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# taz.de -- Deutscher Ärztetag entscheidet: Suizidhilfe im Berufsrecht erlaubt
> Der Ärztetag streicht das Verbot ärztlicher Suizidhilfe aus der
> Berufsordnung. Die ÄrztInnen sehen die Gesetzentwürfe zur Sterbehilfe
> kritisch.
Bild: Sterbehilfe im Berufsrecht nicht mehr verboten: Palliativstation an der U…
Berlin taz | Das Verbot der ärztlichen Hilfe beim Suizid ist vom 124.
Deutschen Ärztetag aus der Muster-Berufsordnung der Bundesärztekammer
gestrichen worden. Vorausgegangen war eine lange Aussprache und Abstimmung
unter über 200 Delegierten.
Bislang galt folgender Paragraph 16 der Muster-Berufsordnung der
Bundesärztekammer: „Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung
ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen
verboten, Patientinnen und Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie
dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.“
Auf Antrag des Vorstands der Bundesärztekammer wurde der dritte Satz dieser
Muster-Berufsordnung gestrichen. Damit kam die Ärzteschaft dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 entgegen. Das Urteil [1][hatte
das Verbot der „geschäftsmäßigen“ Hilfe zum Suizid gekippt] und die
Bundesärztekammer damit unter Druck gesetzt, auch die Berufsordnung
entsprechend anzupassen.
Das Verbot der ärztlichen Suizidhilfe in der Muster-Berufsordnung der
Bundesärztekammer war bisher schon nicht von allen Landesärztekammern in
ihren verbindlichen Berufsordnungen befolgt worden. In einigen
Bundesländern wie Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Sachsen-Anhalt war
die ärztliche Hilfe beim Suizid erlaubt, etwa in Hamburg, Niedersachsen und
Bremen aber verboten. Die Berufsordnungen üben insofern Druck aus, als dass
ÄrztInnen, die dagegen verstoßen, im äußersten Fall mit dem Entzug der
Approbation gedroht werden konnte. Dies kann nun nicht mehr passieren.
## Skepsis gegenüber den Gesetzesentwürfen
Die Delegierten betonten allerdings in mehreren Redebeiträgen, dass der
ärztlich begleitete Suizid keine originär ärztliche Aufgabe sei. Der
Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, betonte, dass „wir
klarmachen, dass wir keine primäre und keine führende Rolle in der
Gangbarmachung des ärztlichen Suizids sein wollen“. Dies betrifft [2][die
Gesetzesentwürfe im Bundestag zur Ausgestaltung der ärztlichen
Suizidassistenz.]
Die drei Gesetzesvorhaben im Bundestag sehen eine Beratungspflicht vor,
bevor Menschen ärztliche Hilfe beim Suizid in Anspruch nehmen können. Dabei
sollen ÄrztInnen, darunter auch PsychiaterInnen, diese Beratungen anbieten.
Im Kern geht es dabei um die Feststellung der „Freiverantwortlichkeit“ des
Todeswunsches, die auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine
Voraussetzung des assistieren Suizids sein soll.
Der Psychiater Christian Kreß aus Sachsen wies darauf hin, dass seine
„tägliche Aufgabe“ sei, die „freiwillige Willensbildung“ der PatientIn…
festzustellen. Der freie Wille sei „nicht so scharf“ abzugrenzen, dass man
dies aus einem Lehrbuch ableiten könne, so Kreß. Mehrere ÄrztInnen wiesen
daraufhin, dass Suizidwünsche auch Depressionen in bestimmten
Lebensepisoden entspringen und die Beurteilung der Dauerhaftigkeit eines
Suizidwunsches schwierig sei. Das Bundesverfassungsgericht hat betont, dass
keine ÄrztIn zur Suizidhilfe verpflichtet werden könne.
Der Arzt Tilman Kaethner aus Niedersachsen warnte allerdings davor, dass
sich ÄrztInnen in der Praxis dann gar nicht an der Suizidhilfe beteiligen
könnten und diese Aufgaben dann „anderen Suizidhelfern“ überlassen werden.
Bisher gibt es in Deutschland mehrere Sterbehilfevereine, die mit ÄrztInnen
zusammen arbeiten, die einen ärztlich begleiteten Suizid anbieten. Auch die
Vereine bieten eine Beratung an, es gibt dafür aber keine einheitlichen
Kriterien.
In der Aussprache der ÄrztInnen wurde deutlich, dass besonders der
„Bilanzsuizid“ oder die Angst vor Pflegebedürftigkeit als Motiv zum Suizid
als nicht akzeptabel gelten. Sterbehilfevereine akzeptieren dies aber
teilweise als Motiv.
5 May 2021
## LINKS
[1] /Urteil-des-Bundesverfassungsgerichts/!5666846
[2] /Gesetzentwuerfe-zur-Sterbehilfe/!5768011
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Sterbehilfe
Beihilfe zum Suizid
Ärztlich assistierter Suizid
Ärzte
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Sterbehilfe
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Schluss jetzt
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