| # taz.de -- Abzug aus Afghanistan: Nur im Zusammenpacken groß | |
| > Es ist überschaubar, was die Bundeswehr zuletzt noch in Afghanistan tat. | |
| > Nun ziehen die verbliebenen Soldaten bald ab. Die Bilanz ist dürftig. | |
| Bild: Camp Marmal: Die Bundeswehr bereitet sich auf den Abzug aus Afghanistan v… | |
| Schon 2013 und 2014 rückte ja der Großteil der Bundeswehrtruppen aus | |
| Afghanistan ab. Damals gab es viele sehr ähnliche Reportagen zu lesen | |
| davon, dass so ein Abzug natürlich [1][eine besondere Herausforderung] sei. | |
| Es müsse ja all das Zeug – Waffen, Zelte, Medizingerät – nun per Bahn und | |
| Flugzeug heimgeschickt werden. Aber: Zusammenpacken können wir, Logistik | |
| ist unser Ding!, lautete das Motto. | |
| Diese Woche haben die USA den vollständigen Abzug bis September verkündet. | |
| Kein Nato-Partner wird auch nur einen Tag länger in Afghanistan bleiben. | |
| Die Pressestäbe der Bundeswehr grübeln bestimmt schon, ob man den „Im | |
| Packen sind wir ganz groß“-Spin noch einmal setzen sollte. | |
| Allerdings gibt es für die Bundeswehr nun gar nicht mehr so viel | |
| zusammenzupacken. Ihre Aufgabe in Afghanistan lautete seit 2015 nur noch: | |
| Ausbildung von afghanischen Soldaten und Polizisten – und das in einem so | |
| überschaubaren Umfang, dass die Pressestäbe darauf lieber keine | |
| Aufmerksamkeit mehr lenkten. | |
| Es mochte zuletzt ja auch sonst niemand mehr so genau Richtung Hindukusch | |
| gucken: [2][Die Bundestagsabgeordneten etwa, die noch Ende März das | |
| Afghanistan-Mandat bis 2022 verlängerten.] Oder die Verteidigungsministerin | |
| Annegret Kramp-Karrenbauer, die dazu im Bundestag sprach: Es gehe darum, | |
| den Einsatz zu verlängern, damit „die Friedensverhandlungen zu Ende geführt | |
| werden können“. | |
| ## Nur unter Skrupeln der Nato-Bündnislogik gebeugt | |
| Sind sie nun aber nicht. Die Taliban machen halt nicht mit. Ist uns aber | |
| auch egal, nicht wahr? | |
| Sunk Cost Fallacy heißt es auf BWL-Englisch, wenn man etwas nur deshalb | |
| weitermacht, weil es schon so viel Mühe oder Geld gekostet hat. Oder sogar | |
| Menschenleben. „Die Kameraden dürfen nicht umsonst gestorben sein“, sagten | |
| auch viele Bundeswehrsoldaten auf die Frage, ob sie den Sinn in ihrem | |
| Einsatz erkannten. Emotional gut nachvollziehbar, aber hoffentlich finden | |
| sie jetzt andere Antworten. Der Einsatz wird beendet, weil er nicht aus dem | |
| einzigen Grunde weitergeführt werden kann, dass schon so viele gestorben | |
| sind. | |
| Zu Bergen von Papier ließen sich die Reden zusammenfegen, die seit 2001 im | |
| Bundestag und ringsherum zum Thema „Verantwortung für Afghanistan“ gehalten | |
| wurden. Viele PolitikerInnen hatten sich nur unter Skrupeln der | |
| Nato-Bündnislogik gebeugt, sie fanden: Wenn wir den Amerikanern schon ans | |
| Ende der Welt folgen, dann lasst uns da wenigstens keinen Mist bauen. | |
| So ungefähr mahnte etwa Winfried Nachtwei von den Grünen über Jahre: Wenn | |
| die Bundesrepublik die Zuständigkeit für den Polizeiaufbau in Afghanistan | |
| übernimmt („Polizei, das können wir“), [3][muss sie auch Polizisten dorth… | |
| schicken]. Allein, dem deutschen Föderalismus war nicht danach: Die | |
| Innenminister der Bundesländer machten nicht mit. Dies nur als plastisches | |
| Beispiel aus der Reihe: „Dinge, die wir uns in Afghanistan zugetraut | |
| haben“. | |
| Die meisten ernsthaften Überlegungen, was man sicherheitstechnisch vor Ort | |
| sinnvoll unternehmen könnte, waren ohnehin 2009 mit dem Luftangriff von | |
| Kundus beendet. Der deutsche Oberst Georg Klein ließ gegen alle | |
| Einsatzregeln rund 100 Menschen in den Tod bombardieren. Es wurde wirklich | |
| schwierig, dann noch für die Schönheit und Bedeutung des deutschen | |
| Einsatzes vor Ort zu werben. | |
| [4][„Wir werden und müssen über die Bilanz von Afghanistan reden“, sagte | |
| Kramp-Karrenbauer neulich im Bundestag.] Es klang hohl. Ehrliche | |
| Bewertungen, kritische Evaluationen, wie dringend wäre all das schon vor | |
| über zehn Jahren nötig gewesen. Die Schlüsse, die ziehen in Afghanistan | |
| demnächst dann wieder die Taliban und die Warlords. | |
| 19 Apr 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Bundeswehr-in-Afghanistan/!5107884 | |
| [2] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw09-de-bundeswehr-resol… | |
| [3] /Bundeswehr-in-Afghanistan/!5156398 | |
| [4] https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/rede-der-bundesmini… | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Winkelmann | |
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