Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Raubkunstdebatte in Berlin: Die Rückreise hat endlich begonnen
> Die Diskussion um die Rückgabe der Benin-Bronzen nimmt Fahrt auf. Im
> Humboldt Forum werden sie wohl nicht zu sehen sein.
Bild: Kann einfach nicht für alles Heimat sein
Sie schmückten seit dem 16. Jahrhundert den Palast des damals bereits
tausend Jahre alten Reiches Benin im heutigen Südwesten Nigerias. Doch als
die Briten Benin kolonisierten und der König, der Oba von Benin, sich nicht
an einen Freihandelsvertrag hielt, den er hatte unterzeichnen müssen,
schickte das britische Imperium im Jahr 1897 1.200 Soldaten zu einer
sogenannten Strafexpedition. Die Soldaten zerstörten große Teile von
Benin-Stadt, plünderten den königlichen Palast und raubten Tausende von
Kunstobjekten, unter anderem an die 4.000 Bronzen, von denen etwa 1.000
über Londoner Auktionshäuser in Deutschland landeten. 440 von ihnen
befinden sich bis heute im Ethnologischen Museum Berlin.
Ein Teil von ihnen sollte noch bis vor Kurzem im knapp 680 Millionen Euro
teuren Prestigeprojekt Humboldt Forum im Berliner Schloss gezeigt werden,
das in diesem Jahr nach und nach eröffnen soll. Und das, obwohl Nigeria
kurz vor Weihnachten 2020 nochmals – zum ersten Mal geschah das in den
1930er Jahren – offiziell die Rückgabe der Bronzen gefordert hat.
Doch spätestens in dieser Woche hat die [1][Debatte um die Bronzen dermaßen
Fahrt] aufgenommen, dass zumindest ihre Ausstellung in Berlin, wie sie
bislang anvisiert war, immer unwahrscheinlicher wird. Noch im Dezember
hatte der Intendant des Humboldt Forums Hartmut Dorgerloh auf die Frage
nach der Debatte frech geantwortet, die Menschen werden ihnen [2][„die Bude
einrennen“]. Doch dann ging es Schlag auf Schlag. Im Januar sagte
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), dass nach Rückgaben von
Bronzen im Humboldt Forum Leerstellen gezeigt werden könnten, dann ließ
sich sogar der sonst so zögerliche Hermann Parzinger zitieren, Präsident
der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), der die Bronzen formal
gehören. Es müsse „zu Rückgaben kommen, da bin ich ganz sicher“, sagte e…
Und schließlich reiste vor wenigen Tagen ein Mitarbeiter vom Auswärtigen
Amt nach Nigeria, um dort über die Rückgabe der Bronzen zu verhandeln – und
der Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte, zu einem „aufrichtigen
Umgang mit der Kolonialgeschichte“ gehöre „auch die Frage der Rückgabe von
Kulturgütern“.
Es war also eigentlich nur folgerichtig, dass Hartmut Dorgerloh am Montag
nachzog, indem er bei einem Pressegespräch nicht mehr vom Besucheransturm
sprach, sondern davon, dass er noch in diesem Jahr Rückgaben von Bronzen
erwarte.
Auch dank seiner Aussage sieht es allmählich wirklich so aus, als gebe es
kein Zurück mehr. Am Donnerstag ließ Monika Grütters mitteilen, dass es
noch im April ein Spitzentreffen zum Thema Benin-Bronzen mit den
betroffenen Kulturministern der Länder und den Museumsdirektionen geben
werde.
Zumindest die Berliner Bronzen, die zu den bekanntesten und wertvollsten
afrikanischen Kunstwerken gehören und zu Symbolen im Streit um Rückgaben
von kolonialer Raubkunst geworden sind, könnten tatsächlich endlich dorthin
zurückreisen, wo sie hingehören.
27 Mar 2021
## LINKS
[1] /Raubkunst-in-Berlin/!5757043
[2] /Humboldt-Forum-in-Berlin-eroeffnet/!5733910
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
Wochenkommentar
Humboldt Forum
Raubkunst
Benin
Humboldt Forum
Restitution
Restitution
Kolonialismus
Podcast-Guide
Raubkunst
Kolonialismus
NS-Raubkunst
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ausstellungen im Humboldt Forum öffnen: Take it easy, altes Haus
Fassade und Kuppel des rekonstruierten Stadtschlosses werden Berlin noch
lange Zeit beschäftigen. Nun öffnen sechs Ausstellungen.
Rückgabe von kolonialem Raubgut: Reisefreiheit für die Bronzen
Ein Spitzentreffen deutscher Museen und Kulturpolitiker beschließt
„substanzielle“ Rückgaben von Benin-Bronzen. Historiker äußert sich
enttäuscht.
Debatte um Benin-Bronzen: Ein wahres Kunststück
Sind deutsche Museen bereit, Raubkunst an Nigeria zurückzugeben? Ein
Spitzentreffen in Berlin könnte den Durchbruch in der Debatte bringen.
Debatte um Benin-Bronzen: „So unverschämt wie früher“
Kommt es bald zu Rückgaben von geraubten Benin-Bronzen an Nigeria? Beim
Verein Berlin Postkolonial ist man eher skeptisch.
Podcast-Reihe zu Mutterschaft: Wer ist jetzt die Supermutter?
Eine unterhaltsame Podcast-Reihe von Felizitas Stilleke diskutiert
Mutterschaft. Auch Nichtmutterschaft und mögliche dritte Wege sind Thema.
Raubkunst in Berlin: Postkoloniale Leerstellen
Das Humboldt Forum lenkt ein: Die Benin-Bronzen werden wohl nicht gezeigt.
Der Intendant geht von Rückgaben an Nigeria aus.
Polit-Kunst aus der Südsee in Hamburg: Spiel mit Exotik-Klischees
Ein Video der neuseeländischen Künstlerin Lisa Reihana im Hamburger Museum
am Rothenbaum führt bis heute bestehende kolonialistische Klischees vor.
Raubkunst in der DDR: Heiße Waren, kalte Quellen
Das Deutsche Zentrum für Kulturgutverlust stellt in Berlin erste
Forschungsergebnisse zum Kunstraub in der SBZ und DDR vor.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.