| # taz.de -- Gesetzentwurf zur Sterbehilfe: Zu viel Macht für Psychiater | |
| > Abgeordnete mehrerer Parteien wollen die Sterbehilfe neu regeln. Dabei | |
| > werden diejenigen, die assistierten Suizid in Betracht ziehen, | |
| > entmündigt. | |
| Bild: Der neue Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe könnte kontraproduktiv sein | |
| Der Gesetzentwurf zum ärztlich begleiteten Suizid ist keine gute Idee, den | |
| Abgeordnete um Ansgar Heveling (CDU), Lars Castellucci (SPD) und Kirsten | |
| Kappert-Gonther (Grüne) erarbeitet haben. Der Entwurf sieht vor, dass die | |
| „geschäftsmäßige Förderung“ der Suizidhilfe wieder unter Strafe gestellt | |
| werden soll. | |
| Dieses Verbot soll dann nicht greifen, wenn suizidwillige Personen unter | |
| anderem an zwei Beratungsgesprächen mit Psychiater:innen teilnehmen, die | |
| den Suizidwilligen eine „autonome Entscheidungsfindung“ attestieren und | |
| eine psychische Erkrankung als Ursache des Suizidwunsches ausschließen. | |
| Sterbehilfeorganisationen müssten dem gleichen Beratungskonzept folgen, | |
| andernfalls würden sie kriminalisiert. | |
| Dass Suizidwillige ihren Sterbewunsch vor nicht selbst ausgewählten | |
| Psychiater:innen rechtfertigen müssen, könnte die „Autonomie“ der | |
| Patienten womöglich aber gar nicht schützen, sondern – im Gegenteil – | |
| verletzen. | |
| Denn was passiert, wenn die Psychiaterin, die den Patienten gar nicht näher | |
| kennt, zum Schluss kommt, dem Sterbewunsch läge eine Depression zugrunde? | |
| Wenn also vorgeschlagen wird, es erst einmal mit Psychotherapie und Pillen | |
| zu versuchen? Wenn also an der „Freiverantwortlichkeit“ der | |
| Suizidwilligen gezweifelt wird? Die begutachtenden Fachärzt:innen | |
| bekämen zu viel Macht. Eine Beratung schwerstleidender Suizidwilliger | |
| sollte immer freiwillig sein. | |
| Die Abgeordneten haben womöglich vor allem hochbetagte Menschen im Blick, | |
| die sterben wollen, weil sie völlig eingeschränkt und pflegeabhängig sind, | |
| zwar keine großen Schmerzen haben, aber auch keine Lebensqualität mehr | |
| verspüren. Diese Suizide aus „Lebenssattheit“ machen nur einen Bruchteil | |
| der Fälle bei den Sterbehilfeorganisationen aus, aber es gibt sie. Sie | |
| hätten es mit dem Gesetzentwurf schwerer, ärztliche Hilfe beim Suizid zu | |
| erhalten. Doch auch die Autonomie dieser Menschen ist zu respektieren. | |
| Genau in diesem Sinne hatte das [1][Bundesverfassungsgericht] übrigens | |
| geurteilt, als es das grundsätzliche Verbot der Suizidassistenz vor | |
| zwei Jahren kippte. | |
| 28 Jan 2022 | |
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| [1] /Nach-Sterbehilfe-Urteil/!5668181 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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