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# taz.de -- Abschusslisten für Raubtiere: Jäger erschießen Wölfin
> Erstmals wurde in Deutschland ein Wolf legal getötet, weil er Schafe
> gerissen haben soll. Umweltschützer kritisieren weitere „geheime
> Abschusslisten“.
Bild: Vorsicht, Jäger unterwegs!
Göttingen taz | In Deutschland ist erstmals seit mehr als 100 Jahren mit
offizieller Genehmigung ein Wolf getötet worden, weil er Nutztiere gerissen
haben soll. Jäger erschossen die Fähe aus dem sogenannten Rudel Herzlake im
Westen Niedersachsens [1][nach Angaben des Landesumweltministeriums] in der
Nacht zu Donnerstag. Wo genau der Abschuss erfolgte und die Identität der
beteiligten Jagdleute wurden nicht mitgeteilt.
Dem Ministerium zufolge wurden im Territorium des Rudels seit Ende 2018
rund 500 Schafe von Wölfen getötet. Dabei hätten Wölfe des Rudels mehrfach
„zumutbaren Herdenschutz“ überwunden, etwa 1,20 Meter hohe Zäune. Durch d…
Angriffe sei allein einem Schäfer ein Schaden von etwa 50.000 Euro
entstanden.
[2][Niedersachsen hatte deshalb vor einem Jahr eine Ausnahmegenehmigung zur
Tötung des weiblichen Tiers] erteilt, die Genehmigung war bis zum 15. April
befristet und galt für genau definierte Gebiete in drei Landkreisen. Eine
weitere Abschussgenehmigung für einen Rüden desselben Rudels wurde im
September ausgesprochen.
Ob und inwieweit diese beiden Wölfe selbst Schafe gerissen haben, ließ das
Ministerium offen. Da die sichere Identifizierung eines Wolfs im Gelände
nicht zweifelsfrei möglich sei, könne sie nur „über den räumlich-zeitlich…
Zusammenhang in Anknüpfung an die Schadensereignisse“ erfolgen, hieß es.
Die Tötung der Fähe sei von der geltenden Rechtslage nach dem
Bundesnaturschutzgesetz „vollumfänglich gedeckt“. In Niedersachsen sind
noch weitere Wölfe zum Abschuss freigegeben. Wie viele genau, erklärte die
Landesregierung aus Sorge vor Aktionen von Tierschützern zur Geheimsache.
## „Geheimniskrämerei“ des Umweltministeriums
Der grüne Landtagsabgeordnete Christian Meyer bemängelt, eben wegen der
„Geheimniskrämerei“ des Umweltministeriums habe nicht vorher gerichtlich
überprüft werden können, ob die strengen Voraussetzungen für die Tötung der
vermeintlichen Problemwölfin tatsächlich vorlagen. Es sei daher unklar, ob
der oder die Schützen legal gehandelt hätten. Umweltminister Olaf Lies
(SPD) begebe sich „auf sehr dünnes Eis“ und bringe auch die möglichen
Schützen in rechtliche Schwierigkeiten.
Auch die Umweltverbände WWF und Nabu kritisieren, derzeit wisse niemand,
wie viele und welche Wölfe auf „geheimen Abschusslisten“ der
Landesregierung stünden. Informationen über sogenannte
„Ausnahmegenehmigungen vom strengen Schutz“ würden nur unvollständig
herausgegeben, Auskunft über die betroffenen Landkreise und Wolfsindividuen
werde verweigert. Der WWF kündigte eine juristische Prüfung an, inwieweit
das Land Niedersachsen zu mehr Transparenz gezwungen werden könne.
Der Abschuss der Fähe ist die zweite legale Tötung eines Wolfs in
Niedersachsen. Bei der ersten war die „Begründung“ anders: Es ging nicht um
die Bedrohung von Nutztieren, sondern von Personen. Ein „Kurti“ genannter
Jungwolf war im April 2016 getötet worden, nachdem er sich mehrmals
Menschen genähert hatte.
## 35 Rudel in freier Wildbahn
In Niedersachsen leben laut Jägerschaft bereits 35 Rudel und zwei
Wolfspaare in freier Wildbahn. Erhöht hat sich auch die Anzahl der Wölfen
zugeschriebenen Risse von Nutztieren: Von 85 im Monitoringjahr 2016/17
stieg die Zahl auf 242 im Zähljahr 2019/20. Weidetierhalter und
Bauernverbände fordern deshalb schon länger mehr Abschüsse und eine
„Obergrenze“ für Wölfe. Naturschützer sehen hingegen den optimalen
Erhaltungszustand der Wolfspopulation für Niedersachsen noch längst nicht
erreicht.
Verschärft hatte sich der Konflikt Ende Januar, als das
[3][Umweltministerium zwei Wolfsberater entließ]. Die beiden Männer, die
auch Vorstandsmitglieder im „Freundeskreis wildlebender Wölfe“ sind, hatten
sich zuvor kritisch über illegale Wolfsabschüsse und über die neue
niedersächsische Wolfsverordnung geäußert.
14 Feb 2021
## LINKS
[1] https://www.umwelt.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/pressemitteilungen…
[2] /Woelfe-in-Brandenburg/!5745193
[3] /Umweltministerium-feuert-Wolfsberater/!5744723
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Niedersachsen
Ethik
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Tierrechte
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Schwerpunkt Klimawandel
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Literatur
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