# taz.de -- Berliner Kultur nach dem Lockdown: Da läuft wieder was! | |
> Mit einem „Pilotprojekt Testing“ lotet Kultursenator Lederer aus, wie | |
> Theater und Konzertsäle wieder öffnen können. Ohne Schnelltest geht es | |
> nicht. | |
Bild: Bald wieder mit Publikum: Umgebaute Sitzreihen im Berliner Ensemble | |
BERLIN taz | Es geschehen noch Zeichen und Wunder in dieser erlebnisarmen | |
Zeit: Während für die nächsten Monate angesetzte Konzerte und Festivals | |
teilweise schon auf 2022 verschoben werden, startet Kultursenator Klaus | |
Lederer (Linke) ein Pilotprojekt, bei dem in sieben Institutionen | |
Aufführungen vor real anwesendem Publikum stattfinden. Am Donnerstag hat | |
Lederer die Pläne offiziell bekannt gegeben. | |
„So ein Pilotprojekt ist in Deutschland einzigartig – und hoffentlich ein | |
Beitrag mit Blick auf ein unbeschwertes Besuchen von | |
Kulturveranstaltungen“, sagte Lederer. Wer ein Ticket ergattern kann, sich | |
am Veranstaltungstag einem Schnelltest unterzieht und bereit ist, das | |
Geschehen mit Maske im Gesicht zu genießen, könnte ab 19. März endlich mal | |
wieder die Volksbühne, das Berliner Ensemble, die Staatsoper oder auch das | |
Säälchen im Holzmarkt von innen sehen. | |
Ziel des Projekts ist es, Chancen, Risiken und praktische Machbarkeit von | |
Veranstaltungen mit Schnelltests auszuprobieren, heißt es in einer | |
Mitteilung aus dem Hause Lederer. Das Ganze soll so funktionieren: Zum | |
einen werden die Tickets, die man im Vorfeld online bei den Häusern selbst | |
kaufen kann, personalisiert. Damit ist die Kontaktnachverfolgung | |
gewährleistet. Zweitens soll man direkt nach Erhalt in einem zertifizierten | |
Corona-Testzentrum einen Slot am Veranstaltungstag buchen. Bei Einlass muss | |
dieser Schnelltest vorgelegt werden, er darf nicht älter als zwölf Stunden | |
sein. | |
Diese individuellen Tests sollen die vorgegebenen Hygiene- und | |
Schutzmaßnahmen der Häuser von Lüftung bis Sitzbuchung nicht ersetzen, | |
sondern ergänzen. „Das Publikum wird im Schachbrettmuster sitzen, mit | |
FFP2-Maske“, sagte Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles (BE), das | |
diesen Kulturfrühling mit zwei Aufführungen des Stücks „Panikherz“ von | |
Benjamin von Stuckrad-Barre einleitet: Der Vorverkauf beginnt am 15. März. | |
## Nase raushängen gilt nicht | |
Ganz so schlimm ist es nicht, auch ein medizinischer Mund-Nase-Schutz | |
(„OP-Maske“) wird akzeptiert. Die Nase raushängen lassen gilt aber nicht: | |
„BesucherInnen, die sich nicht an die Vorgaben halten, z. B. keine | |
medizinische Maske tragen möchten, können von der Veranstaltung | |
ausgeschlossen werden“, so die Information aus der Senatsverwaltung. | |
Übrigens: Wer Pech hat und covidpositiv getestet wird, muss in Isolation, | |
bekommt aber den Ticketpreis erstattet. | |
Nach Abschluss des Pilotprojekts am 4. April soll ausgewertet werden, wie | |
die Logistik lief, ob es unter Umständen dennoch zu Ansteckungen kam und | |
wie ein Szenario für die flächendeckende Wiedereröffnung der Kultur so bald | |
als möglich aussehen könnte. In einem [1][Interview] mit der taz Anfang | |
Februar hatte Lederer noch betont, er könne sich nicht vorstellen, dass an | |
einem Theater oder Kino „Zugang nur für Geimpfte“ steht. Auch gilt der | |
Kultursenator als sehr vorsichtig, was Lockerungen angeht. Nun reagiert er | |
mit seinem Projekt auf den wachsenden Druck der Kulturschaffenden, die | |
immer lauter um Hilfe rufen und verlässliche Öffnungsperspektiven fordern. | |
Zuletzt ging am 26. Februar ein Appell zahlreicher Intendant*innen und | |
Chefdirigent*innen an die Kanzlerin, Berlins Regierenden Michael | |
Müller (SPD), Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) und Lederer. Kirill | |
Petrenko, Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, sagte damals: „Während | |
wir immerhin im digitalen Raum weiterspielen können, gibt es für die | |
meisten anderen Kulturschaffenden seit vielen Monaten keine Möglichkeit, | |
mit dem Publikum in Kontakt zu treten.“ | |
Lederer erklärte, er sei stolz darauf, „dass ein Schulterschluss | |
unterschiedlichster Kulturinstitutionen in der Stadt gelungen ist“. Und | |
auch, wenn die Auswahl der Abende bis auf einen vielleicht sehr | |
hochkulturell ist, auch, wenn Lederer eigentlich angekündigt hatte, | |
zuallererst Kulturangebote für Kinder und Jugendliche in den Fokus zu | |
nehmen, und sich nun nicht daran hält: Dieser Schritt ist zumindest ein | |
Anfang für den Neustart der Kultur. | |
Und womöglich noch mehr: „Wir liefern damit hoffentlich auch eine Blaupause | |
auch für andere Bundesländer“, sagte Lederer am Donnerstag im | |
Abgeordnetenhaus. | |
11 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Berlins-Kultursenator-Lederer-zu-Corona/!5746456 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
Bert Schulz | |
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