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# taz.de -- Lockdown-Lockerungen: Die Wirkung von alten Steinen
> Nach Monaten des Lockdowns haben die Museen auf Berlins Museumsinsel
> wieder geöffnet. Es ist erstaunlich, was das selbst bei Kindern bewirkt.
Bild: Im Pergamonmuseum bei der Wiedereröffnung. Hier eine Frau vor einem Mode…
Der Lustgarten in Berlins Mitte ist wie leergefegt. Erst auf den Treppen
zur topmodernen, 2019 offiziell eröffneten James-Simon-Galerie tummeln sich
die ersten vier, fünf Leute. Hier ist der Eingang zum Pergamonmuseum, das
zusammen mit fünf weiteren Häusern der Staatlichen Museen am
Dienstagvormittag nach Monaten des Lockdowns [1][wieder geöffnet] hat.
Ein älteres Paar steht vor einer Art Terminal, und als sie nach zwei
Minuten fertig sind, bittet eine freundliche Mitarbeiterin darum, für
meinen 7-jährigen Sohn, meine 12-jährige Tochter und mich einen QR-Code
einzuscannen, woraufhin Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse zur
Kontaktrückverfolgung von uns allen in eine Onlineform einzutragen sind.
Funktioniert alles reibungslos, binnen drei Minuten und ohne auch nur einen
einzigen Gegenstand angefasst zu haben. Es geht durch die Galerie, am
Eingang zum Pergamonmuseum fragt ein weiterer freundlicher Mitarbeiter nach
den im Vorfeld erworbenen Tickets, und schwupp, sind wir drin.
Es ist absolut erstaunlich, was alte Steine in Menschen auszulösen
vermögen, wenn diese Menschen seit Monaten nichts weiter gesehen haben als
die eigenen vier Wände und ein bisschen Natur. Gut: Der Sohn darf seit
Kurzem wieder im Wochenwechsel zur Schule, soll aber vor der großen
Hofpause abgeholt werden: Das, warum er eigentlich in die Schule will,
fehlt also nach wie vor. „Boah, Mama“, sagt er, als er vor dem Ischtar-Tor
steht, „wenn das alles mir gehören würde.“ Er will gar nicht mehr aufhör…
die fetzigen Drachen und Löwen zu fotografieren.
## Nice, oder?
Für die Tochter ist Vorderasien schon Schnee von gestern, sie war bereits
vier oder fünf Mal hier, hat ihren Vortrag über Mesopotamien letztes Jahr
gehalten und belehrt alle, die es wissen wollen, über unseren
eurozentristischen Blick auf die Geschichte. Trotzdem findet auch sie noch
Neues, was ihr beim letzten Museumsbesuch entgangen war. Zum Beispiel einen
3.000 Jahre alten Gesetzestext aus Mesopotamien, nach dem Vergewaltiger in
flagranti sofort getötet werden sollten. „Nice, oder?“, sagt sie.
Egal, ob man sich vor spektakulären oder kleinen Ausstellungsstücken
befindet: Es sind wenige Besucher*innen in den Räumen, eine Frau mit
Kind, zwei Freundinnen, ein Mann mit Gebetskette in den Händen. Ein Mensch
pro 40 Quadratmeter ist angeblich nur zugelassen. Das macht den
Museumsbesuch dieser Tage wirklich zu einer äußerst entspannten Sache.
Tatsächlich ist es hier wesentlich einfacher, seinen Mitmenschen aus dem
Weg zu gehen, als in jedem Supermarkt.
16 Mar 2021
## LINKS
[1] /Lockdown-Lockerungen/!5755094
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Lockdown
Museen in Berlin
Fotogeschichte
Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Lockdown
Solidarität
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