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# taz.de -- Kunstmarkt Berlin: Testballon für eine Messe
> Das ehemalige Amtsgericht Charlottenburg wird zum temporären Kunstraum.
> 24 Berliner Galerien laden in den Amtsalon.
Bild: Bei Esther Schipper zu sehen: Simon Fujiwaras „Who’s Childhood?“, 2…
Auch wenn man es denken könnte: Nein, die Arbeit hätten sie nicht nur
deswegen ausgewählt, weil das Motiv so gut zum Ort passt, erklärt
[1][Carolin Leistenschneider von der Galerie Haverkampf]. „Grid“ heißt die
Malerei der Berliner Künstlerin Okka Esther Hungerbühler, von der die Rede
ist. Eine Frau ist darauf zu sehen, die hinter einem violett aufgesprühten
Gitter beklebt mit glitzerndem Bastelpapier zu schlafen scheint.
Als einen Hinweis auf die Geschichte des Gebäudes könnte man dies deuten.
„Grid“ hängt nämlich aktuell im denkmalgeschützten ehemaligen Amtsgericht
Charlottenburg, woran sich früher im Hinterhof das Frauengefängnis
anschloss.
Haverkampf ist eine von 24 Berliner Galerien, die sich dort auf vier Etagen
verteilt zum sogenannten Amtsalon zusammengefunden haben, einer Art
Pop-up-Salonmesse. Geplant war diese bereits für den Herbst 2020. Aus
bekannten Gründen musste sie zweimal verschoben werden, nun fand sie am
Wochenende parallel zum sogenannten [2][Gallery Weekend] Summer Special
statt – und kann noch darüber hinaus bis zum 24. Juni nach Buchung eines
Zeitfensters besucht werden.
Letztlich handelt es sich um eine recht typische Zwischennutzung eines
Immobilienprojekts: Das ehemalige Frauengefängnis soll irgendwann nach
Corona als Boutiquehotel eröffnen, das Amtsgerichts – wo sich bis vor
Kurzem noch der Showroom des Luxuslampenherstellers Bocci befand – „in
einen multidisziplinären Raum für Kunst, Architektur und Design
transformiert“ werden, eine „interessante und inspirierende Mischung von
Menschen und Ideen“ solle dort „neues Leben in diese historischen Räume“
bringen, wie es in der Pressemitteilung heißt.
Teilnahme auf Einladung
Eine durchaus interessante Mischung stellen auch die Galerien des Amtsalon
dar. Aufgrund des begrenzten Platzes ist es nur eine kleine Auswahl, die
Beteiligten wurden eingeladen – und viele andere eben nicht. Dabei sind
unter anderem Mehdi Chouakri, Carlier Gebauer, Kicken, Guido Baudach, KOW,
Efremidis und Schiefe Zähne. Manche präsentieren einzelne Künstler*innen,
andere einen Überblick übers Programm.
So zeigen Chert Lüdde erstmals neben den Schreibmaschinenzeichnungen von
Ruth Wolf-Rehfeldt auch Gemälde der Künstlerin, Esther Schipper eine neue
Serie von [3][Simon Fujiwara], in der die Comicfigur „Who the Bær“ nach
seiner Identität sucht und Alexander Levy hat unter anderem
Landschaftsmalerei von Julius von Bismarck dabei – eine Fotografie und ein
Video des Künstlers, der auf Lanzarote einen Steinbruch so bemalte, dass
man das Foto davon für einen Stich halten könnte.
Dass hauptsächlich Malerei, Fotografie, Papierarbeiten und eher kleinere
Skulpturen ausgestellt sind, hat praktische Gründe: Einige der Räume sind
recht eng, manche Galerie muss es sich sogar in den Fluren nett machen,
einen Aufzug gibt es nicht. Leichter verkaufen lässt sich solche Ware
bekanntlich auch. Ob der Amtsalon dafür das passende Publikum anlockt, muss
sich noch herausstellen.
Beim Besuch am Freitagnachmittag war jedenfalls nicht gerade viel los, was
freilich an den Slots und dem tropischen Wetter gelegen haben kann. Die
Stimmung unter der Galerist*innen erschien dennoch durchweg entspannt,
der Umgang untereinander freundschaftlich. Bei vergleichsweise günstigen
Mieten für die Galerien ist der Druck eben auch weniger groß.
Eine Fortsetzung des Amtsalons ist bislang nicht geplant. Womöglich wird er
so günstig an dem Standort auch nicht wiederholt werden können. Die
Richtung stimmt aber: Eine solche kleine, lokal ausgerichtete Salonmesse
könnte ein passendes Format für Berlin sein.
20 Jun 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Beate Scheder
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