# taz.de -- Liberalisierte Suizidhilfe: ÄrztInnen im Zwiespalt | |
> Es ist gut, dass künftig wohl mehr HausärztInnen Beihilfe zum Suizid | |
> leisten werden. Die Sterbehilfevereine werden dadurch nicht überflüssig. | |
Bild: Der Notausgang am Ende des Lebens steht Menschen, die das wollen, nun pri… | |
Es ist eine unbehagliche Vorstellung für HausärztInnen: Der schwerkranke | |
langjährige Patient, verwitwet, Schlaganfall, halbseitig gelähmt, große | |
Schmerzen, inkontinent, ein Pflegefall, steht vor der Einweisung ins Heim. | |
Er bittet seinen Arzt, ihm doch „ein Rezept“ zu besorgen für ein | |
Medikament, mit dem er seinem Leben ein Ende setzen könne. | |
Es wäre legal. Am Mittwoch kippte auch der Deutsche Ärztetag das Verbot der | |
Beihilfe zum Suizid aus der Berufsordnung. Die Liberalisierung der | |
[1][Beihilfe zum Suizid], wie sie das Bundesverfassungsgericht durch sein | |
Urteil vor einem Jahr angestoßen hat, könnte aber schnell zu einer | |
Überforderung für die ÄrztIinnen werden. Mehrheitlich wollen sie mit der | |
[2][Suizidhilfe] nichts zu tun haben, das zeigte sich auf dem Ärztetag. | |
Verpflichtet dazu sind sie ohnehin nicht. Welche Regeln also wären gut? | |
Es liegen Gesetzentwürfe vor, in denen von einer „Beratungspflicht“ die | |
Rede ist, ähnlich wie im Abtreibungsrecht. PsychiaterInnen sollen dabei | |
mitwirken. Der Gedanke, dass schwerstkranke Bettlägerige mit Sterbewunsch | |
nun auch noch psychiatrische Gutachter am Krankenbett ertragen müssen, | |
erzeugt Unbehagen. Trotzdem wäre es für ÄrztInnen wohl ein Schutz, wenn | |
Suizidwillige mit einer Art zweiten Instanz über ihren Sterbewunsch reden | |
müssten. Bei Schwerstkranken sind die HausärztInnen dann womöglich eher | |
bereit, zu helfen, das Leiden durch die Gabe eines Medikaments an den oder | |
die Suizidwillige zu verkürzen. | |
Für ärztliche Hilfe bei sogenannten „Bilanzsuiziden“ oder der | |
[3][Selbsttötung] aus Angst vor Gebrechlichkeit oder Demenz im Alter werden | |
sich hingegen wohl nach wie vor nur wenige HausärztInnen finden und es ist | |
gut, dass es hier Hürden gibt. An dieser Stelle kommen die | |
Sterbehilfevereine mit ihren angeschlossenen ÄrztInnen ins Spiel, deren | |
Kriterien weiter gefasst sind. Es wäre ein Fehler, sie pauschal zu | |
verteufeln oder wieder verbieten zu wollen. | |
Sterbehilfeorganisationen haben mitunter zwar Tausende bis Zehntausende von | |
Mitgliedern, doch nur ein sehr kleiner Teil von diesen nimmt die | |
Suizidhilfe tatsächlich in Anspruch. Bei der Mitgliedschaft geht es den | |
meisten wohl eher um psychische Entlastung, um die Möglichkeit eines | |
Notausgangs, auch wenn man ihn gar nicht benutzt. Nicht die ÄrztInnen, die | |
PolitikerInnen, die EthikerInnen sollten im Mittelpunkt der Debatte stehen. | |
Sondern immer die Leidenden selbst. | |
6 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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