| # taz.de -- Begriff „Rasse“ im Grundgesetz muss weg: Rassismus verbieten, a… | |
| > Der falsche Begriff „Rasse“ soll aus dem Grundgesetz verschwinden. Die | |
| > Suche nach einer sinnvollen Alternative dauert jedoch an. | |
| Bild: Sie soll die richtigen Worte finden: Bundesjustizministerin Christine Lam… | |
| Freiburg taz | Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) will | |
| Diskriminierungen „aus rassistischen Gründen“ im Grundgesetz verbieten. | |
| Zugleich soll in Artikel 3 [1][der anrüchige Begriff „Rasse“ gestrichen | |
| werden]. Kritiker befürchten jedoch, dass die geplante Änderung [2][das | |
| Schutzniveau senken könnte]. | |
| Derzeit heißt es in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes: „Niemand darf | |
| wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, | |
| seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder | |
| politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf | |
| wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ | |
| Doch seit über zehn Jahren wird in Deutschland diskutiert, den Begriff | |
| „Rasse“ hier zu streichen. Aus wissenschaftlicher Sicht gebe es schließlich | |
| keine menschlichen „Rassen“. Die Diskussion gewann aber erst ab Februar | |
| 2020 nach den rassistischen Morden von Hanau eine gewisse Dynamik. | |
| Inzwischen gibt es Gesetzentwürfe von Grünen und Linken. Sie wollen in | |
| Artikel 3 statt von „Rasse“ von „rassistischer“ Benachteiligung spreche… | |
| Das Gleiche schlägt ein gemeinsamer Bundesratsentwurf von Hamburg und | |
| Thüringen vor. In der Bundesregierung einigten sich Justizministerin | |
| Lambrecht und Innenminister Horst Seehofer (CSU) im Oktober, dass der | |
| Begriff im Grundgesetz ersetzt werden soll. Offen blieb, welche neue | |
| Formulierung die Bundesregierung vorschlägt. | |
| Vorige Woche hat Lambrecht nun einen „Diskussionsentwurf“ zur Streichung | |
| des Begriffs aus Artikel 3 vorgelegt. Damit werde klargestellt, dass dem | |
| Grundgesetz keine auch nur indirekte Bestätigung eines Konzepts von | |
| menschlichen „Rassen“ entnommen werden könne. Stattdessen soll künftig die | |
| Diskriminierung „aus rassistischen Gründen“ verboten sein, so das | |
| Ministerium, wie es bereits in den Landesverfassungen von Brandenburg und | |
| Sachsen-Anhalt formuliert wird. | |
| Lambrecht gab zahlreichen Verbänden und Institutionen Gelegenheit zur | |
| Stellungnahme – und setzt eine Frist von nur drei Tagen. Eine Stichprobe | |
| der taz bei wichtigen Akteuren ergab, dass zumindest der Zentralrat der | |
| Muslime und der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI) den Vorschlag | |
| der Ministerin unterstützen. | |
| Andere befürchten dagegen, dass Lambrechts Vorschlag das Schutzniveau sogar | |
| absenke, so der Zentralrat der Sinti und Roma, die | |
| Antidiskriminierungsstelle des Bundes und das Deutsche Institut für | |
| Menschenrechte. Lambrechts Formulierung „aus rassistischen Gründen“ klinge | |
| so, als ob eine rassistische Intention erforderlich sei. Unbewusste | |
| Benachteiligungen seien dann – anders als bisher – vielleicht nicht mehr | |
| erfasst. | |
| Auch mittelbare Diskriminierung durch scheinbar neutrale Anforderungen | |
| (etwa an die Muttersprache) wären möglicherweise nicht mehr verboten. Das | |
| Justizministerium weist die Kritik zurück. Es gehe um rassistische | |
| „Gründe“, nicht um rassistische „Beweggründe“. | |
| Dennoch plädieren das Deutsche Institut für Menschenrechte und der | |
| Zentralrat Deutscher Sinti und Roma für eine andere Formulierung. Sie | |
| wollen lieber von „rassistischen“ Benachteiligungen sprechen, so wie es | |
| auch Grüne und Linke vorschlagen. Die Antidiskriminierungsstelle will zudem | |
| die Formulierung „rassistische Zuschreibung“ in Betracht ziehen. | |
| ## Ein Schritt in die falsche Richtung? | |
| Für den Zentralrat der Juden hatte dessen Präsident Josef Schuster im | |
| letzten Juni die Formulierung „aus rassistischen Gründen“ noch begrüßt. … | |
| Denken gab ihm dann aber die Warnung von Stephan Harbarth, dem Präsidenten | |
| des Bundesverfassungsgerichts, wonach eine Grundgesetzänderung die | |
| rechtliche Lage „durchaus zum Schlechteren verkehren“ könne. | |
| Deshalb plädiert der Zentralrat der Juden nun vor allem für Vorsicht und | |
| gegen übereilte Beschlüsse. Es bedürfe „weiterer fundierter juristischer | |
| Gutachten“, um die Folgen einer Änderung abschätzen zu können, heißt es in | |
| der Stellungnahme des Zentralrats. | |
| Auch das Bundesinnenministerium (BMI) hatte sich vorige Woche über das | |
| Vorpreschen von Lambrecht geärgert. Der Vorschlag sei dem BMI nicht bekannt | |
| gewesen. Die Gespräche innerhalb der Bundesregierung dauerten noch an. | |
| 10 Feb 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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