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# taz.de -- Filmhighlights aus dem Archiv: Zum Freiheitskämpfer in 7 Minuten
> Der Marshall-Plan im Kino, ein politischer Kurzfilm von Harun Farocki,
> Jutta Hoffmann zum Achtzigsten: Das zeigen die Kinomuseen in Berlin und
> Potsdam.
Bild: Jutta Hoffman zum 80. im Filmmuseum Potsdam (u. a. mit „Karla“, DDR 1…
Nachdem ich in den vergangenen Wochen immer mal wieder kleine Einblicke in
die Streamingangebote bedeutender oder auch weniger bekannter Filmmuseen
und Sammlungen in aller Welt gegeben habe, ist heute der Blick auf die
nähere Umgebung fällig: Was bieten eigentlich die Kinomuseen in Berlin und
Potsdam an, wenn man sich ihnen per Internet nähert?
Das [1][Zeughauskino] als Teil des Deutschen Historischen Museums besitzt
mittlerweile ein Online-Angebot, das es kostenfrei ermöglicht, auf die
umfangreiche Sammlung von zeitgenössischen Filmen zum sogenannten
Marshall-Plan zuzugreifen: Filme, die mit Mitteln des European Recovery
Program (ERP, so hieß der Marshall-Plan offiziell) gedreht wurden und in
den Jahren von 1948 bis 1953 die Programme und Ziele der amerikanischen
Wirtschaftshilfe für Europa nach dem Krieg erläutern und popularisieren
sollten.
Je nach Zielpublikum verfolgten die Filme dabei ganz unterschiedliche
Argumentationsstrategien. Für die Europäer geht es in erster Linie um
Wiederaufbau, Fortschritt und das Versprechen von Wohlstand: „Ich und Mr.
Marshall“ (R: Stuart Schulberg, 1949) etwa richtet sich an die deutsche
Bevölkerung und lässt einen jungen Bergmann berichten, der sein privates
Schicksal (endlich wieder Arbeit, ein Dach über dem Kopf und bescheidener
Konsum) mit Erläuterungen zum Marshall-Plan verknüpft.
Der Film „The Invisible Link“ (R: Victor Vicas, 1950) erzählt ganz konkret
vom Wiederaufbau des Wasserkraftwerks Kaprun und der Bedeutung für den
Fortschritt, den der massive Ausbau der Elektrizität für Industrie und
Landwirtschaft in Österreich bedeutet. „Your Eighty Dollars“ (1952)
hingegen erläutert der amerikanischen Bevölkerung, warum mit deren
Steuergeldern auch den einstigen Kriegsgegnern wieder auf die Beine
geholfen wird. Da kommen dann auch die strategischen Interessen der USA zum
Tragen: Nur ein wirtschaftlich starkes Westeuropa kann als militärisch
kraftvoller Verbündeter im Kampf gegen den Kommunismus von Nutzen sein
(Reihe im Stream: [2][www.dhm.de/zeughauskino/]).
## Vom Wahlhelfer zum Revoluzzer mit Harun Farocki
Und was bietet die [3][Deutsche Kinemathek], die im Normalbetrieb immer mit
der absurden Situation zu kämpfen hat, dass sie kein Kino besitzt, um die
rund 20.000 Filme in ihrem Archiv auch mal vorführen zu können? Sie bietet
online vor allem das Archiv der Filmhochschule dffb, wo man so interessante
Werke wie „Der Wahlhelfer“ (1967) von Harun Farocki ansehen kann, in dem
sich der 26-jährige Harald Loch aus Kreuzberg in nur sieben Minuten
16mm-Film vom Referendar bei der Staatsanwaltschaft und Wahlhelfer der FDP
(strategisch immer schön platziert zwischen Plakaten der CDU und der SED-W)
zum Freiheitskämpfer mit Interesse für die Revolutionsbewegung in Algerien
wandelt (Stream von „Der Wahlhelfer“ und weitere Filme Farockis auf:
[4][www.dffb-archiv.de]).
## Geburtstagskino
Bleibt noch das [5][Filmmuseum Potsdam]: Hier hat man an die kommerzielle
Streaming-Plattform Cinemalovers aus Nürnberg angedockt, die gleichwohl ein
mit den Kinos solidarisches Modell vertritt. Das Filmmuseum ist dort mit
kleinen Filmreihen vertreten, zurzeit unter anderem mit Hommagen an die
Potsdamer Schauspielerin Jutta Hoffmann (zum 80. Geburtstag) und an den
bedeutenden Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase (zum 90. Geburtstag), der
nicht nur mit einem Klassiker wie „Berlin – Ecke Schönhauser…“ (1957)
vertreten ist, sondern auch mit einem Interviewfilm (2005), in dem er über
seine Karriere erzählt (Stream bei Filmmuseum Potsdam:
[6][https://filmmuseum-potsdam.cinemalovers.de]).
24 Mar 2021
## LINKS
[1] https://www.dhm.de/zeughauskino/
[2] https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihen/online-filmreihen/filme-des-mars…
[3] https://dffb-archiv.de/
[4] https://dffb-archiv.de/dffb/der-wahlhelfer
[5] http://Filmmuseum%20Potsdam
[6] https://filmmuseum-potsdam.cinemalovers.de
## AUTOREN
Lars Penning
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