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# taz.de -- Abschiebungen nach Afghanistan: Ticket in die Zwangsheimat
> Die Lage in Afghanistan ist alles andere als sicher. Neben Terror und
> Gewalt wartet auf die Rückkehrer Ausgrenzung, Diskriminierung und Armut.
Bild: 03.06.2021, Kabul: Afghanisches Sicherheitspersonal inspiziert den Ort ei…
Beim Thema Abschiebungen nach Afghanistan verschließt die Bundesregierung
die Augen vor der Realität. Am Dienstag will sie erneut Menschen nach Kabul
abschieben, obwohl die Sicherheitslage im Land dies nicht erlaubt. Sie
erlaubt es eigentlich seit Jahren nicht, und dennoch hat sich die Lage vor
Ort in den vergangenen Monaten noch weiter verschärft. Darauf weisen nicht
nur die [1][Vereinten Nationen] hin, das zeigen auch die blutigen Anschläge
der vergangenen Wochen und Monate:
Allein bei einem [2][Sprengstoffanschlag vor einer Kabuler Schule] starben
zuletzt mehr als 40 Menschen, die meisten von ihnen waren Schülerinnen. Wie
die Lage erst sein wird, wenn die Nato-Truppen komplett abgezogen sind und
die Taliban und der sogenannte Islamische Staat schalten und walten können,
wie sie möchten, kann mensch sich ausmalen. Wenn mensch es erträgt.
Bislang redeten sich das [3][Innenministerium von Horst Seehofer (CSU)] und
die an den Abschiebungen beteiligten Landesregierungen immer mit zwei
Behauptungen heraus: Erstens, es gebe auch „relativ sichere“ Regionen in
Afghanistan. Zweitens, es sei nicht belegt, dass abgeschobene Afghanen vor
Ort bedroht seien. Dass auch Letzteres Quatsch ist, zeigt eine [4][aktuelle
Studie der Universität Bern].
Diese hat erstmals systematisch erfasst, was den angeblich so ungefährdeten
Rückkehrern und deren Familien in ihrer Zwangsheimat droht. Nämlich Gewalt,
Ausgrenzung, Diskriminierung, Stigmatisierung. Natürlich auch Armut,
Perspektivlosigkeit oder eine [5][Covid-19-Infektion], aber lassen wir das
beiseite. Schließlich soll es hier um das Asylrecht und seine permanente
Missachtung gehen.
Mitgefühl darf man bei einer Regierung, die Menschen wider besseres Wissen
ins Verderben schickt, ohnehin nicht erwarten. Leider ist auch von der
bevorstehenden Innenministerkonferenz Mitte Juni kein Sinneswandel zu
erwarten. Die neuen Erkenntnisse über abgeschobene Afghanen scheinen die
Innenminister jedenfalls kalt zu lassen. Da jeder Abschiebefall
einzeln geprüft werde, heißt es aus dem Hause Seehofer, könne man auch
nicht pauschal von einer Gefahrensituation für Abgeschobene sprechen. Wow!
Das kann man nur als blanken Hohn für die Betroffenen bezeichnen. Das
größte Entgegenkommen, zu dem die Bundesländer bei Abschiebungen nach
Afghanistan bisher bereit waren, ist es, „nur“ Gefährder und Straftäter
abzuschieben – das macht es jedoch nur bedingt besser. Auf der
Innenministerkonferenz dürfte es eher darum gehen, wie man künftig wieder
Menschen nach Syrien abschieben kann.
Den Abschiebestopp in das Bürgerkriegsland hat die Runde ja auslaufen
lassen. Das sagt alles.
7 Jun 2021
## LINKS
[1] https://unric.org/de/afghanistan16042021/
[2] /Terroranschlag-in-Kabul/!5766104
[3] /Abschiebung-nach-Afghanistan/!5596657
[4] https://www.nzz.ch/international/abschiebungen-afghanen-kommen-haeufig-nach…
[5] /Auch-Taliban-kaempfen-gegen-Corona-/!5771614
## AUTOREN
Ralf Pauli
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