# taz.de -- Umweltministerium feuert Wolfsberater: Kritik unerwünscht | |
> Das niedersächsische Umweltministerium hat zwei Wolfsberater gefeuert, | |
> weil sie die neue Wolfsverordnung des Landes kritisiert haben. | |
Bild: Auf eine Holzscheibe genagelt ist der Problemwolf dem Umweltministerium o… | |
GÖTTINGEN taz | Das Niedersächsische Umweltministerium hat zwei missliebige | |
Wolfsberater entlassen. Es bestünden „Zweifel, dass in Zukunft eine | |
kooperative Zusammenarbeit zwischen Ihnen als Wolfsberater und dem | |
Umweltministerium möglich ist“, heißt es in einem Schreiben an Uwe Martens | |
vom vergangenen Mittwoch, das der taz vorliegt. „Ich danke Ihnen für die | |
bisher geleistete Arbeit als Wolfsberater und entlasse Sie hiermit aus | |
allen Verpflichtungen, die mit dem Ehrenamt verbunden sind.“ | |
Martens war seit 2008 Wolfsberater im Landkreis Lüneburg. Sein Kollege Ralf | |
Hentschel, der vom Ministerium einen ähnlichen Brief erhielt, übte dieses | |
Amt im Kreis Wolfsburg aus. Beide sind seit längerem auch | |
Vorstandsmitglieder des „Freundeskreises wildlebender Wölfe“. Der Verein | |
fiel dem Ministerium offenbar durch kritische Stellungnahmen zu Jägern, die | |
illegal auf Wölfe schießen, sowie zur neuen niedersächsischen | |
Wolfsverordnung negativ auf. | |
Am 16. November 2020 hatte der Freundeskreis in einer Pressemitteilung | |
darauf hingewiesen, dass unter hohem Schutz stehende Wölfe wiederholt mit | |
Jagdmunition beschossen würden. Kurz zuvor war im Kreis Harburg ein durch | |
Schüsse schwer verwundeter Wolf gefunden worden. Das Tier musste aufgrund | |
seiner Verletzungen getötet werden. In den Reihen des Deutschen | |
Jagdverbandes, so die Wolfsfreunde, scheine es noch immer „Jäger zu geben, | |
denen man keine Waffe anvertrauen sollte“. Zwar seien wohl nicht alle | |
illegalen Abschüsse oder Beschüsse auf das Konto von Jägern gegangen. | |
„Dennoch ist es hinlänglich bekannt, dass in unseren Feldfluren niemand | |
sonst Jagdwaffen tragen/führen darf.“ | |
Am 26. November nahm der Freundeskreis die am selben Tag bekanntgemachte | |
Wolfsverordnung aufs Korn, mit der Landesumweltminister Olaf Lies (SPD) den | |
Abschuss sogenannter Problemwölfe, die Nutztiere reißen, erleichtern will. | |
Die gegen vielfache Bedenken durchgepeitschte Verordnung verstoße gegen | |
europäisches Recht, meinen die Vereinsmitglieder. Statt Weidetierhaltern | |
durch rasche und unbürokratische Herdenschutzmaßnahmen zu helfen, täusche | |
Lies vor, künftig mehr Wölfe schießen zu können. Der niedersächsische Weg, | |
zum Wohle des Artenschutzes an einem Strang zu ziehen, sei mit der neuen | |
Wolfsverordnung hingegen „in weite Ferne gerückt“. | |
Die ministerielle Rüge ob eines solch unbotmäßigen Verhaltens ließ nicht | |
lange auf sich warten. Als Wolfsberater hätten sich Hentschel und Martens | |
„dazu verpflichtet, nach außen die fachliche Position des Landes zu | |
vertreten und nicht in Widerspruch zu dieser zu stehen“, heißt es in einem | |
Brief des Umweltministeriums vom 23. Dezember. Im Sinne einer | |
Zusammenarbeit zwischen Wolfsberatern und Ministerium bitte man „um | |
Klarstellung, ob sich Ihre Aussagen bzgl. der Wolfsverordnung (…) und der | |
Jägerinnen und Jäger Ihrer Meinung nach mit den von Ihnen unterzeichneten | |
Grundsätzen im Einklang befinden.“ | |
In seiner Antwort bekräftigte Martens Anfang Januar die Auffassung, dass | |
die niedersächsische Wolfsverordnung noch weiter gefasst sei als das 2020 | |
novellierte Bundesnaturschutzgesetz. In diesem legt Paragraf 45a fest, dass | |
bei anhaltenden Übergriffen auf Nutztiere Wölfe eines Rudels auch dann | |
abgeschossen werden dürfen, wenn die Risse keinem bestimmten Tier | |
zugeordnet werden können. Die EU-Kommission, sagt Martens, vermute bereits | |
hier einen Rechtsbruch. | |
Gleichzeitig erneuerte Martens die Kritik an einzelnen Jägern, die | |
verbotenerweise auf Wölfe schießen: „Wir sind der Meinung, dass solche | |
Täter der Jägerschaft keinen Gefallen tun.“ Warum diese Auffassung im | |
Widerspruch zu seiner Tätigkeit als Wolfsberater stehe, müsse das | |
Ministerium näher erklären. | |
Eine solche Erklärung bleibt das Ministerium in dem eingangs erwähnten | |
Kündigungsschreiben schuldig. „Ihre Kritik als ehrenamtlicher Wolfsberater | |
an den Entscheidungen des Umweltministeriums ist mit den Grundsätzen für | |
das Verhalten von Wolfsberatern nicht zu vereinbaren“, heißt es dort. „Auch | |
bei als Privatperson öffentlich gemachten Äußerungen ist es entscheidend, | |
dass nicht der Eindruck entsteht, Wolfsberater stünden dem Thema Wolf nicht | |
mit der gebotenen Neutralität gegenüber.“ Gerade im Sinne einer | |
vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Weidetierhaltern sei es wichtig, | |
„dass keine Zweifel an Ihrer Objektivität aufkommen“. | |
Ähnlich äußerte sich das Ministerium auch auf Nachfrage der taz. „Die | |
Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit als Wolfsberater ist eine besonders | |
wichtige Aufgabe für das Land und erfordert die Einhaltung bestimmter | |
Grundsätze“, sagte eine Sprecherin. Insbesondere eine neutrale | |
Positionierung zum Thema Wolf gegenüber Nutztierhaltern und in der Presse | |
sei Bestandteil dieser Grundsätze, genauso wie eine neutrale Kommunikation | |
zu Entscheidungen des Umweltministeriums. | |
Mit der Neutralität ist es allerdings so eine Sache. In Niedersachsen ist | |
nämlich die Landesjägerschaft (LJN) mit dem Monitoring, also dem Zählen und | |
Dokumentieren der Wölfe beauftragt. LJN-Präsident ist der | |
CDU-Landtagsabgeordnete Helmut Dammann-Tamke. Er hat sich – wenig neutral – | |
mehrfach für eine Obergrenze für Wölfe und ihren „regulatorischen Abschuss… | |
ausgesprochen. | |
1 Feb 2021 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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