# taz.de -- Pop-up-Radwege in Pandemie: Verkehrswende im Hier und Jetzt | |
> Die Verkehrswende muss kein Projekt der nächsten Generation sein. Die | |
> Corona-Pandemie hat gezeigt, dass es auch schnell und unbürokratisch | |
> gehen kann. | |
Bild: Der Pop-up-Radweg am Kottbusser Tor in Berlin hat sich nun ein Jahr lang … | |
Bei allen schrecklichen Folgen der Coronapandemie gibt es auch einen | |
Kollateralnutzen: enorme Modernisierungsschübe. Eines der sichtbarsten | |
Beispiele dafür ist die Fahrradpolitik. Vor einem Jahr sind in Berlin quasi | |
über Nacht die ersten temporären Radwege entstanden, die sogenannten | |
Pop-up-Bikelanes. Das war für Radaktivist:innen vielerorts der | |
Startschuss, das Gleiche in ihren Städten einzufordern, in einigen mit | |
schnellem Erfolg, andere werden einen langen Atem brauchen. | |
Hier wird die fachkundige Radler:innenbewegung sichtbar, die in den | |
vergangenen Jahren bundesweit entstanden ist und die jetzt große | |
Unterstützung über die eigenen Kreise hinaus erhält. Die Coronapandemie | |
führt einem großen Publikum vor Augen, dass die bestehende Infrastruktur | |
für Radler:innen völlig unzureichend ist und sie gefährdet. Die | |
Pop-up-Bikelanes zeigen: Wo ein Wille ist, ist auch ein Radweg. Die | |
[1][Verkehrswende] muss kein Projekt der nächsten Generation sein, sie kann | |
auch im Hier und Jetzt beginnen. | |
Es muss aber sehr viel mehr sehr viel schneller als bisher geschehen. | |
Hierzulande gibt es deutlich weniger Pop-up-Radwege als etwa in Frankreich. | |
Die deutschen Verwaltungen sind in der Regel sehr schwerfällig; | |
[2][Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat es versäumt, das | |
Straßenverkehrsrecht fahrradfreundlich zu modernisieren]. Beides blockiert | |
Fortschritte. Im weltweiten Vergleich ist Deutschland deshalb noch nicht | |
sehr weit gekommen. Leuchtende Vorbilder sind [3][Paris] oder Brüssel. Dort | |
räumen die Verantwortlichen Fußgänger:innen und Radler:innen Vorrang | |
vor dem Auto ein. | |
Die Gelegenheit, das auch in der Bundesrepublik anzugehen, besteht jetzt. | |
Nach der Coronakrise wird es in den Innenstädten Gestaltungsspielräume | |
geben wie in Westdeutschland seit der Nachkriegszeit und in Ostdeutschland | |
seit dem Ende der DDR nicht mehr. Es besteht die Chance, den öffentlichen | |
Raum neu zu verteilen, denn viele Kommunen werden vor der Frage stehen, wie | |
sie ihre Innenstädte angesichts pleitegegangener Läden und Restaurants | |
attraktiv gestalten können. Wer auf Fußgänger:innen und Radler:innen | |
setzt und nicht auf das Auto, wird zu den Gewinner:innen gehören. | |
Allerdings: Die Coronakrise droht die Verkehrswende an anderer Stelle | |
erheblich zu bremsen. Denn viele von denen, die nicht auf ein Rad umsteigen | |
konnten oder wollten, nehmen aus Angst vor Ansteckung in Bus oder Bahn | |
jetzt lieber das Auto. Diese Leute müssen nach der Krise zurück in den | |
öffentlichen Nah- und Fernverkehr geholt werden, etwa mit billigeren | |
Tickets und besseren Verbindungen. | |
23 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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