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# taz.de -- Gesetzentwürfe zur Sterbehilfe: Erstmal zum Psychiater
> Es gibt diverse Gesetzesvorschläge für die Suizidassistenz, die aber von
> Sterbehilfevereinen abgelehnt werden. Am Mittwoch debattiert der
> Bundestag.
Bild: „Der Andrang ist groß“, sagt Robert Roßbruch, Präsident der DGHS
Berlin taz | „Schluss.Punkt“ heißt die telefonische Beratungsstelle für
Menschen, die eine Beendigung des eigenen Lebens in Betracht ziehen,
zumeist aufgrund eines schweren Leidens. „Der Andrang ist groß“, sagt
Robert Roßbruch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben
(DGHS), die diese Hotline zusammen mit der Sterbehilfeorganisation Dignitas
seit einem Jahr betreibt.
Es gebe so viele Anfragen in der Beratungsstelle, die nur zehn Stunden in
der Woche besetzt ist, dass nur jedeR DritteR der monatlich 600 bis 700
AnruferInnen überhaupt durchkomme für ein Gespräch, berichtet Roßbruch.
Die DGHS und Dignitas bieten seit einem Jahr die Vermittlung von ÄrztInnen
für den assistierten Suizid in Deutschland an. Nach einem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 ist die Hilfe zum Suizid, auch
die ärztliche Hilfe, straffrei. Die DGHS hat für diesen „begleiteten
Freitod“, wie die Gesellschaft sagt, ähnlich wie Dignitas ein zweistufiges
Verfahren entwickelt, das mehrere Gutachten und Gespräche mit ÄrztInnen und
JuristInnen beinhaltet.
Zum massenhaften ärztlich assistierten Suizid ist es bisher nicht gekommen.
Obwohl die DGHS rund 23.000 Mitglieder hat, bewege sich die Zahl der über
die Gesellschaft vermittelten ärztlich begleiteten Suizide innerhalb eines
Jahres im „zweistelligen Bereich“, so Roßbruch. Die Voraussetzung für den
begleiteten Suizid ist die Mitgliedschaft in einer der Gesellschaften.
## Vier Vorschläge zur Sterbehilfe
Für viele Schwerstleidende biete allein die Möglichkeit, sich mit
ärztlicher Hilfe selbstbestimmt und schmerzfrei das Leben nehmen zu können,
schon eine Entlastung. Diese Gewissheit „ist schon extrem prophylaktisch“,
sagt Roßbruch.
Trotzdem befürchten GesundheitspolitikerInnen, dass sich die ärztliche
Suizidbegleitung zu einem Geschäftsmodell entwickeln könnte. Der Bundestag
debattiert daher an diesem Mittwoch in einer „Orientierungsdebatte“ über
zwei Gesetzentwürfe, die diverse Gruppen von Abgeordneten
fraktionsübergreifend entwickelt haben.
Der jüngste Vorschlag ist ein Eckpunktepapier für einen Gesetzentwurf und
stammt von einer Gruppe um die Unionspolitiker Stephan Pilsinger und Ansgar
Heveling, dem SPD-Mann Lars Castellucci und der Grünen-Politikerin Kirsten
Kappert-Gonther. Danach soll die „geschäftsmäßige Sterbehilfe“ wieder
„grundsätzlich strafbar sein“, so wie es vor dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts der Fall war.
„Unter „bestimmten Voraussetzungen“ soll aber die geschäftsmäßige
Suizidhilfe „nicht unrechtmäßig sein“. Zu diesen Voraussetzungen zählen
laut Eckpunktepapier im Vorfeld des ärztlich assistierten Suizids
„grundsätzlich mindestens zwei Untersuchungen in einem hinreichenden
Abstand durch einen Facharzt/eine Fachärztin für Psychiatrie“.
## Beratungspflicht vorgesehen
Ähnlich ist ein sehr restriktiver „Diskussionsentwurf“ aus dem Hause von
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der die geschäftsmäßige
Sterbehilfe ebenfalls wieder grundsätzlich unter Strafe stellen und nur
unter bestimmten Bedingungen erlauben will.
Der [1][liberalere Gesetzentwurf von einer Gruppe um die
Medizinrechtsexpertin Katrin Helling-Plahr (FDP),] den
SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach und Petra Sitte (Linke) sieht eine
verpflichtende Beratung durch eine unabhängige staatlich anerkannte Stelle
vor. Erst nach Vorlage eines solchen Beratungsscheins soll ein Arzt oder
eine Ärztin Suizidhilfe leisten dürfen.
Ein [2][weiterer Gesetzentwurf] kommt von den Grünen-Politikerinnen Renate
Künast und Katja Keul. Dieser Entwurf unterscheidet, ob die Betroffenen
ihren Tod wegen einer schweren Erkrankung anstreben oder aus anderen
Gründen.
„Alle Entwürfe haben eines gemeinsam: Eine Beratungspflicht. Wir als DGHS
lehnen das ab“, sagt Roßbruch, „aus unserer Beratungspraxis wissen wir,
dass sich diese Menschen schon seit Jahren und Jahrzehnten mit der
Beendigung ihres Lebens beschäftigt haben. Die sind nicht psychisch krank“.
Dieter Graefe, Justitiar bei Dignitas, erklärt, dass „die Hürden durch die
Regularien in diesen Entwürfen so hoch sind, dass daran ein großer Teil der
Sterbewilligen scheitern wird“. Damit aber werde die Sterbehilfe
„vereitelt“ und dies sei verfassungswidrig.
## Noch keine Mehrheit in Sicht
Das Bundesverfassungsgericht hatte [3][in seinem aufsehenerregenden Urteil
im Februar 2020] erklärt, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben das
Recht einschließe, sich mit Hilfe Dritter das Leben zu nehmen. Die
Karlsruher Richter räumten dem Gesetzgeber die Möglichkeit ein, die
Verfahren der ärztlichen Suizidassistenz gesetzgeberisch auszugestalten.
Das grundsätzliche Verbot der „geschäftsmäßigen Sterbehilfe“ aber wurde…
Gericht gekippt.
Die Sterbehilfeorganisationen haben eigene vorgeschaltete Verfahren. Wer
bei der DGHS Mitglied wird und einen Antrag auf Suizidassistenz stellt,
muss in einem ersten Schritt sämtliche Arztberichte einem Arzt oder einer
Ärztin vorlegen, auch ein Jurist oder eine Juristin begutachtet den Fall
und macht einen Hausbesuch. Im zweiten Schritt sucht dann ein zweiter Arzt
oder eine Ärztin den oder die Kranke in Begleitung eines Juristen zuhause
auf und stellt das tödliche Medikament zur Verfügung. Psychiatrische
Erkrankungen werden nicht als Grundlage für einen assistierten Suizid
akzeptiert.
Im Bundestag zeichnet sich bisher keine Mehrheit für einen der bekannt
gewordenen Entwürfe ab. Gut möglich also, dass in dieser Legislaturperiode
einfach nichts passiert. Die Sterbehilfeorganisationen können damit
weiterhin straffrei agieren. Damit bleibt das in der Sterbehilfe in der
Schweiz angewandte Mittel Natriumpentobarbital allerdings in der
Suizidhilfe in Deutschland weiterhin verboten und die Organisationen müssen
auf andere Präparate zurückgreifen.
21 Apr 2021
## LINKS
[1] https://www.helling-plahr.de/home
[2] https://www.renate-kuenast.de/berlin-thema/entwurf-eines-gesetzes-zum-schut…
[3] /Urteil-des-Bundesverfassungsgerichts/!5666846
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
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