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# taz.de -- Union stellt sich gegen die SPD: Demokratiefördergesetz blockiert
> Nach dem Hanau-Anschlag wollte die Regierung mit einem Gesetz
> Demokratieprojekte dauerhaft absichern. Nun blockiert die Union – zum
> Ärger der SPD.
Bild: Franziska Giffey und Christine Lambrecht wollen das Demokratiefördergese…
BERLIN taz | Es war einer der Kernpunkte des großen, jüngst beschlossenen
Maßnahmenpakets der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus: ein neues
„Gesetz zur Förderung der wehrhaften Demokratie“, zuvor auch als
[1][„Demokratiefördergesetz“] diskutiert. Damit sollen Demokratieprojekte
langfristig abgesichert werden. Am Mittwoch sollte ein entsprechender
Eckpunkteentwurf im Kabinett besprochen werden. Dem aber machte die Union
jetzt einen Strich durch die Rechnung.
Man könne den Entwurf nicht mittragen, weil er „in wesentlichen Punkten von
unseren Forderungen und Vorstellungen an ein entsprechendes
Gesetzesvorhaben abweicht“, sagte ein Sprecher der Unionsfraktion der taz.
So sei ein gesondertes, schriftliches Bekenntnis der Projekte zur
Grundordnung „unverzichtbar“, stehe so aber nicht in den Eckpunkten.
Bereits 2011 war eine entsprechende „Extremismusklausel“ von der früheren
CDU-Familienministerin Kristina Schröder eingeführt worden. Nachdem
Initiativen diese als Generalverdacht kritisiert hatten, wurde die Klausel
unter ihrer Nachfolgerin wieder abgeschafft.
Die Union beklagt auch, dass der Bundesfreiwilligendienst nicht, wie von
ihr gefordert, gestärkt werde. Statt eines Rechtsanspruchs auf
Teilfinanzierung sei nur noch von einem Prüfauftrag die Rede.
Die Union aber hadert schon lange mit dem Gesetz und begründet die Blockade
auch jetzt grundsätzlich. Schon heute würden Demokratieprojekte allein in
diesem Jahr mit 150 Millionen Euro gefördert, so der Sprecher der
Unionsfraktion. „Aus Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erschließt sich
daher nach wie vor keine Notwendigkeit für ein entsprechendes
Fördergesetz.“
## „Leidtragende sind die Engagierten“
In der SPD reagierte man erbost. Familienministerin Franziska Giffey (SPD)
hatte bereits seit Jahren für ein Demokratiefördergesetz geworben und
wollte dieses noch in dieser Legislatur verabschieden. Denn bisher können
die Demokratieprojekte immer nur für eine Legislatur gefördert werden –
alle vier Jahre droht ihnen das Aus. Zur Blockade der Union sagte Giffey:
„Ich finde das enttäuschend. Die Leidtragenden sind die vielen Engagierten
in ganz Deutschland, die sich Tag für Tag für unsere Demokratie und gegen
jede Form von Extremismus einsetzen.“
Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich im 89 Punkte
umfassenden Maßnahmenpaket des Kabinettsausschusses vom November 2020 zu
dem Gesetz bekannt. Das Paket war als Reaktion auf die rassistischen
Mordanschläge in Hanau geschnürt worden. Eine Sprecherin Seehofers sagte am
Mittwoch nur, Seehofer wolle das Gesetz weiter ins Kabinett einbringen.
Eine Verabschiedung noch in dieser Legislatur ist nun aber sehr fraglich.
Giffey fordert dennoch genau das. Eine Förderung von Modellprojekt zu
Modellprojekt könne nicht die Lösung für eine dauerhafte Aufgabe sein,
sagte sie. „Ich fordere die Unionsfraktion auf, hier ihre Blockadehaltung
aufzugeben und erwarte, dass die Eckpunkte in der nächsten Kabinettssitzugn
behandelt werden.“
Auch Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) forderte, das
Demokratiefördergesetz noch diese Legislaturperiode im Kabinett zu
beschließen: „Wer das verschleppt und verzögert, schadet dem Engagement all
der Demokratinnen und Demokraten im ganzen Land, die sich für Zusammenhalt
und gegen Extremismus einsetzen.“ Gerade in Pandemiezeiten sei
gesellschaftlicher Zusammenhalt und Extremismusprävention noch wichtiger.
„Das braucht eine stabile gesetzliche Grundlage.“
## Auch die SPD-Bundestagsfraktion ärgert sich
Lambrecht beklagte zugleich, dass die Union auch [2][die Streichung des
Begriffs Rasse aus dem Grundgesetz] blockiere. Hier hatten sich Seehofer
und Lambrecht Anfang März auf die Neuformulierung geeinigt, dass
Diskriminierung „aus rassistischen Gründen“ verboten sein soll. Auch dieser
Entwurf sei bisher nicht im Kabinett beschlossen worden, so Lambrecht. „Wir
dürfen hier keine weitere Zeit verlieren.“
Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei sagte dazu, man sei offen für eine
Neuformulierung. Besser aber wäre es, eine Diskriminierung wegen der
„vermeintlichen Rasse“ zu verbieten. Missverständnissen zum Begriff „Ras…
wäre damit der Boden entzogen und man laufe auch nicht Gefahr, den Schutz
der Betroffenen durch die Neuformulierung zu verringern.
Auch die SPD-Bundestagsfraktion zeigte sich am Mittwoch aber ungehalten.
„Es ist ärgerlich und für uns Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion
zunehmend unbegreiflich, dass die Union so wichtige gesetzliche Vorhaben
wie das Wehrhafte-Demokratie-Gesetz und das Streichen des Begriffs „Rasse“
aus dem Grundgesetz blockiert“, sagte Vize-Fraktionschef Dirk Wiese. Die
Union lasse es damit an Glaubwürdigkeit fehlen, Rechtsextremismus und
Rassismus mit starken Mitteln den Boden zu entziehen. „Wenn die Union es
ernst meine, müssten beide Gesetze spätestens nach Ostern im Kabinett
beschlossen werden. Danach ist es zu spät.“
31 Mar 2021
## LINKS
[1] /Demokratiefoerdergesetz-gescheitert/!5719909
[2] /Begriff-Rasse-im-Grundgesetz-muss-weg/!5751436
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
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