# taz.de -- Steuerschätzung für 2021: Baerbock für Tempo statt Bremse | |
> Die neueste Steuerschätzung ergibt ein leichtes Plus. Olaf Scholz will | |
> die Schuldenbremse ab 2023 wieder einhalten – die Grünen widersprechen. | |
Bild: Will ein Investitionsprogramm von 50 Milliarden Euro pro Jahr: Grünen-Ka… | |
BERLIN taz | Anlässlich der neuen Steuerschätzung debattieren Union, Grüne | |
und SPD schon über die Finanzpolitik der nächsten Bundesregierung. Während | |
die Staatseinnahmen in den kommenden fünf Jahren wohl insgesamt leicht | |
steigen, plädierte unter anderem SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz dafür, die | |
Schuldenbremse ab 2023 wieder einzuhalten. [1][Grünen-Kandidatin Annalena | |
Baerbock] sagte dagegen, das funktioniere nicht. | |
Im Vergleich zur Einnahmeprognose vom vergangenen November erwartet der | |
Arbeitskreis Steuerschätzung erstmal leicht sinkende Einnahmen für dieses | |
und nächstes Jahr. Insgesamt fehlen 6,6 Milliarden Euro, größenteils | |
schlägt sich die Mindereinnahme beim Bund nieder (minus 5,2 Milliarden). | |
Danach können Länder und Gemeinden bis 2025 insgesamt 13 Milliarden Euro | |
mehr erwarten als die Novemberschätzung ergab, der Bund dagegen büßt unter | |
dem Strich zwei Milliarden ein. | |
In jedem Fall bringen die kommenden Jahre enorme finanzpolitische | |
Herausforderungen mit sich. Alleine der Bund wird bis Ende 2022 mindestens | |
450 Milliarden Euro Schulden wegen der [2][Coronakrise] aufgenommen haben. | |
Möglicherweise auch mehr: Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg (CDU) sagte, | |
die bisher geplante „Neuverschuldung von 80 Milliarden Euro wird 2022 nach | |
meiner Erwartung nicht ausreichen.“ Gemäß der Schuldenbremse im Grundgesetz | |
müssen diese Kredite bald wieder zurückgezahlt werden. | |
Hinzu kommt, dass die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden | |
vorläufig um 30 bis 40 Milliarden Euro jährlich geringer ausfallen als vor | |
der Coronakrise geschätzt. Außerdem besteht weitgehende Einigkeit, dass | |
umfangreiche Investitionen in Klimaschutz, Energiewende, Krankenhäuser, | |
Digitalisierung, Bildung und Militär nötig sind. | |
## Grüne wollen massive Investitionen | |
Daher klingt es nach Zweckoptimismus, wenn Finanzminister Scholz ankündigt, | |
die Schuldenbremse ab 2023 wieder einhalten zu wollen. Es dürfte schwierig | |
werden, dann ohne umfangreiche Kredite auszukommen. | |
Immerhin stellt Scholz einen Weg in Aussicht, um die Einnahmen zu steigern: | |
Wirtschaftswachstum nach Corona plus höhere Steuern auf große Einkommen und | |
Vermögen. „Es ist jetzt nicht die Zeit, in der Spitzenverdiener, Millionäre | |
und Milliardäre mit Steuersenkungen rechnen sollten. Wir wollen kleinere, | |
mittlere und normale Einkommen entlasten“, sagte Scholz. | |
CDU-Finanzpolitiker Rehberg plädierte ebenfalls dafür, die Schuldenbremse | |
ab 2023 wieder anzuziehen. | |
Diesem Plan erteilte Grünen-Kandidatin Baerbock eine Absage. Die | |
Schuldenbremse solle durch eine Regel ergänzt werden, die kreditfinanzierte | |
Investitionen in Infrastruktur erlaube. „Da wir gerade Niedrigzinsen haben, | |
ist das auch eine Rechnung, die über die Jahre aufgeht“, sagte Baerbock. | |
Die Grünen streben ein Investitionsprogramm im Volumen von 50 Milliarden | |
Euro pro Jahr an. Die Mittel sollen aus Krediten außerhalb der | |
Schuldenbremse stammen. Einen entsprechenden „Deutschlandfonds“ forderte | |
kürzlich auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Der | |
Gewerkschaftsbund DGB ist dem ebenfalls nicht abgeneigt. | |
12 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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