# taz.de -- Denkmäler in Friedrichshain-Kreuzberg: Jury von unten | |
> Das Projekt „Denkmalverdacht – Eine kollaborative Inventur“ im | |
> Friedrichshain-Kreuzberg Museum nähert sich mit Rundgängen den Denkmälern | |
> im Bezirk an. | |
Bild: Kommen auf Kieztouren und im FHXB zum Einsatz: die Sammelkarten zu dem Pr… | |
In Stein gemeißelt, aus Bronze gegossen – materialimmanent gesprochen | |
zielen die klassischen Stoffe, aus denen Denkmäler gemacht sind, auf | |
Permanenz. Dabei geht es nicht nur um Witterungsbeständigkeit, sondern auch | |
um das Überdauern historischer Zusammenhänge und Erzählungen der Geschichte | |
in spätere Gegenwarten. Der Plural ist hier entscheidend, denn gleichzeitig | |
werden Denkmäler auch wieder entfernt, ihre Inschriften ganz oder teilweise | |
verändert und vor allem ihre Botschaft in Frage gestellt. | |
Erinnerungsobjekte in Form von Skulpturen verändern weniger ihre permanente | |
Erscheinung als das, wofür sie stehen. | |
Das Projekt „Denkmalverdacht – Eine kollaborative Inventur“ beginnt nun | |
eine Bestandsaufnahme über Denkmäler mit politisch-historischen Bezügen in | |
Friedrichshain-Kreuzberg, die dort bis heute präsent sind. Auf [1][Touren] | |
betrachten Gruppen gemeinsam je 6 von [2][60 Denkmälern] mit Hilfe eines | |
Sets aus Sammelkarten. Der Fokus des Projekts liegt dabei auf | |
dreidimensionalen Erinnerungsobjekten wie Skulpturen und Monumenten. | |
Das Projekt ist eine Kooperation von [3][Die Exponauten], dem [4][FHXB | |
Museum], [5][der Fri-X BERG Jugendkunstschule Friedrichshain-Kreuzberg] und | |
[6][Initiative Schwarze Menschen in Deutschland] und beinhaltet neben den | |
Touren auch eine Ausstellung, Gesprächsrunden und Workshops in der Fri-X | |
BERG. | |
## Neue Formen des Gedenkens | |
Die Sammelkarten zeigen je ein Denkmal, fotografiert von Ute Langkafel, und | |
geben Informationen zu Entstehungszusammenhang und Entwicklungen. Auch | |
jüngere Beispiele sind dabei, wie z. B. die von verschiedenen | |
Künstler:innen gestaltete „Menschenlandschaft“ von 1987, die vom | |
Schlesischen Tor zum May-Ayim-Ufer führt und die Migrationsgeschichte | |
Kreuzbergs würdigt. | |
Der Ansatz lässt die Teilnehmenden zu einer Art Jury von unten werden, die | |
[7][Erinnerungskultur an sich] diskutiert. Wer wird wann zu welchem Zweck | |
geehrt? Braucht Gedenken eine Übersetzung in Objekte? Welchen Personen oder | |
Phänomenen würden wir vielleicht selbst gerne gedenken und in welcher Form? | |
Manchmal muss man Statuen auch vom Sockel stoßen und ins Wasser schmeißen, | |
wie dies letzten Juni in Bristol mit der Statue des Sklavenhändlers Edward | |
Colston geschah, an dessen Stelle kurzzeitig [8][eine Skulptur der | |
BLM-Aktivistin Jen Reid] auftauchte. Der Jahrestag der Aktion war Anlass | |
für eine [9][Veranstaltung im FHXB Museum] zum Auftakt von | |
„Denkmalverdacht“. U. a. diskutierten Michael Jenkins, Filmemacher und | |
Aktivist aus Bristol, und der Politikwissenschaftler und | |
Menschenrechtsaktivist Joshua Kwesi Aikins über koloniale Kontinuitäten und | |
antirassistischen Aktionen im öffentlichen Raum. | |
Im Herbst finden nun weitere Touren statt. Am Samstag, den 11. September, | |
bietet die Kunst- und Kulturvermittlerin Anja Winter von [10][Tastkunst] | |
eine Tour für blinde und sehbehinderte Menschen an. Der Rundgang beginnt am | |
Ostbahnhof in Friedrichshain mit der Statue von Rosa Luxemburg; entlang der | |
East Side Gallery geht es weiter nach Kreuzberg zum Gedenkstein eines | |
Mauertoten und weiter zur „Menschenlandschaft“. | |
6 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://fhxb-museum.de/fileadmin/user_upload/Images/Veranstaltungen/Denkmal… | |
[2] https://umap.openstreetmap.de/de/map/denkmale-fhxb_11131#15/52.5053/13.4218 | |
[3] https://exponauten.de/ | |
[4] https://www.fhxb-museum.de/index.php?id=29 | |
[5] https://www.frixberg.de/ | |
[6] https://isdonline.de/ | |
[7] /Neues-Gedenkkonzept-in-Berlin/!5759201 | |
[8] https://www.theguardian.com/world/2020/jul/15/edward-colston-statue-replace… | |
[9] https://www.fhxb-museum.de/index.php?id=31 | |
[10] https://www.tastkunst.de/ | |
## AUTOREN | |
Noemi Molitor | |
## TAGS | |
taz Plan | |
Friedrichshain-Kreuzberg | |
Denkmäler | |
Gedenken | |
Jugendangebot | |
Deutscher Kolonialismus | |
Black Lives Matter | |
Großbritannien | |
Stadtgeschichte | |
taz Plan | |
taz Plan | |
taz Plan | |
Installation | |
taz Plan | |
Großbritannien | |
Museum | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Theatervorschau für Berlin: Wirklich fort? | |
Erinnerungspolitik und Denkmäler bei „Steinerne Gäste“ im HAU, eine | |
Auferstandene an der Volksbühne und ein ultimatives Ferienlager an der | |
Parkaue. | |
Ausstellung zu Dekolonialem Urbanismus: Klänge der Befreiung | |
Die Ausstellung „Freistaat Barackia: Landscapes of Liberation“ im Kunstraum | |
Kreuzberg zeigt weltweite Praktiken der Dekolonisierung und Solidarität. | |
Die Must-Sees zur Berlin Art Week: Immer etwas zu entdecken | |
Zur Berlin Art Week geht das Gallery Weekend in die zweite Runde, | |
Disappearing Berlin lädt in den Bierpinsel, die KW zur Geburtstagsfeier. | |
Kunstwochen in Berlin: Puppenhaus mit Kammern | |
Von der neuen SOX-Schaufensterausstellung bis zur KGB-Kunstwoche sind eine | |
Woche vor der Berlin Art Week schon viele kritische Positionen am Start. | |
Das war das Kunstjahr 2020: Klare Bekenntnisse | |
Berliner Rückblick auf die wichtigsten Kunstdebatten des Jahres: Von | |
Stadtschloss über Dekolonialisierung bis „Ufer-Manifest“. | |
Gestürzte Statue in Bristol: Black Power ersetzt Sklavenhändler | |
Die englische Stadt Bristol weiß nicht, was mit dem Colston-Denkmalort | |
passieren soll. Ein Künstler hat jetzt einfach Fakten geschaffen. | |
Kolumne Mithulogie: Wir brauchen mehr kritische Museen | |
In den USA hat ein Lynching-Museum eröffnet – und das funktioniert. | |
Deutschland täte eines zur Aufarbeitung seiner Kolonialgeschichte gut. |