteilte, [2][dass sie nun doch nichts gegen
Neuers Binde einzuwenden habe], weil sie einer „guten Sache“ diene, wehte
der Shitstorm, in dem sich der Verband befand, noch mit voller Kraft. Was
das wortreiche Gelaber der Uefa für ein „equal game“ und für „respect“
eigentlich wert sei, wenn der Verband eine Regenbogenbinde zum Politikum
erkläre, lautet die Frage hinter der Aufregung im Netz. [3][Ein Tweet, in
dem die Uefa selbst die Pride-Parade 2019 in Amsterdam unterstützt hat],
wurde aus den Untiefen des Netzes hervorgeholt. „Wir sind stolz, dass die
Euro 2020 ein Turnier für alle sein wird“, lautete die Botschaft dazu.
## Ein Stöckchen von der AfD
Derweil hielt ein AfD-Politiker aus Rheinland-Pfalz der Öffentlichkeit ein
Stöckchen hin, über das viele nur allzugern gesprungen sind. Von einer
„Schwuchtelbinde“ sprach der Mann, was ihm und seiner Partei ebenso zu
Reichweite verholfen hat wie der Rüffel dafür von [4][Alice Weidel, der
Fraktionsvorsitzenden der Partei] im Bundestag.
Als die Uefa ihre Ermittlungen eingestellt hat, war das Regenbogenthema
ganz im Sinne der beteiligten Verbände DFB und Uefa längst entpolitisiert.
Neuers Regenbogenbinde war wie die Uefa-Binde mit dem Respect-Aufdruck zu
einem Friede-Freude-Eierkuchen-Statement runtergekocht worden, mit dem sich
Sportverbände [5][gerne mal für ein modernes Menschenbild feiern lassen].
Wie politisch ein Regenbogenstatement sein kann, das zeigt der Antrag aller
Fraktionen im Münchner Stadtrat, mit dem Oberbürgermeister Dieter Reiter
aufgefordert wird, dafür zu sorgen, dass die Münchner EM-Arena am Mittwoch
zum Spiel der Deutschen gegen Ungarn in den Regenbogenfarben erstrahlt.
In der Begründung des Antrags, der am Mittwoch noch verabschiedet werden
muss, heißt es: „Das ungarische Parlament hat am 15. Juni mehrere Gesetze
geändert, mit denen Informationen über Homosexualität und
Transgeschlechtlichkeit verboten werden, die Kindern und Jugendlichen
zugänglich sein könnten. Damit folgt Ungarn der homo- und transphoben
Gesetzgebung Russlands.“ Nun solle also zum Zeichen der Solidarität das
Stadion zum Spiel gegen Ungarn in Regenbogenfarben erstahlen, so wie das
zur Feier des Christopher-Street-Days in München schon mal der Fall war.
## Uefa-ungarische Freundschaft
Mehr als eine Bitte kann es nicht sein, die OB Reiter der Uefa am Montag
vortragen wollte. Denn die Stadt hat draußen in Fröttmaning nicht viel zu
melden. Das Stadion gehört dem FC Bayern München, der für die Zeit des
EM-Turniers die Nutzungsrechte auf die Uefa übertragen hat. Die Uefa wird
also entscheiden müssen, ob sie ein Lichterspiel mitträgt, dessen Ursprung
ausdrücklich in einem politischen Protest gegen Ungarn liegt. Es geht um
mehr als um eine Kapitänsbinde.
Auf Konfrontationskurs mit Ungarn wird die Uefa kaum gehen wollen. Zu sehr
war der Verband in diesem Jahr schon auf das Land angewiesen. Wenn es
aufgrund von Coronarestriktionen nicht möglich war, in einem bestimmten
Land Europapokalspiele durchzuführen, [6][stand Budapest immer als
Ersatzausrichter bereit]. Gerade verhandelt die Uefa darüber, ob
Großbritannien zumindest die VIP-Gäste des im Londoner Wembley-Stadions
geplanten Finalturniers von den immer noch geltenen Quaratänebestimmungen
befreien kann. Als Ersatzausrichter stünde Budapest bereit, heißt es schon
seit zwei Wochen.
Und dann ist da noch etwas. Längst ist natürlich festgelegt, in welchen
Farben die Münchner Arena am Mittwoch erstrahlen soll. Von 21 bis 22.45 Uhr
soll es in den Eurofarben Hellblau und Hellgrün strahlen und ab 22.45 in
Schwarz-Rot-Gold mit der Nationalflagge Ungarns. Wer das Spiel gewinnen
wird, ist dem Vernehmen nach noch offen.
21 Jun 2021
## LINKS
[1] /Nichts-zu-feiern-im-Pride-Month/!5779497
[2] https://twitter.com/DFB_Team/status/1406681156490346496
[3] https://twitter.com/UEFA/status/1157702852413968384
[4] /Illegale-Parteispenden-fuer-Alice-Weidel/!5776999
[5] /Spieler-Protest-bei-der-EM/!5777037
[6] /EM-Begeisterung-in-Ungarn-trotz-Corona/!5777204
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
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