| # taz.de -- Nachtragshaushalt für 2021: Corona sorgt für noch mehr Schulden | |
| > Der Nachtragshaushalt von Finanzminister Olaf Scholz umfasst zusätzliche | |
| > Kredite von gut 60 Milliarden Euro. Die Schuldenbremse bleibt außer | |
| > Kraft. | |
| Bild: Noch mehr Schulden: Bundesfinanzminister Olaf Scholz lässt neuen Haushal… | |
| Berlin taz | Wegen der Coronakrise wird die Finanzlage des deutschen | |
| Staates wohl noch länger angespannt bleiben. Am Montag ließ | |
| Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) seinen Haushaltsplan mit | |
| zusätzlichen Schulden von rund 140 Milliarden Euro in diesem und im | |
| nächsten Jahr veröffentlichen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass manche | |
| wünschenswerte Zusatzausgabe in näherer Zukunft schwierig wird. Dies | |
| begrenzt den Handlungsspielraum der nächsten Bundesregierung. | |
| Für 2021 ist ein Nachtragshaushalt nötig, den das Bundeskabinett an diesem | |
| Mittwoch beschließen soll. Weitere rund 60 Milliarden Euro Kredite kommen | |
| hinzu, sodass die Gesamtverschuldung des Bundes in diesem Jahr auf 240 | |
| Milliarden Euro steigt. Das macht fast die Hälfte des kompletten Haushalts | |
| aus. | |
| Nach Angaben des Finanzministeriums werden damit unter anderem mehr Hilfen | |
| für Unternehmen bezahlt, weil die Kontaktbeschränkungen noch einige Zeit | |
| andauern werden. Für 2022 plant Scholz eine zusätzliche Kreditaufnahme von | |
| nochmals 80 Milliarden Euro. Um das zu ermöglichen, muss [1][die | |
| Schuldenbremse] im Grundgesetz wie dieses Jahr auch nächstes Jahr außer | |
| Kraft gesetzt werden. | |
| In der Spitze der Koalition ist das überwiegend Konsens. | |
| Kanzleramtsminister Helge Braun schrieb schon im Januar, dass die Regel für | |
| eine geringe Neuverschuldung in den kommenden Jahren wohl nicht einzuhalten | |
| sei. Auch CDU-Chef Armin Laschet sprach sich für eine weitere Ausnahme 2022 | |
| aus. | |
| ## Realismus, Wünsche und Wahlkampf | |
| Bei Scholz’ Finanzplanung bis 2025 handelt es sich um eine Mischung aus | |
| realistischen Vorschlägen, Wünschen und Wahlkampf. Die endgültigen | |
| Beschlüsse fasst nach der Bundestagswahl im September erst die nächste | |
| Bundesregierung. Dieser gehören der jetzige Bundesfinanzminister und seine | |
| Partei vielleicht gar nicht an. | |
| Allerdings wird jede Regierung vor den Herausforderungen stehen, die sich | |
| an den aktuellen Zahlen ablesen lassen. Es geht darum, die gigantischen | |
| Sonderausgaben in der Pandemie zu verringern, beispielsweise die immensen | |
| Zahlungen für Hilfsprogramme zugunsten der Wirtschaft. Gleichzeitig bleiben | |
| die Steuereinnahmen vorläufig um Dutzende Milliarden Euro jährlich hinter | |
| dem Vor-Krisen-Niveau zurück. | |
| Und natürlich formulieren alle Parteien kostspielige Ausgaben-Ideen, die | |
| sie nach der Wahl umsetzen wollen. Oft geht es dabei um höhere | |
| Investitionen in die Digitalisierung von Bildung und Verwaltung, die | |
| Modernisierung des Gesundheitssystems, Infrastruktur, Wohnungsbau und nicht | |
| zuletzt den Klimaschutz. | |
| So fordern die Grünen 50 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen pro | |
| Jahr. Aber auch CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier lässt sich nicht | |
| lumpen: Kürzlich schlug er vor, fast 30 Milliarden Euro jährlich für die | |
| Finanzierung der erneuerbaren Energien im Bundeshaushalt locker zu machen. | |
| ## Finanzierung durch eine Reichensteuer? | |
| Dass nicht alles funktionieren kann, zeigt die aktuelle Auseinandersetzung | |
| um den Verteidigungshaushalt. Im kommenden Jahr soll er um gut 2 Milliarden | |
| auf rund 49 Milliarden Euro wachsen, danach laut Scholz’ Planung aber auf | |
| rund 46 Milliarden sinken. Verteidigungsministerin Annegret | |
| Kramp-Karrenbauer (CDU) will dagegen viel mehr ausgeben. Sie plädiert für | |
| eine Steigerung auf fast 62 Milliarden pro Jahr bis 2025. | |
| Auch anderen Ressorts gegenüber hat das Finanzministerium alle neuen | |
| Ausgabewünsche für 2023 bis 2025 abgelehnt, die nicht bereits beschlossen | |
| sind. Einer der Gründe: Ab 2023 soll die Schuldenbremse wieder gelten. Ob | |
| das funktioniert, ist bisher unklar. | |
| Eine Alternative bestünde darin, die Schuldenregel zu verändern, | |
| beispielsweise Investitionen auszunehmen. Andererseits könnten mehr | |
| Einnahmen helfen, die die SPD unter anderem durch höhere Steuern auf große | |
| Einkommen, Vermögen und Erbschaften erwirtschaften will. [2][Grüne und | |
| Linke denken teilweise in dieselbe Richtung]. Dagegen werden Union und FDP | |
| sich wohl wehren, sollten sie an einer Regierungskoalition beteiligt sein. | |
| 22 Mar 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Das-Kanzleramt-und-die-Schuldenbremse/!5743286 | |
| [2] /Vermoegensteuer-Politik-der-Gruenen/!5750815 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
| ## TAGS | |
| Nachtragshaushalt | |
| Schuldenbremse | |
| Olaf Scholz | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Steuerschätzung | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Online-Shopping | |
| Rot-Grün-Rot | |
| Wirtschaftsweisen | |
| EU-Mitgliedstaaten | |
| Kolumne Finanzkasino | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Steuerschätzung für 2021: Baerbock für Tempo statt Bremse | |
| Die neueste Steuerschätzung ergibt ein leichtes Plus. Olaf Scholz will die | |
| Schuldenbremse ab 2023 wieder einhalten – die Grünen widersprechen. | |
| Neue Wirtschaftsprognose: Unsinniges Schuldentilgen | |
| Die Coronakrise ist für Deutschland ökonomisch beherrschbar. Gefährlicher | |
| ist die unselige Schuldenbremse, die den Klimaschutz behindert. | |
| Entlassungen bei Otto-Versandhaus: Alles „New“ bei Otto | |
| Auf einer Betriebsversammlung wurden Otto-Mitarbeiter*innen über die | |
| Sparpläne des Konzerns informiert. Das ganze Ausmaß aber wurde | |
| verschwiegen. | |
| Linkspartei im Wahlkampf: Linke setzt auf Aufbau Ost | |
| Die Linke schrumpft im Osten. Zu Beginn des Wahljahrs konzentriert sie sich | |
| auf die einstige Hochburg und fordert die gleiche Lebensverhältnisse. | |
| Die „Fünf Weisen“ und die Schulden: Von Merkel lernen | |
| Die Personalie Lars Feld ist mehr als ein kleines Detail. Hier kündigt sich | |
| bereits der Wahlkampf und die Frage an: Was wird aus der Schuldenbremse? | |
| EU-Corona-Aufbaufonds beschlossen: Milliarden gegen die Krise | |
| Vor einem halben Jahr einigten sich die EU-Staaten auf ein Programm gegen | |
| die Rezession. Jetzt ist der Aufbaufonds so gut wie startklar. | |
| Wirtschaft und Staat während Corona: Der Unternehmer | |
| Angeblich weiß der Staat nicht, wie man wirtschaftet. Doch ohne ihn gäbe es | |
| keine neuen Produkte. Und auch keine Medikamente gegen das Coronavirus. |