# taz.de -- Ausstellungen im Humboldt Forum öffnen: Take it easy, altes Haus | |
> Fassade und Kuppel des rekonstruierten Stadtschlosses werden Berlin noch | |
> lange Zeit beschäftigen. Nun öffnen sechs Ausstellungen. | |
Bild: Eine zu viel? Vorn die Kuppel des Stadtschlosses, dem Humboldt Forum, dah… | |
Berlin taz | Das Erste, was bei dem Spaziergang auffällt: Rund ums Berliner | |
Schloss gibt es kaum einen Ort, der wirklich zum Verweilen einlädt. Außer | |
zwei kleinen Beeten, einem Hain aus 31 stadtklimaverträglichen | |
Lederhülsenbäumen und zwei Trauerweiden am Spreekanal ist es hier vor allem | |
– steinern. „Und in so einem Umfeld steht nun das Humboldt Forum“, | |
schüttelt Hans von Trotha den Kopf, „wo Fragen unserer Zeit wie der | |
Klimawandel diskutiert werden sollen.“ | |
Gerade hat der Historiker, Schriftsteller und Journalist von Trotha sein | |
neues Buch veröffentlicht: [1][„Die große Illusion. Ein Schloss, eine | |
Fassade und ein Traum von Preußen“], heißt es. Darin lässt er auf so | |
informative wie vergnügliche Art noch einmal die Debatte um die | |
Rekonstruktion des Berliner Schlosses Revue passieren. | |
Wie kaum eine andere spaltet diese Debatte seit 30 Jahren die Berliner | |
Stadtgesellschaft. Und auch, wenn von Trotha gar nicht auf die | |
Ausstellungen eingeht, die endlich am 20. Juli im [2][Humboldt Forum] | |
hinter der Schlossfassade eröffnet werden: Sein „Versuch über die Fassade�… | |
wie er sein Buch auch nennt, führt noch einmal glasklar vor Augen, wie alt | |
die Schlossrekonstruktion eigentlich schon ist. Schon 30 Jahre ist es her, | |
dass der Landmaschinenhersteller aus Schleswig-Holstein, Wilhelm von | |
Boddien, zum ersten Mal die Idee dazu hatte und auf großen Planen seine | |
Schloss-Simulation installierte, wie von Trotha schreibt. | |
Vor knapp 20 Jahren wurde es dann vom Bundestag beschlossen. 2006 bis 2008 | |
wurde der [3][Palast der Republik], der zuvor von zahlreichen | |
Künstler*innen subversiv zwischengenutzt und von vielen jungen Leuten | |
als riesiger Freiraum empfunden wurde, zurückgebaut. | |
All das ist viel Zeit. Die wissenschaftlichen und gesellschaftlichen | |
Debatten haben sich seitdem stark verändert – und von Trotha fragt sich zu | |
Recht, ob die demokratische Entscheidung für dieses Schloss heute noch | |
einmal so getroffen würde. | |
## Absolutheitsanspruch des Christentums | |
Wir sind inzwischen am westlichen Zipfel des 200 Meter langen und 120 Meter | |
breiten Schlosses angelangt, puh. Von hier hat man den besten Blick auf | |
[4][die Kuppel des Schlosses], um das im Mai erneut heftig gestritten | |
wurde, als Laterne samt Kreuz installiert und durch den Abbau der | |
Baugerüste erstmals das blaue Spruchband am Fuß der Kuppel sichtbar wurde. | |
Der Text ist 1854 vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV aus zwei | |
Bibelzitaten montiert worden und behauptet nicht nur den | |
Absolutheitsanspruch des Christentums und Gottesgnadentum, sondern | |
berichtet auch von den preußischen Eliten, die kurz nach der Revolution von | |
1848 von der Reichseinigung unter preußischer Führung träumten. | |
Beim Beschluss des Bundestages 2002 war die Kuppel noch eine Option. Aber | |
dann wurden die Entwürfe ohne Kuppel ausgesondert. „Ich glaube, diese | |
Kuppel werden sie wieder runter nehmen müssen“, sagt von Trotha mit einem | |
verschmitzten Lächeln – und weist darauf hin, dass Kurator*innen aus | |
aller Welt der Auffassung sind, dass die Kuppel alles unterläuft, was das | |
Humboldt Forum vorgibt, sein zu wollen. | |
Es geht weiter um das Schloss herum, um diesen Koloss, der, wie von Trotha | |
aus seinem Buch zitiert, „größten Projektionsfläche Berlins“, diesem „… | |
diesem „AKW Mitte“, das in all seiner barocken Pracht so massiv und so | |
einschüchternd wirkt. | |
## Wer in aller Welt soll das verstehen? | |
Wir passieren das [5][Staatsratsgebäude der DDR], das nach dem Abriss der | |
Schlossruine 1950 gebaut worden ist. Ein DDR-Schinken mit echtem | |
Schloss-Portal, von dem angeblich Karl Liebknecht die sozialistische | |
Republik ausgerufen hat. Das Portal gibt es jetzt gleich nebenan noch | |
einmal – in Kopie. Wer in aller Welt soll das verstehen? | |
Schließlich laufen wir am Ufer des Spreekanals weiter, am modernen Teil der | |
Fassade entlang, den manche*n Betrachter*in an ein monumentales | |
Abluftgitter erinnert – und kehren zurück zur barocken Fassade gegenüber | |
des Doms. | |
„Oft genug wurde betont, dass diese Fassade weder Preußen noch die | |
Monarchie verherrliche. Was aber dann?“, fragt Hans von Trotha, als der | |
Spaziergang zu Ende geht. „Es ist der Retro-Traum einer konservativen | |
Elite, die es ihrer Gegenwart nochmal richtig zeigen wollte“, fügt er an. | |
Und nun ist das Schloss gesetzt. | |
Daran, vermutet Trotha, wird sich das Humboldt Forum noch lange reiben. | |
Vielleicht aber wird es eines Tages durch diese Reibung interessanter | |
werden als ein Kulturhaus, das in einen zeitgemäßen Bau hätte einziehen | |
können. Vielleicht sollte man es einfach leichter nehmen. | |
## Am 20. Juli eröffnet ein großer Teil der Ausstellungen. Ein Rundgang | |
Die römischen Gottheiten Minerva und Merkur, Beschützerin des Handwerks und | |
Gott der Händler und Diebe, sie beugen sich wohlwollend zu einem Amerika | |
herab, das sich demütig verbeugt. Darauf die Worte setting, Handreichung, | |
Allegorie, transatlantic. Ein paar Schritte weiter: Ein bewaffneter | |
schwarzer Mann beim Kampf gegen weiße Soldaten, dazu die Worte Rebellion, | |
Kolonialwaren, négritude, Unfreiheit. | |
Diese Bilder und Worte sind in die Fenster des engeren der beiden Höfe des | |
Humboldt Forums geklebt, bei den meisten kann man ein wenig vom Foyer | |
dahinter erkennen. Sie werfen Fragen auf, sie sind Irritationen. Und doch | |
sind sie das Erste, was die Besucher*innen sehen werden, wenn nach | |
zahlreichen Verzögerungen am Dienstag endlich ein großer Teil der | |
Ausstellungen im Humboldt Forum eröffnet. | |
[6][„Einblicke“: So heißt die kleine, kompakte Ausstellung] über die Brü… | |
Alexander und Wilhelm von Humboldt, die zeigen will, warum diese vor etwa | |
20 Jahren als Namensgeber für dieses Zentrum für Kultur und Wissenschaft in | |
der rekonstruierten Hülle des Berliner Stadtschlosses ausgesucht wurden. | |
Schon damals tobte mit Volldampf die Schlossdebatte. | |
Viele Berliner*innen vertreten seitdem bis heute mit Verve die Ansicht, | |
dass mit dem Abriss des Palasts der Republik und dem Bau eines Schlosses an | |
seinem Ort nicht nur unnötig Steuergelder verbrannt wurden. Sie meinten | |
auch, dass dieses Schloss an nichts als den Chauvinismus, Antisemitismus, | |
Militarismus und Nationalismus Preußens erinnert. Eine kleine Elite weißer, | |
alter Männer habe sich ihre Stadt nach Gusto möbliert, um damit nicht nur | |
einen entscheidenden Teil der Spuren der DDR auszuradieren – sondern auch | |
dem jungen, vielfältigen, kreativen Berlin die Freiräume zu klauen. | |
## Die Humboldts waren nicht nur intellektuelle Superhelden | |
Es ist auch diesen kritischen Stimmen zu verdanken, dass das Humboldt Forum | |
seit seiner Gründung versucht, das Schloss mit dem Gegenteil dessen zu | |
füllen, was es verkörpert. Auch die Bezugnahme auf die Brüder Humboldt ist | |
ein solcher Versuch. Die Humboldts, so dachte man damals noch, verkörpern | |
ein anderes Preußen, ein aufgeklärtes und tolerantes Preußen. Heute weiß | |
man, dass das nur teilweise so stimmt. | |
Dies zeigt „Einblicke“ vor allem im Foyer, wo die Schau mehr Fakten und | |
Hintergründe liefert: Die Humboldts waren nicht nur intellektuelle | |
Superhelden und Netzwerker, die Kultur und Bildung für alle zugänglicher | |
machten. Kurator David Blankenstein, der vor zwei Jahren mit der | |
international bekannten Kunsthistorikerin und Kritikerin des Humboldt | |
Forums Bénédicte Savoy die Ausstellung über die Brüder Humboldt im | |
Deutschen Historischen Museum organisiert, erklärt: Die Humboldts waren | |
auch so privilegierte wie instrumentalisierte Untertanen des preußischen | |
Königs. | |
So kommt es, dass Blankenstein für eines der Fenster ein Bild kämpfender | |
Männer bei den Sklavenaufständen auf Haiti zeigt: „Alexander verurteilte | |
die Sklaverei. Aber er lebte auf Kuba auch monatelang im Haus eines | |
Sklavenhändlers. Und er schrieb mit großer Skepsis und Furcht über Haiti. | |
Er nannte nie auch nur einen Namen der beteiligten schwarzen Generäle und | |
Intellektuellen.“ | |
Auch die Handreichung Minervas und Merkurs hinter dem anderen Fenster setzt | |
einen gekonnten Nadelstich und unterwandert glorifizierenden Darstellungen | |
der Humboldts in letzter Zeit. „Moderne Historiker in Lateinamerika | |
betrachten heute die Unabhängigkeit ganz anders, eher als Machtübernahme | |
der kreolischen Eliten, die viel drastischere Konsequenzen für die indigene | |
Bevölkerung hatte als die spanische Kolonialherrschaft“, so Blankenstein. | |
## Das Humboldt Forum ist ein kompliziertes Konstrukt | |
Viele Ausstellungen, die ab 20. Juli im Humboldt Forum zu sehen sind, | |
finden nicht nur einfach an diesem Ort statt. Sie reiben sich an seiner | |
Entstehungsgeschichte, an den Debatten um ihn. Sie stellen schmerzhafte | |
Fragen, die ohne den Streit um das Schloss und das Humboldt Forum | |
vielleicht erst viel später gestellt worden wären. Und damit setzen sie | |
quasi als Speerspitze der Bewegung andere Kräfte in diesem Haus unter | |
Druck, sich ebenfalls endlich in Gang zu setzen. | |
Dazu muss man wissen: Das Humboldt Forum ist ein kompliziertes Konstrukt, | |
an dem viele fortschrittliche, aber auch konservative Institutionen | |
mitwirken. Der größte Player ist dabei die Stiftung Preußischer | |
Kulturbesitz (SPK) mit ihren Staatlichen Museen Ethnologisches Museum und | |
Museum für Asiatische Kunst. Diese werden ein stolzes Drittel der | |
Nutzfläche im Haus bespielen, diese Ausstellungen eröffnen allerdings erst | |
am 22. September. | |
Und in diesen Museen tut man sich in Teilen nach wir vor sehr schwer damit, | |
offen mit der eigenen Geschichte umzugehen. Das zeigte sich besonders | |
anschaulich bei einer Presseführung durch die Ausstellungen Ende Juni, bei | |
der [7][das sogenannte Luf-Boot] im Mittelpunkt stand, neben den | |
Benin-Bronzen ein Herzstück der Staatlichen Museen. | |
Bis vor Kurzem hatte die SPK noch behauptet, das Luf-Boot sei „rechtmäßig | |
erworben“ worden. Und noch während die Institution, die bislang als | |
Bremserin in der Kolonialismusdebatte galt, ihren trägen Kurs in Bezug auf | |
die nun bald anstehenden Rückgaben der Benin-Bronzen zu korrigieren suchte, | |
trat der Berliner Journalist und Historiker Götz Aly mit seinem Buch „Das | |
Prachtboot“ eine ganz neue Phase der Diskussion los. | |
## Unter nicht geklärten Umständen erworben | |
Aly erzählt darin, was eigentlich längst bekannt sein sollte: wie die | |
deutschen Kolonialherren im „Schutzgebiet“ Deutsch-Neuguinea töteten, | |
vergewaltigten und die Bewohner zur Zwangsarbeit auf ihren Plantagen | |
verschleppten. Wie es zu einer sogenannten Strafaktion der Deutschen kam, | |
bei der sie die Hälfte der Einwohner von Luf umbrachten. Und wie sie 20 | |
Jahre später das Boot unter nicht geklärten Umständen erwerben. | |
Aus dieser Geschichte einen „rechtmäßigen Erwerb“ zu machen ist ein stark… | |
Stück – und das wissen die Museumsleute natürlich. Dennoch möchten sie üb… | |
den blutigen Hintergrund der Inbesitznahme des Boots nur in einer Broschüre | |
berichten – oder erzählen von einem Telefonat mit dem Honorarkonsul, der | |
nach wie vor keine Rückforderungen stelle … Damit erweisen sie sich nicht | |
einfach nur als unbeweglich, sondern sie verteidigen nach wie vor knallhart | |
den Besitz, der ihnen noch bleibt. Anders als in anderen Ländern verstehen | |
sich die Museen in Deutschland nach wie vor eher als Bewahrer von | |
gefährdeten Kulturschätzen denn als Räuberhöhle. | |
Insofern ist es ein großes Glück, dass es im Humboldt Forum nicht nur die | |
Staatlichen Museen gibt, sondern auch andere Player, die sich als | |
fortschrittlicher begreifen, als vielfältiger, offener, kritischer. | |
Zu diesen gehörten die Macher*innen der erwähnten Ausstellung | |
„Einblicke“ und auch der [8][Ausstellung „Sitzen bleiben“ für Kinder] … | |
drei bis zehn Jahren, die mit der Bedeutung des Sitzens in den | |
verschiedenen Kulturen spielt, aber auch mit der Frage, wer eigentlich | |
darüber bestimmt, wer welche Plätze in der Gesellschaft bekommt. Und | |
überall in den Fluren des Humboldt Forums gibt es unter dem Titel „Spuren“ | |
Hinweise auf die Geschichte des Ortes, an dem das Humboldt Forum heute | |
steht – besonderer Fokus liegt auf dem Palast der Republik, der 2008 | |
abgebaut wurde. | |
## Zusammenarbeit auf Augenhöhe | |
Und im ersten Stock gibt es gleich zwei Ausstellungen, die ab Dienstag zu | |
sehen sind und die ganz anders daherkommen als die der großen Staatlichen | |
Museen. Während man dort nämlich nur von „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ | |
spricht, verstehen sich besonders in den Ausstellungen „Berlin Global“ des | |
Landes Berlin und [9][„Nach der Natur“ der Humboldt-Universität Berlin] die | |
Kurator*innen bereits eher als Moderator*innen. Bei einer Presseführung | |
durch [10][„Berlin Global“] war sogar die Rede davon, dass die | |
Ausstellungen in weiten Teilen an sogenannte „critical friends“ abgetreten | |
wurden, an zivilgesellschaftliche Organisationen, Künstler*innen oder | |
Studierende. | |
Tatsächlich ist „Berlin Global“ überhaupt keine Ausstellung mehr in | |
herkömmlicher Manier, sondern vielmehr eine anregende Plattform, wo die | |
Stadtgesellschaft noch zu den tagesaktuellsten Fragen ins Gespräch kommen | |
kann. Einige Highlights: Im Themenraum „Freiraum“, der von Projekten, | |
Utopien und Nischen in dieser Stadt erzählt, durften sich die | |
selbstverwalteten Jugendzentren [11][Drugstore und Potse in Schöneberg] | |
austoben, die gerade mit ihrem Kampf gegen Verdrängung die Debatten in der | |
Stadt prägen. | |
Im Themenraum „Grenzen“ haben Studierende am Institut für | |
Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität aktuelle Grenzen in der Stadt | |
ausgemacht und für eine interaktive Medienstation aufbereitet: Es geht um | |
Alltagsrassismus, Barrierefreiheit, Wohnen – bis hin zu Themen wie die | |
Gesundheitsversorgung von Menschen ohne Aufenthaltspapiere. | |
Und im Raum „Vergnügen“ erzählen nicht nur damalige Protagonist*innen | |
vom HipHop in Ost- und Westberlin der 1980er Jahre, sondern haben ihre | |
eigenen Singles und Tapes, Equipments und Shirts zur Verfügung gestellt und | |
kommentiert. | |
## Zentralsten Fragen unserer Zeit | |
Fast noch einen Tick sehenswerter als „Berlin Global“ ist die kleinere | |
Ausstellung „Nach der Natur“, in der sich die Humboldt Universität ins | |
bislang von ihr viel zu wenig beackerte Feld der niedrigschwelligen | |
Vermittlung stürzt – in einer Zeit wachsender Diskrepanz zwischen | |
Wissenschaft und breitem Publikum wird das immer wichtiger. In dieser | |
Ausstellung ist es Kurator Gorch Pieken gelungen, auf nur 600 Quadratmeter | |
einige der zentralsten Fragen unserer Zeit aufzuwerfen. | |
Ausgehend von einem interaktiven Fischschwarm, der auf die | |
Besucher*innen reagiert und als ebenso schönes wie simples Bild für die | |
Auswirkungen individuellen Handelns auf die Umwelt fungiert, stellen | |
zunächst einmal die sieben Berliner Exzellenzcluster ihre Forschung vor und | |
erklären, so Pieken, „was ein Fischschwarm mit der Intelligenzforschung, | |
mit der Hirnforschung, der Forschung zu aktiven Materialien, mit | |
Mathematik, Literatur oder Katalyseverfahren zu tun hat“. Sie stellen aber | |
auch die Frage, wie sich der Mensch in der Gruppe positioniert, wie er | |
andere Meinungen aushält beispielsweise, ohne von der eigenen abzurücken. | |
Im zweiten Raum gibt es dann eine kinetische Wand aus beweglichen Rollos, | |
auf denen Nachhaltigkeitsforscher den Klimawandel diskutieren – und auch, | |
wie das liberale Gesellschaftsmodell diese Katastrophe stoppen könnte. Im | |
Raum werden außerdem Sammlungsobjekte vorgestellt, die mal innovative, mal | |
schreckliche Antworten aus der Wissenschaftsgeschichte auf die aktuellen | |
Forschungsfragen geben. | |
Auch hier seien nur wenige Highlights genannt: Eines der Objekte ist | |
Protest- und Schutzschild, wie es Aktivis*innen beim Protest beim Bau | |
einer dritten Startbahn in Heathrow 2007 trugen. Die Schilder zeigten | |
überlebensgroße Porträts von Menschen, die direkt vom Klimawandel betroffen | |
waren. 2020 verbot ein Gericht den Bau der Startbahn, weil er gegen das | |
Pariser Abkommen verstoße. | |
## Einer der subversivsten und schlausten Kommentare | |
Ein anderes ist vielleicht das Objekt schlechthin, wenn es darum geht zu | |
zeigen, wie groß die Vielstimmigkeit im umstrittenen Humboldt Forum | |
inzwischen ist, wie sehr sich diese Institution inzwischen selbst in Frage | |
stellt. Es ist eine der berühmten Kanistermasken des in Benin geborenen | |
Künstlers Romuald Hazoumè. | |
Die Kanister, die der Künstler verwendet, dienen eigentlich dazu, Benzin | |
aus Nigeria nach Benin zu schmuggeln. Sie werden oft aufgeblasen, damit sie | |
mehr Benzin fassen können, was aber den Transport gefährlicher macht – | |
damit sind sie Symbole für prekären Handel. Sie sind aber auch ein | |
Kommentar des westlichen Blicks auf afrikanische Kunst: „Von einem | |
Afrikaner erwartet man, dass er Masken macht – also machte ich Masken“, hat | |
Romuald Hazoumè einmal gesagt. | |
Man kann wohl sagen, dass dies einer der subversivsten und schlausten | |
Kommentare ist, der noch dazu die Diskussionen um die Benin-Masken in den | |
Staatlichen Museen nonchalant hinter sich lässt. | |
Es ist zudem ein Kommentar, der Hoffnung macht. Denn vielleicht wird dieses | |
Haus tatsächlich eines Tages eine Plattform für interkulturellen Austausch | |
– und zwar nicht trotz seiner barocken Hülle, sondern gerade wegen der | |
endlosen Debatten um sie. | |
18 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berenberg-verlag.de/programm/die-grosse-illusion/ | |
[2] https://www.humboldtforum.org/de/ | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Palast_der_Republik | |
[4] /Berliner-Schloss-bekommt-Kreuz/!5686728 | |
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Staatsratsgeb%C3%A4ude | |
[6] https://www.humboldtforum.org/de/programm/dauerangebot/ausstellung/daueraus… | |
[7] /Berliner-Humboldt-Forum-oeffnet/!5783035 | |
[8] https://www.humboldtforum.org/de/programm/laufzeitangebot/ausstellung/nimm-… | |
[9] https://www.humboldtforum.org/de/programm/dauerangebot/ausstellung/nach-der… | |
[10] https://www.humboldtforum.org/de/programm/dauerangebot/ausstellung/berlin-… | |
[11] /Bedrohte-Raeume-in-Berlin/!5782624 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
## TAGS | |
Humboldt Forum | |
Berliner Stadtschloss | |
Koloniales Erbe | |
Alexander von Humboldt | |
Rekonstruktion | |
Berlintourismus | |
GNS | |
Berliner Schloss | |
taz-Adventskalender | |
Literaturhaus Berlin | |
Humboldt Forum | |
Humboldt Forum | |
Deutscher Kolonialismus | |
Humboldt Forum | |
Humboldt Forum | |
Einheitsdenkmal | |
Wochenkommentar | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Palast der Republik im Berliner Schloss: Knochen und Lampen | |
Die Ausstellung über den Palast der Republik in Berlin ist nicht | |
uninteressant. Doch warum läuft sie im Humboldt Forum? Ist das nicht | |
Siegerzynismus? | |
Weihnachten für umme (8): Speere unterm Weihnachtsbaum | |
taz-Adventskalender: Viele Museen haben begonnen, nicht nur über Teilen und | |
Zurückgeben nachzudenken, sondern übers Verschenken von Dingen. Gute Idee! | |
Literaturfernsehen und Onlinediskussion: Spannend auch ohne Gelächter | |
Viele Kulturinstitutionen haben viel dafür getan, irgendwie durch die | |
Corona-Krise zu kommen. Das zahlt sich aus – auch für's Publikum. | |
Eröffnung des Humboldt Forums: „Was für ein Monster“ | |
Bei einer Demonstration gegen das neu eröffnete Humboldt Forum erklärt der | |
tansanische Aktivist Mnyaka Sururu Mboro, warum dies ein „Trauertag“ sei. | |
Humboldt Forum Berlin eröffnet: Jetzt ist aber mal Schloss! | |
Das Humboldt Forum hat eröffnet. Nun wird sich auch das Publikum bei den | |
großen Debatten einmischen, die es angestoßen hat. | |
Fragen und Antworten zum Humboldt Forum: Reißt es ab! | |
Für KritikerInnen ist so ziemlich alles falsch am Berliner Humboldt Forum. | |
Doch was genau passt ihnen am Schloss eigentlich nicht? | |
Kritik am Humboldt Forum: Storchennest statt Christenkreuz | |
60 Millionen Euro sollen pro Jahr für den Betrieb des Berliner Schlosses | |
anfallen. Die Initiative „Defund the Humboldt Forum!“ fordert eine | |
Umverteilung. | |
Berliner Humboldt Forum öffnet: So ein schönes Boot | |
Die Debatte um die Herkunft der besten Exponate im Humboldt Forum ist in | |
vollem Gange. Besonders brisant ist die Geschichte des „Luf-Boots“. | |
Protest gegen Flussbad: Thierse will nicht baden gehen | |
Die Initiatoren der Einheitswippe wehren sich gegen die Freitreppe samt | |
Aufzug und Fahrradständer an der Spree: Sie seien ein „Stinkefinger“ | |
Raubkunstdebatte in Berlin: Die Rückreise hat endlich begonnen | |
Die Diskussion um die Rückgabe der Benin-Bronzen nimmt Fahrt auf. Im | |
Humboldt Forum werden sie wohl nicht zu sehen sein. |